11.06.2018

Im Test - Fanartikel fürs Auto

Der Countdown läuft, nur noch wenige Tage bis zum Anpfiff der Fußball-WM in Russland. Immer mehr Fanartikel - auch fürs Auto - werden in Supermärkten und im Internet angeboten. Vor zwei Jahren, zur EM in Frankreich, hatten wir gemeinsam mit der Dekra und AutoBild Fanartikel fürs Auto getestet.

Das Thermometer zeigt an diesem Tag Ende April ganz knapp über null Grad an, Schnee liegt in der Luft, über das Testgelände der Dekra neben dem Lausitzring im brandenburgischen Klettwitz fegt ein eiskalter Wind. Eingemummelt in eine warme Jacke und einen dicken Schal scheint es, als wäre der Sommer noch unendlich weit entfernt – dabei wollen wir an diesem Tag zumindest ein Gefühl von Sommer, genauer gesagt Sommermärchen, aufkommen lassen. Die Europameisterschaft in Frankreich steht vor der Tür und spätestens mit dem Anpfiff des Spiels des Gastgebers gegen Rumänien am 10. Juni werden auch wieder die mit allerlei Fähnchen und Wimpeln in Schwarz-Rot-Gold geschmückten Autos unterwegs sein. Aber was taugen diese Fanartikel wirklich? Das wollten wir genau wissen und haben gemeinsam mit Dekra und der Zeitschrift AutoBild verschiedene Produkte getestet.

Fanartikel aus dem Internet

Einige Wochen zuvor, in der Redaktion von ACE LENKRAD: Da sowohl Bau- wie Supermärkte oder Tankstellen ihr Sortiment an Fanartikeln erst kurz vor Anpfiff in die Regale räumen, bleiben uns nur die unendlichen Weiten des Internets – und hier werden wir fündig! Fielen uns am Anfang unserer Recherche spontan nur Fähnchen und Spiegelsocken ein, werden wir jetzt überrascht, was alles an Fanzubehör rund ums Auto angeboten wird. Wir bestellen und innerhalb einer guten Woche trudeln die Pakete in Stuttgart ein.

Montageanleitungen sind nicht immer dabei

Die meisten Produkte sind gut in Kartons verpackt, einzige Ausnahme sind die Fähnchen, die ans Fenster geklemmt werden. Die stecken lose in einem gepolsterten Umschlag – dieser ist kaputt, aber die Fähnchen sind ganz. Was uns sofort auffällt, nicht bei allen Produkten ist eine Montageanleitung oder ein Warnhinweis dabei. Wie schnell kann man also fahren, bevor die schwarz-rot-goldene Pracht beim Hintermann auf der Windschutzscheibe hängt?

Auf der Dekra-Teststrecke in Klettwitz fliegen Fähnchen

Das wollen wir jetzt in Klettwitz ausprobieren, auf der Dekra-Teststrecke. Die Testkriterien sind klar, wir beginnen ganz moderat mit der Stadtgeschwindigkeit von 50 km/h und steigern uns von Runde zu Runde in Schritten von zehn km/h bis zur Höchstgeschwindigkeit unseres Testwagens von knapp über 200 km/h.

Zum Glück haben wir zwei Testwagen dabei. Einen Mercedes C 250 d mit 204 PS und einen Opel Corsa 1.3 CDTI mit 95 PS. Als wir nämlich die magnetische Fanflosse (hält angeblich bombenfest bis 180 km/h) auf dem Dach befestigen wollen, müssen wir feststellen, dass weder Dach noch Motorhaube noch Türen des Mercedes magnetisch sind. Letztendlich bleibt uns nur die Dachkante, die aber längst nicht so magnetisch wie das Dach des Corsa ist – folglich müssen wir die Fanflossen von der Strecke einsammeln für eine zweite Runde mit dem kleinen Rüsselsheimer. Überraschungen erlebten wir aber auch mit anderen Produkten.

