Im bekannten Schlager von Henry Valentino heißt es: "Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen." Valentino hat gut recherchiert, denn nach Angaben des Umweltbundesamtes sitzen im Berufsverkehr durchschnittlich nur 1,2 Personen im Wagen. Dabei hätte es in den meisten Platz für fünf. Doch die Idee der Fahrgemeinschaft, das Carpooling, hat sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt.
Was Fahrgemeinschaften bringen
Dabei liegen die Vorteile auf der Hand. Mehr Personen pro Auto bedeutet weniger Autos auf der Straße, weniger Stau, weniger CO2-Ausstoß und weniger Stress.
Bei durchschnittlich zwei Autoinsassen würde der Stau auf Deutschlands Straßen bereits um 20 Prozent reduziert, so eine Studie des Umweltbundesamtes.
Die aktuelle Situation in Deutschland
Carsharing – Teilen wird beliebter
Deutschland setzt auf Carsharing. Das fördert der Bund zum Beispiel mit neuen Verkehrsschildern. Diese sichern Carsharing-Autos extra Stellplätze. Auch der Bußgeldkatalog wurde dafür angepasst. Wer auf Carsharing-Stellplätzen widerrechtlich parkt, zahlt 55 Euro.
Das Sharing-Konzept nimmt Fahrt auf. Zum 1. Januar 2023 waren in Deutschland 4.472.800 Fahrberechtigte für Carsharing angemeldet. Das sind 31,8 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Zahl der angebotenen Carsharing-Fahrzeuge hat sich im gleichen Zeitraum um 12,4 Prozent auf jetzt 33.930 Fahrzeuge erhöht. Inzwischen lassen sich in 1.082 Orten Autos teilen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Doch auch in diesen Fahrzeugen sitzt oft nur eine Person.
Carpooling – Modernes Trampen
Carpooling-Angebote, die es hierzulande bereits gibt, sind die sogenannten Mitfahrbänke.
Wer sich auf diesen speziell gekennzeichneten Sitzbänken niederlässt, signalisiert damit: Ich möchte mitgenommen werden. Je nach Ort gibt es Tafeln mit den möglichen Zielen, etwa dem Rathaus oder dem nächsten Teilort.
Hier braucht es zum Teil aber noch viel Geduld und Glück. Zeitlich planen lässt sich die Mitfahrt nicht. Es ist eben eine moderne Form des Trampens. Für den morgendlichen Berufsverkehr bietet sich das Konzept also eher nicht an.
Lösungen im Ausland
Prämie fürs Mitnehmen
Frankreich geht die Sache ganz anders an: mit einem Prämiensystem. Wer sich bei einer Onlineplattform für Fahrgemeinschaften anmeldet, kann bis zu 200 Euro als Bonus erhalten.
Dazu müssen die Autofahrenden entweder in drei Monaten zehn Mal andere Personen auf einer Kurzstrecke mitnehmen oder drei Mal auf einer Langstrecke.
Für dieses Projekt sollen im ersten Anlauf 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. 4,5 Millionen Tonnen CO2 will Frankreich dadurch einsparen.
Express-Spuren
Amerika setzt nicht auf die Geldersparnis, sondern die Zeitersparnis. Schon seit den 80er-Jahren gibt es dort die sogenannten „HOV-Lanes“. HOV steht für high-occupancy vehicle, also ein stark belegtes Fahrzeug.
Auf diesen – meist mit einer Raute gekennzeichneten – Spuren dürfen nur Autos fahren, in denen eine festgelegte Mindestanzahl an Personen sitzt. Oft sind das zwei oder drei. Da die Spuren meistens deutlich leerer sind, kommen die Fahrgemeinschaften schneller an ihr Ziel.
Eine weitere Möglichkeit ist eine Maut-Befreiung für die HOVs. Wer allein fährt, muss zahlen. Auch das wurde in den USA bereits eingeführt.
Auf manchen Strecken erhöht sich die Maut je nach Verkehrsaufkommen. Rekord war in Virignia 2018 eine Gebühr in Höhe von 47,50 Dollar für einen Abschnitt von 10 Meilen.
Ein Konzept für Europa?
So viele Express-Routen wie in Amerika gibt es in Europa noch nicht. Einzelne Straßenabschnitte, in der Regel Busspuren, in Madrid, Linz oder Oslo sind entsprechend gekennzeichnet. In Amsterdam wurde das Projekt wieder abgebrochen.
Seit 1. Januar 2023 gibt es in der Schweiz offiziell das Carpooling-Verkehrsschild. Aufgestellt wurde es jedoch noch nicht.
Jeder Einzelne ist gefragt
Fazit: Es liegt hierzulande also an jedem Einzelnen, das Konzept Carpooling mit Leben zu füllen. Mit Freunden, Mitarbeitenden, Familie oder über die zahlreichen Mitfahrzentralen im Internet.
Zu den größten zählen Blablacar.de und bessermitfahren.de. Nach kurzer Registrierung können hier Fahrten angeboten werden. Wer mitfahren will, meldet sich mit einer persönlichen Nachricht. Dann heißt es vielleicht bald: „Im Wagen mit mir fährt ein junges Mädchen …“.