Sand-Beige außen, Dune-beige innen –die erste Kontaktaufnahme mit dem Top-ausgestatteten Picasso „Shine“ beginnt schon mal gut. Denn die irgendwo zwischen hellem Grau und sandiger Eierschale angesiedelte Lackierung steht dem Familienauto ziemlich gut und bildet eine willkommene Abwechslung zum silber-schwarzen Einerlei auf Deutschlands Straßen. Die Front mit übereinander angeordneten Scheinwerfern und Kühlluftschlitzen ist sehr markant ohne übertrieben aggressiv zu wirken. Die optionalen LED-Rückleuchten passen vielleicht nicht zu 100 Prozent zum Frontdesign, sind für sich genommen aber ein kleines Kunstwerk moderner Lichttechnik. Sanft spannt sich die A-Säule in einem großen Bogen von der Motorhaube in den Dachbereich. Die Frontscheibe endet sehr weit oben, seitlich sorgen große Fensterflächen für eine gewisse Leichtigkeit und ungetrübten Ausblick. Auch von innen, was nicht in jedem Van mit flacher Frontscheibe üblich ist.
Innenraum und Cockpit
Innen überraschen gleich zwei, zentral angeordnete Informationsbereiche mit je einem Bildschirm. Direkt hinter dem Lenkrad befindet sich im Grunde nichts, was den luftigen Eindruck und die gute Aussicht nur unterstützt. Hier ein Fach, dort eine Ablage, ein riesiges Handschuhfach – die Franzosen haben verstanden worauf es bei einem Familienauto ankommt. Es dürfte jedenfalls eine ganze Weile dauern bis das tiefe Fach zwischen den Sitzen überquillt. Anfangs können sogar ausgewachsene Wasserflaschen darin verschwinden.
Das Handy ist schnell gekoppelt und das Reiseziel eingegeben. Die Menüführung ist logisch, die Vielzahl von Informationen die auf den zwei Bildschirmen dargestellt werden kann dürfte so manchen erschlagen. Doch kein Problem: Wem das alles zu viel ist, der kann den oberen Bildschirm auch Dunkel schalten. Sehr angenehm bei Nacht. Sehr vieles kann auch vom Lenkrad aus gesteuert werden, was das Lenkrad selbst jedoch völlig überfrachtet erscheinen lässt. In der optimalen Position „Viertel vor Drei“ finden die Hände jedenfalls kaum Halt. Dazu ist das Lenkrad unten abgeflacht um mehr Beinfreiheit zu ermöglichen, was beim Rangieren für Irritation sorgt. Die silberne Intarsien weiter unten sollen edel wirken, sind aber im Winter vor allem kalt. Weniger wäre an dieser Stelle mehr.
Der Testwagen repräsentiert einen Wert von 32.190 Euro, verfügt über die Topausstattung Shine und einen Benziner mit 165 PS, gekoppelt an eine Sechsgang-Automatik. Dabei handelt es sich, wie heute üblich, nicht um einen Wandlerautomat, sondern um ein Direktschaltgetriebe. Wer den C4 nicht kennt, sucht zunächst den Gangwahlhebel. Zwischen den Sitzen oder im direkten Blickfeld ist er jedenfalls nicht. Doch hinter dem Lenkrad ragt eine Art Kugelschreiber aus der Verkleidung. Im Grunde eine schicke Lösung – wenn man nur nicht jedes Mal Angst hätte das fragile Ding abzubrechen. Besonders beim Anwählen der Parkstellung, denn dazu geht es in der Führung des Stiftes etwas um die Ecke.
Fahrverhalten und Dynamik des Grand C4 Picasso
Einmal in Fahrt überzeugt der Antrieb durch geschmeidige Schaltvorgänge. Der Benziner läuft leise und kultiviert, außer er muss sich extrem ins Zeug legen. Beim Ausdrehen wird er dann doch laut, wobei das nur selten nötig ist. Die Durchzugskraft reicht auch bei niedrigem Drehzahlniveau meist vollkommen aus. Die Automatik nervt da mehr. Ist die Start-Stopp-Automatik aktiv, gelingt der Ampelstart nur selten so harmonisch wie sich der Rest des Wagens präsentiert. Der C4 stürmt manchmal ungestüm los, so als müsse er die beim wieder Anlassen und Einkuppeln verlorene Zeit unbedingt wettmachen. Aber das kann man auch abschalten. Nicht ändern lässt sich die Wachsamkeit der Getriebesteuerung. Nach einem kleinen Zwischenspurt dauert es ziemlich lange bis die Software erkennt dass kein Grund mehr zur Hektik besteht und wieder hochgeschaltet werden kann. So jault der C4 manchmal unnötig lange im niedrigen Gang dahin.