Fanflosse

Stückpreis 14,99 Euro, im Karton verpackt, genaue Montageanleitung, Warnhinweise: Getestet ist die magnetische Fanflosse bis 180 km/h, vom Hersteller empfohlen bis maximal 130km/h, bei Sturm und Wind soll sie nicht benutzt werden. Außerdem sollen sich Menschen mit Herzschrittmacher von dem Magneten fernhalten, auch bei Kreditkarten und Datenträgern sei Vorsicht geboten, es drohe ein Datenverlust. Die Fanflosse macht einen stabilen Eindruck – allerdings hält sie auf dem Dach unseres Mercedes nicht, es ist nicht magnetisch. Da wir auf einer abgesperrten Teststrecke sind, befestigen wir sie an der Dachkante, die ist zumindest einigermaßen magnetisch. Wir sind überrascht, dass die Flosse recht viele Runden übersteht, irgendwann zwischen 160 und 180 km/h verabschiedet sie sich dann aber doch – wenn hier im realen Straßenverkehr ein Auto- oder Motorradfahrer hinterhergefahren wäre, hätte das böse enden können. Zum Vergleich packen wir die Fanflosse noch beim Corsa aufs Dach, dieses erweist sich als deutlich magnetischer als die Dachkante des Mercedes – die Fanflosse hält! Zumindest bis zu den als getestet angegebenen 180 km/h. Dann macht es laut „Klonk“ und die Fanflosse steht nicht mehr auf dem Dach, sie liegt. Aber sie hält!

Fazit: Sieht witzig aus und geht nicht fliegen. Vor Autobahnfahrten gehört sie aber abgenommen und Fußballfans sollten unbedingt darauf achten, dass das Autodach den Magneten auch wirklich halten kann. An anderen Stellen am Auto die Fanflosse lieber nicht befestigen.

Heckscheibenwischerhand

Stückpreis 5,50 Euro, kurze Montageanleitung, keine Warnhinweise: Die winkende Hand für den Scheibenwischer war eigentlich das Produkt, welches uns spontan am besten gefallen hat. Kann es doch beim schlimmsten Regenwetter ein Lächeln ins Gesicht der nachfolgenden Autofahrer zaubern. Doch schon die Montage – die Hand muss mit zwei Saugnäpfen am Scheibenwischer festgedreht werden – erwies sich als Fizzelarbeit. Eine erste Belastungsprobe im Stand hat sie aber problemlos bestanden. Während der Fahrt war dann aber Schluss, nach ungefähr fünf Wischern hat sich die Winkehand verabschiedet.

Fazit: Taugt leider gar nicht, da die Hand für die recht instabile Befestigung auch viel zu schwer ist. Schade!

Magnetflaggen

Stückpreis 4,89 Euro, Warnhinweis bis maximal 120km/h: Einfacher geht’s nicht mehr, die Flaggen werden an die Tür (oder im Fall unseres Mercedes an die Dachkante) gepappt und bleiben dort auch. Selbst bei Geschwindigkeiten über 200km/h haben sie sich noch nicht mal verschoben.

Fazit: Dranmachen und nicht mehr dran denken. Vor der Fahrt auf die Autobahn sollten sie aber sicherheitshalber doch abgenommen werden.

Spiegelsocken

Zweierpack 3,69 Euro, keine Warnhinweise: Ob der große Spiegel beim Mercedes oder der kleine beim Corsa – mit den Spiegelsocken kämpfen wir lange, bis sie einigermaßen passen. Der Mercedes ist davon gar nicht begeistert und meldet nacheinander den Ausfall von Totwinkel-Assistent, Verkehrszeichenassistent, Fernlicht-Assistent und ESP. Dekra-Experte Mario Zweig warnt vor den Überziehern, sobald ein System im Spiegel integriert ist und damit beeinträchtigt werden kann, sind sie schlicht verboten. Das gilt auch dann, wenn der Blinker im Spiegel sitzt. Das ist bei unserem Corsa nicht der Fall. Also alles in Ordnung und drüber mit den Spiegelsocken? Auch hier rät Zweig ab, denn laut Straßenverkehrsordnung darf die Spiegelfläche nicht beeinträchtigt werden – und anders konnten wir die Überzieher nicht befestigen. Zu allem Überfluss hat sich einer der Socken auch noch während der Fahrt verabschiedet.

