Deutschland hinkt hinterher bei den Elektro-Autos – das ist nichts Neues. Aber Auto-Deutschland will das jetzt ändern. Mit ihrer neuen E-Auto-Initiative will die Bundesregierung gemeinsam mit der Autoindustrie mithilfe einer Prämie die schleppende Nachfrage nach den elektrifizierten Autos ankurbeln. Der ACE freut sich über diese Entscheidung: "Lange haben wir dafür gekämpft, nun scheint bei der Bundesregierung endlich der Groschen gefallen zu sein: Es ist doch klar, dass eine neue Technologie in der Anfangsphase Unterstützung braucht", sagt der ACE-Vorsitzende Stefan Heimlich. Doch wie steht es überhaupt um die Elektro-Mobilität in Deutschland? Und wohin geht es mithilfe der Förderung? ACE LENKRAD beantwortet die wichtigsten Fragen:
Wie viele Deutsche sind heute schon Elektroauto-Fahrer?
Im vergangenen Jahr waren laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) 155.867 Pkw mit reinem Elektro- oder Hybridantrieb in Deutschland zugelassen. Zum Vergleich: Flüssiggas-Autos waren deutlich mehr unterwegs – und zwar 475.711. Allerdings stieg die Zahl der E-Autos und Hybride deutlich. Bei den reinen Stromern gab es eine Steigerung um satte 34,6 und bei den Hybrid-Autos um 21 Prozent. Experten schätzen, dieses Jahr könnte die Steigerung – auch dank der Kaufprämie – noch einmal stärker ausfallen.
Welche Vorteile bringt das E-Auto?
Der Elektromotor hat eine sehr hohe Energieeffizienz – er kann bis zu 90 Prozent der eingesetzten Energie nutzen. Bei den Verbrennungsmotoren sind es derzeit nur bis zu 40 Prozent. Zudem ist der Motor einfacher aufgebaut und hat nur wenige Verschleißteile. "Ein Verbrennungsmotor ist ein hochkomplexes Bauteil. Ein Elektromotor ist dagegen recht simpel aufgebaut und langfristig gesehen dann eben auch preiswerter", sagt Prof. Dr. Pautzke, Leiter des Instituts für Elektromobilität der Hochschule Bochum. Hinzu kommen ein niedriger Verbrauch und damit auch geringe Abgasemissionen. Außerdem ist das E-Auto leise und vibrationsarm. "Sobald die Elektroautos das Preissegment von Verbrennungsfahrzeugen erreicht haben, will jeder nur noch Elektroauto fahren, weil es viel komfortabler ist, das Fahrgefühl besser ist und die Autos eine viel höhere Funktionalität bieten", so Pautzke.
Was gibt es auf dem Markt?
Rund 30 Elektroautos sind laut des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) derzeit als Serienmodelle zu haben. Ein Großteil sind Hybride, verfügen also sowohl über einen Elektro- und einen Verbrennungsmotor. "Wir haben kein Nachfrage-, sondern ein Angebotsproblem", sagt Prof. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. "Die Hersteller sind jetzt gefordert, Elektroautos auf die Straße zu bringen, die die Anforderungen der Autofahrer auch erfüllen können. Das sind im Wesentlichen Fragen des Preises und der Reichweite."
BMW ist laut dem VDA bislang der einzige Autobauer, der einen Pkw im Angebot hat, der ausschließlich als E-Auto gebaut wird. Bei Daimler können Autofahrer einen Smart oder die B-Klasse als Stromer bekommen, bei VW sind es E-Golf und E-Up. Opel hat mit dem Ampera momentan einen Hybriden auf der Straße, der ab nächstem Jahr vollelektrisch unterwegs sein soll. Gleiches gilt für den Elektro-SUV von Audi – den soll es allerdings erst ab 2018 geben. Dieses Jahr peilt auch Daimler ein reines Elektroauto an. Porsche und VW brauchen nach jetzigen Plänen noch etwas länger. "Alle Automobilhersteller entwickeln auch Elektroautos, aber sie setzen bislang nicht so drauf wie US-amerikanische Hersteller, zum Beispiel Tesla", bewertet Prof. Pautzke die aktuelle Marktsituation.
