Nur mal schnell zum Bäcker und zum Metzger – die Parkuhr füttern? Ach was, in den paar Minuten wird schon keine Politesse vorbeikommen.
Auf der Autobahn ordnet das Schild 120 an – Tempomat also auf 120 stellen? Ach was, 130 sind schon okay, es wird hier schon kein Blitzer stehen! Und wenn man doch mal erwischt wird, sind zehn Euro für den nicht gelösten Parkschein immer noch billiger, als jedes Mal die Parkgebühren zu bezahlen. Auch die Geschwindigkeitsübertretung auf der Autobahn kostet nicht die Welt, bei zehn km/h zu schnell kommt ein Strafzettel über zehn, bei 15 km/h zu schnell einer über 20 Euro – und die Toleranz wird ja eh auch noch abgezogen.
Bußgelder sind in anderen Ländern teils deutlich höher
Doch dieselben Autofahrer, die Verkehrsverstöße in Deutschland achselzuckend als Kavaliersdelikt ansehen, halten alle Regeln ein, sobald sie in einem anderen Land unterwegs sind – denn bei unseren europäischen Nachbarn tun die Bußgelder mitunter empfindlich weh. So werden beispielsweise in der Schweiz für den nicht gelösten Parkschein gleich 40 Franken (etwa 35 Euro) fällig, für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von zehn km/h 120 und bei 15 km/h schon 250 Franken. Dazu kommen oftmals noch hohe Gebühren für die Bußgeldvollstreckung im Ausland. Auch der Möglichkeit, Einspruch gegen ein Knöllchen einzulegen, wird in manchen Ländern ein Riegel vorgeschoben. So müssen Autofahrer, die in Frankreich nach Abzug der Toleranz nur einen km/h zu schnell waren, 45 Euro bezahlen. Zahlen sie nicht sofort – weil etwa Einspruch eingelegt wird –, steigt die Höhe des Bußgeldes. Nach 76 Tagen muss der geblitzte Autofahrer schon 180 Euro bezahlen.
ACE fordert einkommensabhängige Bußgelder
In der Diskussion ist immer wieder, die Höhe der Bußgelder am Einkommen festzumachen. Auch der ACE fordert eine Umgestaltung in dieser Richtung. Vor allem in Nordeuropa ist das schon gang und gäbe, so musste ein Autofahrer vor einigen Jahren in Finnland die Rekordsumme von 170.000 Euro bezahlen, als er mit 80 statt 40 km/h in der Stadt geblitzt wurde. Kreativität bei der Höhe der Bußgelder beweisen beispielsweise auch die Dänen. Wer mit Alkohol am Steuer erwischt wird, zahlt als Strafe seinen Promillegehalt eines Monatsgehalts. Wer also nach der Blutprobe 0,5 Promille hat, ist mit einem halben Monatsgehalt dabei, bei 1,3 Promille sind es 1,3 Gehälter.
Doch die meisten Autofahrer würden wohl lieber die höheren Bußgelder in Kauf nehmen, in Deutschland ist nämlich gleich der Führerschein weg – wenn auch nur für einen Monat. Wer hierzulande mit 0,5 Promille erwischt wird, ist mit 500 Euro, zwei Punkten in der Flensburger Verkehrssünderdatei und einem einmonatigen Führerscheinentzug dabei. Wer mehr als 1,1 Promille Alkohol im Blut hat und erkennbar nicht mehr fahrtüchtig ist, muss deutlich mehr berappen – einkommensabhängig. Wie viel Tagessätze ein Gericht letztendlich verhängt, ist auch von der Vorgeschichte abhängig.
Wahrscheinlichkeit geblitzt zu werden ist relativ gering
Generell sind die Bußgelder in Deutschland im europäischen Vergleich eher niedrig, nach Meinung von Verkehrsexperten nehmen notorische Zu-schnell-Fahrer die Knöllchen bewusst in Kauf – ist doch auch die Wahrscheinlichkeit, geblitzt zu werden, relativ gering.
Anders im Ausland: In Frankreich etwa stehen derzeit 60 stationäre Blitzer je eine Million Einwohner, dieses Jahr sollen 500 dazukommen. „Daneben sollen noch 10.000 leere Gehäuse zur Aufnahme von Messtechnik installiert werden, um das subjektive Risiko zu erhöhen, bei einem Geschwindigkeitsverstoß ertappt zu werden“, weiß Polizeidirektor Ralf Geisert aus Saarbrücken.
Verkehrsexperten empfehlen Erhöhung der Bußgelder
Auf dem diesjährigen Verkehrsgerichtstag in Goslar wurde über eine mögliche Erhöhung der Bußgelder diskutiert. Am Ende stand eine „Nein, aber ...“-Empfehlung. Eine pauschale Erhöhung der Bußgeldsätze lehnte der Arbeitskreis ab, aber die dort versammelten Polizisten, Anwälte und Verkehrssicherheitsexperten empfahlen eine deutliche Anhebung der Geldbußen – verbunden mit verstärkter Androhung von Fahrverboten – für besonders verkehrssicherheitsrelevante Delikte, wie Geschwindigkeits-, Abstands- und Überholverstöße.
Verkehrsüberwachung soll intensiviert werden
Verkehrsüberwachung dient der Erhöhung der Verkehrssicherheit. Viele Autofahrer fühlen sich aber einfach „abgezockt“, wenn ein Tempolimit ohne ersichtlichen Grund angeordnet ist und es an diesen Stellen besonders oft blitzt. Stopfen Bund, Länder und Kommunen nur Haushaltslöcher? Manchmal liegt der Verdacht nahe, eine zweite Forderung aus Goslar lautet deshalb auch, die Verkehrsüberwachung zu intensivieren. Und zwar an Unfallhäufungs- und Gefährdungsstellen. Werden dort erwischte Raser oder Drängler erwischt und konsequent hart bestraft, wird wohl niemand von Abzocke reden. Gerhard Düntzer, Rechtsanwalt aus Münster, bringt es auf den Punkt: „Wer auf Autobahnen, wo alles frei ist, bei guter Sicht und trockener Fahrbahn 40 oder auch 60 km/h zu schnell fährt, weil er ein Schild übersehen hat, der ist kein Raser. Wer aber in einer erkennbaren Tempo-30-Zone mit Kindergärten oder Schulen nur 20 km/h zu schnell fährt, der ist definitiv ein Raser“.