Was das Fahrwerk angeht, so sitzt Citroën quasi zwischen den Stühlen. Einerseits hat man sich dem Thema Komfort verschrieben, andererseits akzeptier heute auch niemand mehr eine butterweich gefederte Schaukelkiste. Ein gewisses Maß an Fahrdynamik ist ein Muss. So verdaut der Picasso lange Wellen sehr gut, auf schlechten Landstraßen mit Schlaglöchern und wechselseitigen Anregungen rumpelt und wackelt es dann aber doch ziemlich. Sehr viel komfortabler ist das Gesamtpaket allerdings mit herkömmlicher Technik auch kaum hinzubekommen. Dazu müsste Citroën erst wieder so etwas wie die legendäre Hydropneumatik neu erfinden.
Unbequeme Kopfstützen, dafür ein durchdachtes Kofferraum-Konzept
Während das Kapitel Fahrfreude damit geklärt sein dürfte, werfen wir noch einen Blick in die hintere Hälfte. In der zweiten Reihe verwöhnen die verschieb- und klappbaren Einzelsitze mit viel Beinfreiheit. Auch in der zweiten Reihe fällt sofort auf: Die stark ausgeformten Kopfstützen mit seitlichen, unnachgiebigen Ohren mögen vielleicht in Puncto Sicherheit und Optik Pluspunkte bringen, gemütlich ist jedoch anders. Quasi genau das Gegenteil.
Noch weiter hinten fährt die Heckklappe im Topmodell elektrisch auf. Dazu reicht auch ein Fußschwenk unter dem Stoßfänger. Im Prinzip heute auch schon fast Standard, wobei wir das akustisch auch schon dezenter gehört haben. In einer seitlichen Nische findet sich eine herausnehmbare Taschenlampe. Doch dann kommt der große Auftritt: Kofferraumboden nach hinten wegfalten, an einer Lasche zeihen und zack, bumm, klack erscheinen wie durch Zauberei zwei zusätzliche Einzelsitze im Kofferraum! Mit wenigen Handgriffen lässt sich der Picasso vom Fünf- zum Siebensitzer machen und fast ebenso schnell auch wieder zurückverwandeln. Mit ein paar weiteren Handgriffen entsteht wahlweise auch eine ebene Ladefläche, die bis zu den Vordersitzen reicht. Sogar der Beifahrersitz kann wie ein Klapptisch gefaltet werden. Der nächste Baumarktbesuch kann kommen!
Fazit
Unabhängig von gewählter Motorisierung und Ausstattung kann der C4 Picasso mit Charme und durchdachten Details punkten. Als praktischer, familienfreundlicher Begleiter, abseits vom Mainstream ist besonders als Siebensitzer durchaus eine Überlegung wert.
Citroën Grand C4 Picasso – Technische Daten
Viertüriger Kompakt-Van; Länge: 4,59 Meter, Breite: 1,83 Meter (ohne Außenspiegel), Höhe: 1,64 Meter, Radstand: 2,84 Meter, Spurweite vorne: 1,57 Meter, Spurweite hinten: 1,58 Meter, Leergewicht: 1393 kg, Zuladung: 830 kg, Anhängelast ungebremst: 690 kg, Anhängelast gebremst: 1500 kg, Dachlast: 80 kg, Stützlast: 70 kg, Kofferraumvolumen: 645-2181 Liter, Reifendimension: 205/60 R 16; Vierzylinder, Hubraum: 1598 ccm, 121 kW/165 PS, maximales Drehmoment: 240 Nm bei 1400 U/min, 0-100 km/h: 10,0 s, Vmax: 210 km/h, Tankinhalt: 57 Liter, Reichweite: 671 l/km, ACE-Testverbrauch: 8,5 S l/100 km, Verbrauch EG-Mix: 5,6 S l/100 km, CO2-Ausstoß: 129 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Preis ab: 27490 Euro, Testwagenpreis: 32190 Euro; Typklassen: 15 HK/ 21 VK/ 16 TK