26.04.2017

Autoversicherung - Telematik-Tarife

Abgerechnet wird nach Fahrstil: Immer mehr Autofahrer entscheiden sich für einen Telematik-Tarif, wobei der Fahrstil überwacht wird.

Big Brother hat es sich im Auto gemütlich gemacht – immer mehr Autoversicherer bieten sogenannte Telematik-Tarife an. Anfang 2017 ist auch die HUK-Coburg mit einem Angebot für junge Fahrer gestartet. Damit sind nun schon neun Kfz-Versicherer in diesem Bereich aktiv.

Und so funktionieren die neuen Telematik-Tarife: Per Black Box oder Smartphone werden Fahrdaten erhoben. Wer besonders gut fährt, erhält einen Prämiennachlass. Die Autofahrer tauschen somit die Kontrolle ihres Fahrstils gegen Beitragsrabatte ein. Trotzdem ist die Kritik der Verbraucherschützer weitgehend verstummt.

Verbraucherzentrale warnt vor Telematik-Tarifen

Ein Grund könnte die überraschend hohe Zustimmung zu den Big-Brother-Tarifen sein. Laut einer GfK-Befragung kann sich jeder vierte Autofahrer vorstellen, einen Telematik-Versicherungstarif abzuschließen. Die Umfrage, die die Versicherungsbranche Ende 2016 veröffentlichte, zeigt aber auch, dass die Tarife mit „Spion“ an Bord die Bevölkerung immer noch spalten. Denn 49 Prozent der Deutschen lehnen sie grundsätzlich ab, weil sie Daten über ihr Fahrverhalten nicht an eine Versicherung weitergeben möchten.

Die Verbraucherzentrale Bayern beispielsweise warnt: „Mit der dauerhaften Überwachung des Fahrverhaltens erlaubt der Versicherte weite Einblicke in seinen Alltag.“ Mit den Telematik-Daten könnten persönliche Verhaltensprofile erstellt werden. Und bei Verkehrsdelikten könnten diese Daten auch gegen den Versicherten verwendet werden.

Doch genau das soll nicht möglich sein – versichern die Assekuranzen. Alle Autoversicherer mit Telematik-Tarif arbeiten nach dem System der chinesischen Mauer. So werden die Daten anonym an einen separaten Dienstleister gesendet. Dieser ermittelt einen sogenannten Score-Wert, den der Versicherer dann wieder, etwa über die Gerätenummer, seinem Kunden zuordnen kann. Auf konkrete Fahrrouten, einzelne Fahrmanöver oder Tempoverstöße können die Versicherer nicht zugreifen. Alle Tarife sind daher von Datenschutzbeauftragten abgesegnet worden.

Angebote richten sich an junge Fahrer

Die Angebote der Allianz, AXA, Cosmos Direkt, HUK Coburg und Signal Iduna richten sich an junge Fahrer, die nicht älter als 25 oder 30 Jahre sind. Allein die Generali und die VHV bieten ihre Tarife allen Kunden an – also auch Senioren. Die könnten vielleicht so den seit 2012 üblichen Seniorenzuschlag mindern. Denn wer besonders angepasst fährt, kann Nachlässe von 15 bis 40 Prozent einheimsen. Das hört sich gut an. Tatsächlich ist aber die genaue Ermittlung der Score-Werte ein gut gehütetes Geheimnis der Versicherer. Bei der HUK-Coburg wird einmal pro Jahr auf Basis des Gesamtfahrwertes der Folge-Bonus ermittelt. Wie genau der Gesamtwert entsteht, verrät der Versicherer nicht. „Wesentlich für den Smart Driver Bonus ist das generelle Fahrverhalten in einer Gesamtschau“, erläutert ein Sprecher. Gemessen werden Zeit und Dauer einer Fahrt, die Art der befahre-nen Straße, Geschwindigkeit, Ge­schwin­digkeitsübertretungen, Beschleunigungs- und Bremsvorgänge, die Art des Abbiegens und die zurückgelegten Kilometer. Insgesamt können sicherheitsorientierte Fahrer bis zu 100 Punkte erreichen. Ab 86 gibt es bereits die höchste Rabattstufe.

Schon in einem ersten Test hatte die HUK-Coburg für Smart Driver im Großraum Rhein-Main in drei Monaten 2000 Kunden gewinnen können. Nun gibt es das Angebot bundesweit. Ein Nachteil ist, dass die notwendige Black Box in einer Werkstatt eingebaut werden muss. Komfortabler sind Tarife, die nur über eine SmartphoneApp funktionieren.

Solche Angebote gibt es von der Allianz, AXA, Cosmos Direkt und der Generali. Besonders vertrauensvoll geht es beim Axa Tarif Drive Check zu. Schon nach einer kurzzeitigen Aufzeichnung ist der Rabatt-Score ermittelt. Dafür müssen die jungen Fahrer lediglich innerhalb von zwölf Wochen 40 Fahrten mit eingeschalteter App durchführen und dabei 600 Kilometer zurücklegen. Das kommt an. Der Kölner Versicherer hat bereits über 5000 Telematik-Verträge abgeschlossen.

App motiviert zu umsichtiger Fahrweise

Zudem wird die App anscheinend auch nach der Rabatt-Einstufung weiter genutzt, um den eigenen Fahrstil zu verbessern. Gerade junge Fahrer könnten mit der Telematik-App zu einer umsichtigen Fahrweise motiviert werden. So zeigt etwa die Generali-Mobility-App den Score-Wert und den erreichten Bonus an. Für die Punkte „vorausschauendes Fahren“, „Gelassenheit“ und „Geschwindigkeit“ gibt es kleine Smileys, die im besten Fall deutlich lächeln und grün werden. Doch nicht alle Autofahrer schaffen tatsächlich den Höchstwert. „Dar-über haben sich einige Fahrer bei uns schon beschwert“, sagt Axa-Experte Frank Edelmeier. Tatsächlich schätzen sich nämlich die meisten Deutschen selbst als sicherer Fahrer ein, so die GfK-Umfrage. 82 Prozent glauben von sich, sie fahren sehr vorausschauend.

Und so kann der Bonus dann auch ganz schnell zum Malus werden. Denn werden Telematik-Tarife zum Standard, müssen „schlechte“ Autofahrer mit erheblichen Zuschlägen bei der Kfz-Versicherung rechnen.