11.03.2016

Fernbusse – Mehr als billig

Fernbusse im Linienverkehr locken mit günstigen Tarifen und unkomplizierter Buchung. Aber wie steht es um die Sicherheit?

Längst gehören die auffällig lackierten Reisebusse zum gewohnten Straßenbild. Fernbusse haben sich vom Geheimtipp zur ernst zu nehmenden Bahn-Alternative gemausert. Fast 1000 Linien im In- und Ausland werden allein von den sechs größten Anbietern regelmäßig befahren. Mit Sonderangeboten ab einem und regulären Preisen bis zu 66 Euro gilt der Bus als billige Alternative. Gezielt wird auf ein jüngeres Publikum geschielt, das sich durch ein verändertes Mobilitätsverhalten auszeichnet: Mit dem Fernbus ans Ziel reisen und dort den öffentlichen Nahverkehr oder auch Carsharing-Angebote nutzen. Versüßt wird der Generation Smartphone die Tour mit der Möglichkeit, über Internetzugänge mit der Welt in Kontakt zu sein. Tickets lassen sich sowohl online als auch im Bus oder am Terminal erwerben. Reisebüros bieten Fahrkarten, mittlerweile haben auch Discounter Bustickets ins Sortiment aufgenommen.

Fahrgastzahlen bei Fernbussen steigen stetig

Seit der Liberalisierung des Fernbusverkehrs Anfang 2013 sind die Fahrgastzahlen in die Höhe geschossen. Nutzten im Jahr 2012 noch 2,1 Millionen Menschen den Bus für Inlandsfahrten, wurden zwei Jahre darauf bereits 16,7 Millionen Passagiere gezählt. Im grenzüberschreitenden Verkehr verdreifachte sich die Zahl der Fahrgäste. Zum Vergleich: Die Bahn brachte es 2014 auf 129 Millionen Fahrgäste allein im Fernverkehr – 2,4 Millionen weniger als 2012. Es scheint, als erschlössen die Fernbuslinien eine zusätzliche Klientel. Die Bahn selbst, die ja bereits bei den Autoreisezügen gern bereit war, von der Schiene auf die Straße zu wechseln, ist offenbar mehr als geneigt, sich ein gutes Stück vom Kuchen zu sichern. Im August 2015 übernahm die Deutsche Bahn die restlichen Anteile von Berlin Linien Bus, Kooperationen mit ausländischen Anbietern sollen die Rentabilität bei grenzüberschreitenden Zielen sichern. Denn auch die Busgesellschaften aus dem europäischen Ausland drängen auf den deutschen Markt.

Reisebusse sind das sicherste Verkehrsmittel

Seit Jahren darf der Reisebus als sicherstes Straßenverkehrsmittel angesehen werden. Das Risiko, während einer Fahrt tödlich verletzt zu werden, ist etwa 15 Mal geringer als mit dem Auto. Im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2013 ermittelte das Statistische Bundesamt 0,18 getötete Businsassen auf eine Milliarde Personenkilometer. Sicherer ist nur die Bahn, die gegenüber dem Bus ein um Faktor 3,6 geringeres Unfallrisiko  aufweist.

Obwohl mehr Busse auf der Straße sind, ist zwischen 2012 und 2014 das Risiko schwerer Unfälle nur um 1,34 Prozent angestiegen. Betrachtet man nur die Autobahnen, ergibt sich allerdings ein trüberes Bild. Hier stieg die Zahl der Busunfälle mit Personenschaden um zehn Prozent an, die Anzahl der Verunglückten stieg von 224 auf 408 Personen. Zu wenig Abstand, falsche Straßenbenutzung und Vorfahrtverletzungen gehörten zu den häufigsten Unfallursachen. Da stimmt es bedenklich, wenn seitens der Busunternehmer die Forderung aufkommt, die bislang auf 100 km/h limitierte Höchstgeschwindigkeit für Bus-se auf Autobahnen auf 120 km/h zu erhöhen. Immerhin, so die Argumentation der Busbetreiber, habe sich die Sicherheitsausstattung von Reisebussen innerhalb der vergangenen 30 Jahre deutlich verbessert. Auch Überholvorgänge von langsameren Lkw würden schneller vollzogen werden können. Sicherheitsexperten zeigen sich wenig angetan von derartigen Gedanken. Schließlich fallen die Unfallfolgen schwerer Fahrzeuge bei höheren Geschwindigkeiten umso gravierender aus. Überdies belegen die regelmäßigen Schwerpunktkontrollen von Polizei und Bundesamt für Güterverkehr, dass längst nicht alle Busse mängelfrei sind.

Kampf um Preise und qualifizierte Busfahrer tobt

Während sich Reisewillige noch über billige Tickets freuen, tobt hinter den Kulissen ein gnadenloser Wettbewerb. City2city hat sich bereits zurückgezogen, die beiden Marktführer MeinFernbus und Flixbus fusionierten im vergangenen Jahr. Probleme gibt es auch bei der Rekrutierung von qualifizierten Busfahrern. Seitdem die Bundeswehr nicht mehr in großem Maßstab die Möglichkeit bietet, den Lkw-Führerschein zu machen, fehlt es an Nachwuchs. Nur jeder vierte Busfahrer ist unter 35, berichtet der Bundesverband Deutscher Busunternehmer (bdo). Vehement versuchen die Unternehmen deshalb, den Beruf durch verbesserte Konditionen attraktiver zu gestalten. Trotzdem: Das Einstiegsgehalt liegt je nach Bundesland bei 1500 bis 1800 Euro.

Fernbusse gelten als billig, verlassen sollte man sich jedoch nicht auf dauerhafte Sonderangebote. So steigen die Bustarife bis auf das Doppelte an, wenn Feiertage vor der Tür stehen oder bei der Bahn die Räder drohen stillzustehen.

ACE-Tipp

Bei aller Ähnlichkeit der Angebote empfiehlt es sich, einen Blick aufs Kleingedruckte zu werfen. So ist eine Umbuchung, wenn überhaupt, oft nur gegen Gebühr möglich. Eine Stornierung kostet bei DeinBus drei Euro, bei Flixbus dagegen 15, MeinFernbus stellt einen Gutschein aus. Mal sind ein oder zwei Gepäckstücke im Fahrpreis inbegriffen, weitere Taschen oder Koffer schlagen beim Postbus mit zwei Euro zu Buche, bei IC-Bus dagegen mit zehn Euro.

Die Mautdiskussion

Die letzte Anstrengung, auch Busse zur Mautzahlung zu verpflichten, wurde 2011 von Bundesrat abgelehnt. Busunternehmer wehren sich vehement gegen Straßennutzungsgebühren und verweisen darauf, dass Busse bereits durch die jetzige Besteuerung einen angemessenen Teil zur Instandhaltung der Straßen beitragen. Zudem wird ein Wettbewerbsnachteil gegenüber der Bahn befürchtet, die mit 17 Milliarden Euro jährlich subventioniert wird.