Wie steht‘s um die Umweltbilanz?
Lokal betrachtet setzen Elektromotoren überhaupt keine Schadstoffe frei. Über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, werden aber ebenfalls Kohlendioxid und andere Schadstoffe ausgestoßen; nur verlagern sich diese vom Fahrzeug auf die Produktionsprozesse und die Stromerzeugung. Das reine Elektroauto braucht Batterien – und die machen 30 Prozent der Klimabilanz der Stromer aus. Das Problem: Deren Bilanz ist schlecht bis mittelmäßig. Denn die Batterien beinhalten etwa Nickel, Lithium und seltene Erden. Letztere werden zumeist in China mit einer furchtbaren Umweltbilanz abgebaut. Zudem müssen die Batterien im Lebenszyklus eines Elektroautos schätzungsweise mindestens drei Mal ersetzt werden. Hier schlägt dann auch die Frage des Recyclings umwelttechnisch zu Buche. Recycling ist zwar schon heute möglich und wird auch genutzt, aber es fehlt noch an einer entsprechenden Infrastruktur. Dies ist derzeit noch aufwendig und ziemlich teuer.
Bei der gegenwärtigen Stromzusammensetzung in Deutschland weisen Elektroautos derzeit tatsächlich nur eine geringfügig bessere Umweltbilanz auf als herkömmlich motorisierte Pkw. Denn Atom- und Kohlestrom bringen schlechte Umweltbilanzen mit sich. Zwar hat der Anteil der erneuerbaren Energien im Strommix deutlich zugelegt (er liegt derzeit bei rund 28 Prozent), aber dies reicht noch nicht aus, um Elektroautos umwelttechnisch klar vor den herkömmlichen Verbrennungsmotoren zu sehen. "Mit Blick auf die Energiebilanz macht ein Elektroauto ökologisch eigentlich nur dann Sinn, wenn der Strom aus regenerativen Quellen genutzt wird", bewertet es Prof. Bratzel. Wer hingegen lokal auf regenerative Stromquellen zurückgreifen kann – etwa den eigenen Solar-Carport – der fährt das Elektroauto lokal emissionsfrei. "Wenn natürlich der Strom-Mix noch besser wird – oder das Auto rein mit regenerativer Energie aufgeladen wird, dann wird die Umweltbilanz sofort besser", führt Prof. Pautzke aus "Die Ökobilanz vom Verbrennungsauto wird in der Regel nur dann besser, wenn sie sich ein neues kaufen." Entscheidend ist also auch hier der Blick in die Zukunft: Mit steigendem Anteil erneuerbar erzeugten Stroms und mit einem besseren Recycling schneiden Elektroautos rasch wesentlich positiver ab – und liefern dann auch die deutlich bessere Umweltbilanz, die ihnen schon heute nachgesagt wird.
Welcher Antrieb ist besser – Hybrid oder rein elektrisch?
Wer heute ein Auto mit Elektroantrieb wählt, der fährt zumeist noch keinen reinen Elektrowagen. Hybridmotoren sind die Antriebe der Stunde. Bei diesen Motoren handelt es sich um teilelektrifizierte Antriebe. Dabei kommen zwei verschiedene Technologien, abwechselnd oder gemeinsam, zum Einsatz, um das Fahrzeug anzutreiben. In der Regel eine Kombination aus einem Elektro- und einem Verbrennungsmotor. Dabei wird in zwei Varianten unterteilt: den Vollhybrid und den Plug-in-Hybrid. Ein Vollhybrid ist mit einem Verbrennungs- und einem Elektromotor ausgestattet. Er verfügt über einen Akku, sprich eine aufladbare Batterie, die ausschließlich über den Verbrennungsmotor aufgeladen werden kann. Das Fahrzeug lässt sich zwar allein mit elektrischer Energie fahren, da der Elektromotor schon recht leistungsstark ist, allerdings ist der Verbrennungsmotor dringend notwendig, um das Auto anzutreiben – ohne den ließe sich der Strom nicht aufladen. Ein richtiges Elektroauto ist dies also nicht und wird auch nicht als solches gezählt.
