Früher war der Autokauf vergleichsweise einfach. Er richtete sich nach dem vorhandenen Budget, vor allem aber nach praktischen Aspekten: Soll es ein Kombi für die Familie, der Kleinwagen für alltägliche Erledigungen oder ein Sportwagen für den erfolgreichen Manager sein?
Heute ist es wesentlich schwieriger. Denn nicht erst durch das Fahrverbotsurteil von Leipzig spielen ganz neue Aspekte eine Rolle: Wie sauber ist das Auto tatsächlich? Wie lange darf ich mit einem Neuwagen noch in die Innenstadt, wie hoch ist der Wertverlust und lässt sich gegebenenfalls eine bessere Abgasnorm nachrüsten? Die wichtigsten Antworten haben wir hier zusammengefasst.
Auf was sollten Käufer von Neu- und Gebrauchtwagen achten?
Zwei Punkte sind wichtiger denn je: Erstens das eigene Mobilitätsverhalten und zweitens die genaue Abgasnorm. Wer beispielsweise auf dem Land wohnt, mit dem Auto nicht in die Innenstadt muss oder gegebenenfalls auf den öffentlichen Nahverkehr ausweichen kann, für den ändert sich durch das Leipziger Urteil nichts. Denn Fahrverbote kommen, wenn, nur in den Innenstädten, vielleicht sogar nur auf einzelnen Straßen oder Straßenabschnitten – so ist es beispielsweise in Hamburg geplant. Wer allerdings in oder rund um Ballungsgebiete wohnt, allen voran rund um Stuttgart, Hamburg, München oder Düsseldorf, der sollte sowohl bei Neuwagen als auch bei Gebrauchtwagen auf die neueste Abgasnorm achten.
Welche Abgasnorm muss mein Auto haben, damit ich morgen noch in die Innenstadt komme?
Eine schwierige Frage, die sich heute noch nicht eindeutig beantworten lässt. Grundsätzlich gilt: Je höher, also neuer die Abgasnorm, desto besser. Die neueste Abgasnorm heißt Euro 6d. Sie tritt allerdings erst ab dem 1. Januar 2020 in Kraft – deshalb gibt es bisher auch noch keine Autos, die Euro 6d erfüllen. Was es dagegen schon gibt: Fahrzeuge mit Euro 6a, 6b, 6c und ganz wenige mit der Abgasnorm 6d-TEMP. Gerade Diesel sollten mindestens Euro 6 erfüllen, besser 6d-TEMP. Benziner mit Direkteinspritzer sollten einen Otto-Partikelfilter haben. Autogas- und Gas-Fahrzeuge mit den Euro-Normen 3 bis 6 gelten aus heutiger Sicht ebenfalls als sicher.
Welche Fahrzeuge gibt es mit Euro-6d-TEMP?
Folgende Modelle gibt es aktuell mit Abgasnorm Euro 6d-TEMP:
Audi (A7)
BMW (2er Active Tourer, 2er Gran Tourer, 4er Coupé, X1, X2, X3, X4)
DS Automobile (DS 7)
Ford (Ka+, C-MAX, Grand C-MAX)
Honda (Civic)
Mercedes (E-Klasse)
Mini (Clubman, Countryman)
Opel (Grandland, Karl, Mokka)
Peugeot (208, 308, 2008, 3008, 5008)
Subaru (Outback)
Volvo (XC40, XC60, XC90)
VW (up!)
Dazu kommen in den nächsten Monaten viele weitere Modelle.
Wie unterscheiden sich die Klassen?
Zunächst das Überraschende: Die Grenzwerte der verschiedenen Normen unterscheiden sich nicht, der Unterschied liegt vielmehr in der Messmethode. Fahrzeuge der Emissions-Klassen Euro 6a und Euro 6b wurden noch nach dem alten Prüfzyklus NEFZ zertifiziert. Erst ab Euro 6c (Pflicht für alle neuen Autos ab 1. September 2018) wird nach dem neuen Zyklus WLTC gemessen. Der neue Zyklus ist etwas realistischer, der Verbrauch und damit auch der Schadstoffausstoß höher, die Grenzwerte sind also schwieriger einzuhalten. Doch erst bei Euro 6d-TEMP und später bei Euro 6d wird zusätzlich im realen Fahrbetrieb nachgemessen.
Wie kann ich herausfinden, welche Abgasnorm mein Fahrzeug erfüllt?
Im Fahrzeugschein unter Punkt 14 steht lediglich die Oberklasse – also beispielsweise Euro 3, 4, 5 oder 6. Wer wissen will, welche Unterklasse sein Fahrzeug wirklich erfüllt, muss den Code unter 14.1 entschlüsseln. Relevant sind die Buchstaben nach den ersten beiden Ziffern. Steht unter 14.1 zum Beispiel „36WO“, handelt es sich um die Emissionsnorm Euro 6b. So lässt sich der Code entschlüsseln:
– AO bis EO: Euro 5a
– FO bis MO: Euro 5b
– NO bis QO: Euro 6a
– RO bis YO: Euro 6b
– ZA bis ZF: Euro 6c
– ZG bis ZI: Euro 6d-TEMP
– ZJ bis ZK: Euro 6d
Darüber hinaus gibt es noch ZX für Elektroautos und ZY für Brennstoffzellenfahrzeuge – sie sind aus heutiger Sicht sicher, da sie lokal keine Schadstoffe ausstoßen und ihnen deshalb keine Fahrverbote drohen.
