Der Kampf ist entschieden, das Rennen vorbei, der Sieger klar: Das Elektroauto mit Batterie hat sich gegenüber dem mit Brennstoffzelle durchgesetzt. Den Eindruck könnte man zumindest gewinnen, wenn man sich Entwicklung und Verkaufszahlen beider Antriebsformen anschaut. Politik und Hersteller setzen vor allem auf Autos mit Akku, die Preise sinken und immer neue Batteriegenerationen lassen mehr Kapazität auf gleichem Bauraum zu. So wächst die Reichweite, ein Übriges trägt die Ladetechnik bei: Ein neuer Standard soll Schnellladen mit bis zu 1000 kW ermöglichen. Damit wären selbst große Akkus so schnell voll wie heute nur der Benzintank. Die einseitige Entwicklung in Richtung Batterie-Auto freut auch die Hersteller, denn für sie wäre es natürlich viel bequemer, wenn sie sich nur auf eine Zukunftstechnologie konzentrieren müssten. Richtig verlockend ist für sie deshalb die Forschung und Entwicklung an Brennstoffzellen-Autos nicht.
Selbst eingefleischte Technik-Visionäre werden bei Wasserstoff zu Widersachern. Elon Musk zum Beispiel, seinerseits Chef von Tesla und für seine markigen Sprüche bekannt, bezeichnete Wasserstoff einst als „Bullshit“ und „unglaublich dumme Idee“. Doch ist das so? Ist in Zukunft wirklich nur Platz für eine elektrische Alternative? Fünf aktuelle Entwicklungen machen Hoffnung, dass der Kampf noch längst nicht entschieden ist. Und im Gegensatz zur batterieelektrischen Mobilität sind die Deutschen diesmal vorne mit dabei, sowohl bei der Forschung, als auch bei der Anwendung. Bleibt zu hoffen, dass Wasserstoff noch seine Chance bekommt.
Neue Wasserstoff-Autos
Seit dem letzten ausführlichen Bericht hat sich das Angebot vervielfacht. Zugegeben, das war auch nicht schwer. Der Hyundai ix35 mit Brennstoffzelle war gerade ausgelaufen, der neue Nexo noch nicht verfügbar, den Renault Kangoo gab es nur in der Ausführung fürs Handwerk (also mit nur zwei Sitzplätzen und dafür einer großen Ladefläche) und der Honda Clarity wird ohnehin nur in Kalifornien und Japan verkauft. Blieb auf dem deutschen Markt einzig der Toyota Mirai. Jetzt gibt es dazu noch Hyundai Nexo und Mercedes GLC F-Cell. Nach über 40 Jahren Entwicklung immerhin Daimlers erstes Brennstoff-zellen-Fahrzeug für Privatpersonen. Die Krux an der Sache: Zu kaufen gibt es ihn nicht, Mercedes verleiht die Autos nur – für knapp 800 Euro pro Monat. Den Nexo dagegen kann man kaufen, ab 69.000 Euro. Ein Schnäppchen ist das nicht, aber das ist eine neue Technologie ja nie.
Zahl der Tankstellen wächst rasant
Henne oder Ei? Wer muss zuerst da sein? Die alte Diskussion flammt beim Wasserstoff wieder auf. Wir brauchen Tankstellen, sagen die Autokonzerne. Wir die Nachfrage, sagen die Versorger. Doch es geht voran: 50 Prozent mehr Tankstellen als im Vorjahr gibt es, statt 40 also 60. 2023 sollen es 400 sein. Und das Gute: Schon jetzt gibt es in Deutschland keinen Ort mehr, den man mit einem Brennstoffzellen-Auto nicht erreichen kann.
Transport so einfach wie bei Speiseöl
Bisher ist gerade der Transport von Wasserstoff ein großes Problem. Denn um Wasserstoff zu transportieren, sind entweder sehr hohe Drücke oder extrem tiefe Temperaturen notwendig. Das fränkische Unternehmen Hydrogenious hat nun ein Verfahren entwickelt, das Wasserstoff in einem ungefährlichen Öl bindet. So könnte ein Tanklaster statt 300 Kilogramm ganze zwei Tonnen Wasserstoff fassen – ganz ohne teure Spezialtechnik. Und das Öl kann sogar wiederverwendet werden.
Wasserstoff erschließt sich Nischen
Kann sein, dass Wasserstoff nicht für alle Verkehrsmittel das Richtige ist. Doch vor allem die Transport- und Logistikbranche könnte er revolutionieren. Unabhängig voneinander arbeiten Toyota und die Nikola Motor Company an Brennstoffzellen-Lastwagen. Der Vorteil: große Reichweite, bulliges Drehmoment und schnell wieder vollgetankt. Nikola, der auf eine spezielle Achse von Bosch setzt, verspricht für seine Trucks knapp 2000 Kilometer Reichweite. Die Betankung soll nur 15 Minuten dauern. Selbst Flugzeuge und Schiffe mit Wasserstoff-Antrieb sind denkbar. In Deutschland verkehrt seit September bereits der weltweit erste Wasserstoff-Passagierzug im Regelbetrieb. Der Coradia iLint fährt im Elbe-Weser-Netz und schafft 1000 Kilometer – ganz ohne Stromleitung oder Dieselkraftstoff. In den nächsten drei Jahren soll der französische Alstom-Konzern 14 weitere Züge liefern. Gut möglich, dass sich batterieelektrische Autos im Individualverkehr durchsetzen, der Wasserstoff scheint aber eine Lücke für sich zu finden – vor allem, wenn es um weite Strecken geht.
Höhere Stückzahlen lassen Preise purzeln
Brennstoffzellen-Autos entstehen heute vor allem noch in Handarbeit. Das erklärt die hohen Kosten und die niedrigen Stückzahlen. Doch Hyundai hat angekündigt, bis 2030 die Produktionskapazität auf 700.000 Einheiten pro Jahr zu erhöhen. So sollen die Verkaufspreise sinken. Audi hat sich den Koreanern angeschlossen und will von der Massenfertigung ebenfalls profitieren. Auch BMW und Daimler arbeiten zusammen – der Preisdruck ermöglicht offenbar ganz neue Kooperationen.