War das Autofahren lange Zeit auf den Menschen hinter dem Lenkrad zugeschnitten, brechen mit der Automatisierung des Fahrens neue Zeiten an. Sollte die Technik künftig komplett das Fahren übernehmen, könnten die Insassen arbeiten, schlafen, sich unterhalten lassen. Das hat dramatische Auswirkungen auf die Gestaltung des Innenraums.
Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer auf Rädern
„Es geht ein neues Thema auf“, sagt Designprofessor Lutz Fügener von der Hochschule Hof. Jüngstes Beispiel dafür: der VW Gen.travel. Das Konzeptauto bietet einen „realistischen Ausblick auf die Mobilität im nächsten Jahrzehnt“, teilte VW mit.
Im „Overnight-Setup“, also im Schlafmodus des vollständig autonom fahrenden Vehikels, werden die Sitze in Betten umgewandelt. Ein spezielles Lichtsystem begünstigt die Melatoninausschüttung und hilft beim Einschlafen und Aufwachen.
Zum „Konferenz-Setup“ gewandelt, bietet der Innenraum vier Sessel und einen Tisch. Auch hier spielt das Lichtsystem eine wichtige Rolle, soll die Gefahr von Reisekrankheit reduzieren. Das Fahrzeug stelle dann eine Alternative zu Kurzstreckenflügen dar, wirbt VW.
Intelligente Sitze für mehr Komfort
Auch Zulieferer befassen sich mit dem intelligenten Innenraum, der über Mensch-Maschine-Schnittstellen die Wünsche von den Lippen abliest. Zulieferer Faurecia hat eine „Rear Morphing Bench“ erdacht, eine Sitzbank, die sich der Anzahl und Position der Insassen anpasst, indem sie Kopfstützen oder die Polsterung individuell verändert.
Ebenfalls denkbar: Wenn ein Passagier sich vorbeugt, folgt das akustische Signal eines Telefonats punktgenau dem Ohr.
Die Sicherheitssysteme müssen angepasst werden
Doch je mehr Freiheiten Menschen im Auto haben, desto höher die Sicherheitsanforderungen.
Bei liegenden Passagieren bieten herkömmliche Gurte kaum Schutz – „ein Sicherheitsproblem“, sagt Professor Fügener. Experten arbeiten deshalb an zukünftigen Insassenschutzsystemen.
Weil sich die Abstände von Gurten und Airbags zu den Passagieren im Arbeits- und Entspannungsmodus vergrößern, käme adaptiven Rückhaltesystemen eine entscheidende Rolle zu, heißt es beim Zulieferer ZF.
Gurte folgen den Insassen, per Innenraumüberwachung lässt sich der Abstand des Insassen zum Airbag berechnen – daran könnte sich die Fahrstrategie des Autos ausrichten und zum Beispiel gewisse G-Kräfte nicht überschreiten.
Unterhaltung wird immer wichtiger
Die Konzeptautos spielen auch mit allerlei Displays und Videoprojektionen – was zeigt, welche Bedeutung das Entertainment spielen wird, zumal sich über solche Services in Verbindung mit integrierten Bezahlsystemen zusätzlich Geld verdienen lässt. Um sich auf die Nutzung von Videostreaming während der Fahrt vorzubereiten, hat Mercedes-Benz eine Partnerschaft mit Zync geschlossen, kalifornischer Spezialist für In Car Entertainment.
Filme und Spiele als 4D-Erlebnis
Bei Faurecia wird überlegt, wie Filme und Gaming-Anwendungen zu multisensorischen 4D-Erlebnissen werden könnten, die neben Ton und Licht auch die Lüftung und Sitzvibrationen einbinden – alles bedienbar über individualisierbare Benutzeroberflächen zum Beispiel in den Armlehnen.
Die Insassen müssen sich jederzeit sicher fühlen
„Die wichtigste Aufgabe für Designer jedoch besteht darin“, so Experte Fügener, „Vertrauen zwischen Fahrzeug und Mitfahrenden zu bilden. Bei 123 km/h muss das Gefühl da sein, dass das Fahrzeug die Situation im Griff hat. Dass Displays in Störsituationen ausgehen, wäre ein No-Go. Es muss eine Instanz geben, die ich immer ansprechen kann.“ Diese ist der digitale Butler, der zwischen den Insassen und dem digitalen Chauffeur moderiert.
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