Spricht man von Hybridautos in Bezug auf Elektro, so ist normalerweise von dem sogenannten Plug-in-Hybrid die Rede. Der wird auch Steckdosenhybrid genannt. Hier wird der Akku per Stecker geladen – also am normalen Stromnetz. Deshalb zählen viele Experten den Plug-in-Hybrid bereits zu den Elektroautos. "Wer mit dem Auto auch weitere Strecken fahren möchte, für den sind die Plug-in-Hybride durchaus attraktiv", sagt Bratzel. Insbesondere eine Variante des Plug-in-Hybrids: der Range-Extender. Der kann seinen Akku nicht nur an der Steckdose, sondern zusätzlich mithilfe des Verbrennungsmotors aufladen.
"Der Hybrid hat den Vorteil, dass er eine akzeptable Reichweite schafft", so Pautzke. Der Weg zur Arbeit und zurück ist damit für die meisten Pendler rein elektrisch möglich. Deshalb sind sich viele Experten sicher: Der Plug-in-Hybrid ist das Elektroauto, das die Ablösung der klassischen Verbrennungsmotoren einleiten wird. Trotzdem gilt er als Übergangstechnologie: "Die Plug-in-Hybride sind ein Übergangsphänomen, das in den nächsten Jahren attraktiv sein wird", sagt Bratzel. Ähnlich sieht es Pautzke: "Wenn das Problem der Batterien und der begrenzten Reichweite gelöst ist, dann spricht nichts mehr für den Hybrid im Vergleich zum reinen Elektroauto." Rein elektrisch ist langfristig gesehen die bessere und einfachere Motorenversion. Zum einen, weil keine fossilen (und damit endlichen) Energieträger mehr notwendig sind, und zum anderen, weil ein Fahrzeug mit nur einem Antrieb einfacher und damit preiswerter zu bauen ist. Außerdem: Wer einmal für einen längeren Zeitraum ein reines Elektroauto gefahren hat, dem kommt der Verbrenner wie ein Rückfall in eine längst vergangene Zeit vor. Die Vibrationen und das Dröhnen des Motors sowie die vergleichsweise langsame Beschleunigung wirken dann wie eine Technologie von gestern.
Wie sieht es mit den Kosten aus?
Wer sich ein E-Auto anschafft (egal ob reiner Stromer oder Hybrid), muss derzeit noch wesentlich tiefer in die Tasche greifen als beim Kauf eines Benziners oder Diesels. Daran wird auch die Kaufprämie nur unwesentlich etwas ändern können. Ein Elektro-Auto kostet schnell 40.000 bis 50.000 Euro. Darüber hinaus verlieren die Wagen rasch an Wert – mehr als andere Antriebe. Diesen Wertverlust können sich Gebrauchtwagenkäufer natürlich zunutze machen. Wer einen Neuwagen kauft, muss einkalkulieren: Gebrauchte E-Autos und Plug-in-Hybride sind für Käufer von Kleinwagen bis Oberklasse alle zu durchaus erschwinglichen Preisen zu bekommen und für Verkäufer mit erheblichem Verlust zu verkaufen. Während preislich erst mal viel gegen die E-Autos spricht, können – zumindest die reinen Stromer – mit besonders niedrigen Betriebskosten punkten. Die Elektromotoren gelten als wartungsarm und Strom ist günstiger zu haben als Benzin. Elektro-Auto-Ingenieur Pautzke ist sich beim Blick in die Zukunft deshalb sicher: "Zukünftig werden sich Elektroautos durchsetzen, weil sie eine höhere Funktionalität zu einem niedrigeren Preis bieten werden."
Wie sieht‘s mit der Förderung aus?
Eine Milliarde Euro packt die Bundesregierung in den Topf. Gefördert werden dabei sowohl der Kauf eines Fahrzeugs durch eine Kaufprämie als auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Der Kernpunkt des E-Deals: die Kaufprämie. Wer sich ein reines E-Auto kauft, wird mit 4000 Euro Zuschuss belohnt. Für Plug-in-Hybride gibt es noch 3000 Euro. Insgesamt wollen Bund und Auto-Industrie gemeinsam 1,2 Milliarden Euro dafür bereitstellen. Rein rechnerisch könnten damit – je nach Anteil von Hybrid und reinelektrisch – 300.000 bis 400.000 Autokäufer mit einem Zuschuss bedacht werden. Das bedeutet auch, wer zuerst beantragt, bekommt die Prämie. Denn wenn das Geld aufgebraucht ist, wird nach jetzigem Stand erst mal nichts nachgeschossen werden.