Was ist mit meinem Euro-5-Fahrzeug, darf ich damit in Zukunft noch in die Innenstadt?
Diese Fragen kann heute noch niemand beantworten. Sicher ist lediglich, dass Euro-5-Fahrzeuge laut dem Leipziger Fahrverbotsurteil nicht vor September 2019 mit Fahrverboten belegt werden dürfen. Ältere Fahrzeuge, beispielsweise mit Euro-2-Klasse, könnte es früher treffen. Hamburg plant Streckensperrungen ab April, Stuttgart könnte Ende des Jahres nachziehen.
Kann man ältere Fahrzeuge nachrüsten?
Vier Zulieferer haben bereits bewiesen, dass Euro-5-Diesel problemlos auf eine höhere Abgasnorm gebracht werden können. Sie haben dafür Komponenten nachgerüstet, die es bereits auf dem Markt gibt, unter anderem AdBlue-Tanks und SCR-Katalysatoren. Bei allen vier Fahrzeugtypen sank der Stickoxid-Ausstoß um 50 bis 78 Prozent. Das ist wichtig, denn bei den Fahrverboten geht es um genau diesen Stickoxid-Ausstoß. Teilweise ließen sich wohl auch Euro-4-Diesel auf Euro 5 oder gar Euro 6 aufrüsten. Das Problem: Es fehlen bisher die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Was kostet die Nachrüstung?
Die Zulieferer gehen von reinen Hardware-Kosten in Höhe von etwa 1500 bis 3000 Euro aus. Dazu käme noch der Einbau sowie die Eintragung. Pikant: Während die Autohersteller Kosten von bis zu 10.000 Euro veranschlagt haben und bisher immer behauptet hatten, dass dafür schlicht kein Platz in den Autos sei, zeigt sich nun: Platzprobleme gab es bei keinem der Fahrzeuge. Ein Passat wurde mit dem Nachrüst-Set sogar sauberer als mit der AdBlue-Lösung ab Werk.
Müssen Fahrzeuge in Zukunft umgerüstet werden?
Nein, einen „Umrüstzwang“ gibt es nicht, da die Fahrzeuge zum Zeitpunkt ihrer Zulassung die jeweilige Abgasnorm erfüllt haben. Andererseits gibt es aber auch keinen Bestandschutz. Obwohl Fahrzeuge also die jeweiligen Abgasnormen erfüllt haben, ist damit nicht garantiert, dass sie in Zukunft noch in die Innenstädte dürfen.
Wird es Ausnahmen geben?
Auch in den bisherigen Umweltzonen gab und gibt es Ausnahmen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass dies auch bei zukünftigen Fahrverbotszonen so gehandhabt wird. Bisher sind zum Beispiel in Stuttgart ausgenommen: Kraftfahrzeuge, mit denen Personen fahren oder gefahren werden, die außergewöhnlich gehbehindert, hilflos oder blind sind, beispielsweise aber auch Kranken- und Einsatzwagen. Oldtimer gelten als Kulturgut, sind grundsätzlich ausgenommen und sollen dies auch in Fahrverbotszonen sein.
Wie sieht es mit dem Wertverlust aus?
Klare Aussagen zum Wertverlust gibt es bisher nicht. Verschiedene Experten gehen allerdings davon aus, dass Diesel-Pkw, insbesondere diejenigen mit Euro-5-Abgasnorm, bereits an Wert verloren haben und in Zukunft weiter stark verlieren werden. Der Bundesverband freier Kfz-Händler nimmt an, dass die Preise für Diesel-Pkw um 10 bis 20 Prozent sinken werden. Eine legalisierte Nachrüstung würde diesen Wertverlust deutlich senken und den Autofahrern Sicherheit geben.
Soll ich mein Euro-5-Auto jetzt verkaufen?
Von Panikverkäufen deutlich unter Wert raten wir ab. Bisher ist noch nicht abzusehen, wie sich der Markt und die Gesetzgebung entwickeln. Zur Diskussion stehen beispielsweise auch eine erneute Abwrackprämie oder ein Förderprogramm zur Umrüstung. Solche Programme können sich deutlich auf die Preise auswirken – sowohl wertsteigernd als auch wertsenkend.
Was ist beim Leasing zu beachten?
Wer einen Diesel-Neuwagen leasen möchte, sollte sich jetzt noch intensiver mit der Art des Leasings beschäftigen. Beim Restwert-Leasing trägt der Leasingnehmer nämlich das gesamte Risiko: Fallen die Preise stärker, als zu Beginn angenommen, kann das für den Leasingnehmer teuer werden. Angesichts des zurzeit nicht absehbaren Risikos sollten sich Leasing-Interessenten momentan für das Kilometer-Leasing entscheiden.
Was fordert der ACE?
Der ACE setzt sich für eine uneingeschränkte Nutzung von Fahrzeugen ein, sofern diese sauber sind. Deshalb fordert der ACE eine für Verbraucher kostenlose Software- und Hardware-Nachrüstung durch die Autohersteller. Im Anschluss an die Nachrüstung muss die Höherstufung durch den Hersteller bestätigt und im Fahrzeugschein vermerkt werden. Dazu bedarf es noch entsprechender gesetzlicher Regelungen. Im Interesse der Verbraucher muss dieser Schritt unbedingt erfolgen. Denn nur dann dürfen Autofahrer weiterhin uneingeschränkt ihre Fahrzeuge nutzen.