Die Autoindustrie hat angesichts der strenger werdenden Abgasnormen in der jüngeren Vergangenheit technisch viel erreicht, um Dieselfahrzeuge sauberer zu machen. Selbstzünder mit der seit 2014 geltenden Euro-6-Abgasnorm sind fahrende Chemielabore, die dank Adblue-Technologie einen großen Teil der Stickoxide eigentlich eliminieren sollten. Praktisch hat der Abgasskandal allerdings gezeigt: Die Fahrzeuge stoßen im Realbetrieb zum Teil ein Vielfaches der zulässigen Schadstoffe aus. Autos, die ab September 2017 neu zertifiziert werden, müssen die Abgasnorm Euro-6d-Temp erfüllen, die eigentlich auf den gleichen Grenzwerten wie die Euro-6-Norm basiert. Allerdings wurde ein neues Testverfahren eingeführt, bei dem die praktizierte Toleranz deutliche Einschränkungen erfährt.
Messungen werden künftig im realen Verkehr vorgenommen
Die für die Typenzulassung dann geforderte Abgasnorm 6d verlangt nicht mehr nur eine Prüfstandmessung, die Fahrzeuge müssen sich künftig auch einer RDE-Messung stellen. RDE steht für Real Driving Emission, also für eine Messung, die unter realistischen Bedingungen im Verkehr vorgenommen wird. Für dieses Verfahren gelten allerdings weniger strenge Grenzwerte als für auf dem Prüfstand. Im Fall von Stickoxid, und allein darum geht bei der Dieselproblematik, dürfen die Fahrzeuge bei der RDE-Messung 110 Prozent mehr als im Zyklus emittieren. Euro 6 sieht 80 Milligramm NOx pro Kilometer vor, Euro-6d-Temp erlaubt im RDE-Messverfahren maximal 168 Milligramm. Auch wenn dieser Grenzwert laxer erscheinen mag, ist die Euro-6d strenger. RDE-Messungen haben offenbart, dass viele aktuell am Markt befindliche Euro-6-Fahrzeuge weit mehr als das Doppelte der eigentlich zulässigen Stickoxide emittieren. Insofern geht die Einführung der ab September geltenden 6d-Norm mit einer praktischen Verschärfung einher.
Die Stickoxidreinigung ist bislang vernachlässigt worden
Wie der Dieselskandal gezeigt hat, haben Fahrzeughersteller wie VW mit gewissen innermotorischen Zielkonflikten zu kämpfen gehabt und sich zum Beispiel zugunsten der Haltbarkeit der Motoren für ein praktisches Betriebsszenario entschieden, dass die Stickoxidreinigung vernachlässigt. Ein Zulassungsproblem gab es damit nicht, da eine Schummelsoftware dafür sorgte, dass in der Prüfstandsituation, anders als in der Praxis, die Abgaswerte den eigentlich strengen Vorgaben entsprachen.
Wie Thomas Koch, Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in einem Interview mit der Helmholtz Gesellschaft erläuterte, ist eine Reinigung mit Harnstoff erst ab 180 bis 200 Grad wirkungsvoll. Bei vielen Fahrzeugen der ersten Euro-6-Generation verhinderte eine der Effizienz zuträgliche niedrige Abgastemperatur-Strategie diesen optimalen Reinigungsprozess. Bei den Fahrzeugen mit Euro 6d sind die Abgasreinigungsinstanzen (Kat/Filter) näher am Motor gruppiert, weshalb sich das Zielkonfliktproblem mit den Abgastemperaturen leichter in den Griff bekommen lässt.
Software-Update bringt eine Senkung der Stickoxidemissionen
Auch bei den älteren Euro-6-Dieselfahrzeugen mit Harnstoffeinspritzung und SCR-Kat dürften die Anfang August auf dem Diesel-Gipfel beschlossenen Software-Updates in der Praxis für eine deutliche Senkung der Stickoxidemissionen sorgen. Künftig soll eine höhere Abgastemperatur, einhergehend mit einem leichten Mehrverbrauch, eine effizientere Reinigung mit AdBlue erlauben. Laut Koch soll sich dadurch der praktische NOx-Ausstoß nicht mehr verzehn- sondern maximal verdreifachen. Ob sich bereits mit diesen Software-Updates die Belastung der Umgebungsluft mit Stickoxid in Städten wie Stuttgart derart verringern wird, dass sich Fahrverbote verhindern lassen, bleibt abzuwarten. Bis die wirklich sauberen Euro-6d-Fahrzeuge in größerer Stückzahl auf unseren Straßen unterwegs sind, wird es noch ein Weilchen dauern. Im Herbst kommen erste Fahrzeuge in den Markt, erst in zwei Jahren müssen alle neu zugelassenen Autos Euro 6d erfüllen.