Die Förderung gilt zudem auch nicht für alle Modelle. Wer sich ein Luxus-E-Auto ausgeguckt hat, muss die Finanzierung alleine stemmen. Die Rede ist hier von einer Fördergrenze bis zu einem Listenpreis von 60.000 Euro. Der ACE forderte seit langer Zeit eine Kaufprämie und auch eine Obergrenze – insbesondere um Klein- und Mittelklassewagen zu fördern. "Denn weder Luxuslimousinen noch Sportwagen brauchen Kaufzuschüsse", sagt ACE-Vorsitzender Stefan Heimlich. "Wichtig ist vielmehr, dass das Geld bei Pendlern und im Alltag ankommt, dann sind die Finanzmittel bestmöglich eingesetzt." Ein weiterer Punkt der E-Auto-Förderung: Mit rund 300 Millionen Euro Bundesgeldern soll zwischen 2017 und 2020 die Ladeinfrastruktur deutlich verbessert werden.
Wo fährt das Elektroauto hin?
"Stand heute ist es noch nicht richtig attraktiv, ein Elektroauto zu kaufen und zu fahren", macht Prof. Bratzel deutlich. Darüber hinaus "mangelt es an einer Schnellladeinfrastruktur, die aufgebaut werden muss – und zwar möglichst dicht“. Die größten Hürden für den Siegeszug des E-Autos liegen eindeutig in dem durchwachsenen Angebot, der schlechten Schnellladeinfrastruktur und dem noch viel zu hohen Preis. Aber die meisten Experten sind sich sicher, dass die meisten dieser Nachteile in den kommenden Jahren aus dem Weg geschafft werden könnten. Wie lange es dauert, bis Elektroautos wirtschaftlich wirklich konkurrenzfähig sind, ist zwar noch nicht absehbar – aber ein Zeitpunkt in den nächsten 15 Jahren ist möglich, in den nächsten 50 Jahren sicher.
"Ich bin fest davon überzeugt, dass sich langfristig die Elektromotoren durchsetzen werden. Die Frage ist eben nur wann", sagt RUB-Professor Pautzke. CAM-Direktor Bratzel wird noch deutlicher: "Nach unseren Schätzungen wird es etwa noch fünf Jahre dauern bis das Thema Elektromobilität richtig an Fahrt gewinnt. Ab 2020 sehen wir Elektroautos mit größeren Marktanteilen hierzulande." Ähnlich bewertet es der ACE: "Bei den Autofahrern registrieren wir ein stetig wachsendes Interesse an Elektromobilität – jedoch sind die Elektroautos für viele noch zu teuer", so ACE-Vorsitzender Heimlich. "Wenn die Bundesregierung jetzt endlich die Eckpunkte unserer Forderungen umsetzt und sowohl eine Kaufprämie einführt als auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur vorantreibt, wird das die Entwicklung der Elektromobilität nachhaltig prägen."
Lesen Sie unserInterview mit Herrn Prof. Dr. Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. In unseren drei Fragen geht es um Tesla und seine Position auf dem E-Auto-Markt.
ACE-Tipp
In Zusammenarbeit mit The New Motion bietet der ACE exklusiv für Mitglieder die Ladekarte für Elektroautos an. Mit dieser kann unabhängig des jeweiligen Ladestation- und Stromanbieters der Akku aufgeladen werden. Europaweit besteht so der Zugang zu rund 25.000 öffentlichen Ladestationen, über 3900 davon in Deutschland. Die ACE-Ladekarte ist kostenlos. Gezahlt wird nur für das Aufladen des Akkus. Vorteil für ACE-Mitglieder: Bleibt das Auto wegen Strommangel doch mal liegen, schleppt der ACE kostenlos bis zur nächsten Ladesäule ab. Und für alle, die ihr Elektrofahrzeug auch zu Hause aufladen wollen, bietet The New Motion für jedes Fahrzeug die passende Ladestation – für ACE-Mitglieder zum Vorteilspreis.