Fazit: Die Verkehrssicherheit darf bei aller Fußballeuphorie nicht beeinträchtig werden – und das ist bei den Spiegelsocken leider nicht gewährleistet.

Fähnchen

Stückpreis 99 Cent, Montageanleitung oder Warnhinweise fehlen: Die Flaggen werden einfach in den Seitenscheiben eingeklemmt, schon bei 50 km/h stehen sie steif im Wind, der dünne Plastikstab biegt sich nach hinten. Aber erst bei ungefähr 160 km/h kann das erste Fähnchen nicht mehr standhalten und wird davongeweht. Von Runde zu Runde werden es jetzt weniger. Die Fähnchen, die zum Schluss noch am Auto hängen, sind ziemlich ausgefranst.

Fazit: Günstig, einfach zu montieren und haltbar. Jedoch sollten sie nur im Stadtverkehr eingesetzt werden, zudem sollte vor Fahrtantritt unbedingt geprüft werden, ob alle Plastikstäbe noch intakt und die Fensterscheiben ganz geschlossen sind, sodass die Fähnchen stabil eingeklemmt sind.

Windhose

Stückpreis 8,95 Euro, der Verkäufer legt extra Zettel mit Montageanleitung bei, aber keine Warnhinweise: Die Befestigung an den Fenstern erweist sich als relativ schwierig, die Klemme lässt sich nur unter Zuhilfenahme eines Schlüssels auseinanderbiegen. Im Gegensatz zu den Fähnchen macht der Plastikstab der Windhosen einen deutlich stabileren Eindruck – allerdings bieten sie auch dem Wind mehr Angriffsfläche. Die ersten Runden bis 180 km/h überstehen sie noch ganz gut, aber irgendwann bei 200 gibt das Plastik leicht nach und damit verformt sich die Halterung immer mehr und immer schneller. Eine Windhose bricht irgendwann ab.

Fazit: Ziemlich stabil und ziemlich auffällig im Autokorso. Kurzfristig werden auch höhere Geschwindigkeiten ausgehalten, bei Dauerbelastung geben sie irgendwann nach. Für den Stadtverkehr aber top.

Motorhaubenbezug

18 Euro, keine Anleitung, keine Hinweise: Für den Mercedes ist er eigentlich zu klein, der Bezug muss ziemlich gedehnt werden, um wirklich zu passen. Für den Corsa ist er dagegen viel zu groß und wirft Falten. Doch einmal gut befestigt hält er bei beiden Autos bombenfest, nichts flattert, nichts verschiebt sich.

Fazit: Zwar etwas teurer, aber ein Teil, das am Auto dranbleiben kann. Allerdings muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der Bezug auch wirklich richtig befestigt und festgeklemmt ist.

Fensterflaggen

Zweierpack 13,99 Euro, genaue Montageanleitung, Warnhinweis bis 200 km/h: Schon beim Überziehen über die Türen haben wir das erste Loch im Stoff, aber davon abgesehen bleiben die Fensterflaggen an Ort und Stelle – ebenso nach mehreren Runden mit über 200 km/h. Auch der Gesetzgeber sieht kein Problem, der Sichtkreis des Fahrers muss nur bis 180 Grad gesichert sein, die hinteren Scheiben dürfen somit verdeckt sein. Wer viel rangieren muss, wird aber freiwillig und gerne verzichten.

Fazit: Sie sehen gut aus, sind haltbar, aber relativ teuer. Beim Autofahren und vor allem auch im Autokorso sollte unbedingt die gute Rundumsicht Vorrang haben.

Autofinne

Zweierset 9,95 Euro, ausgiebige Montageanleitung mit Fotos, freigegeben bis 120 km/h: Dass man die Fanartikel nicht im Sichtbereich des Fahrers anbringen soll, ist eigentlich logisch, der Hersteller der Autofinnen schreibt es neben anderen Hinweisen trotzdem auf die Verpackung – das gibt Pluspunkte! Mit Klebestreifen werden die Schaumstoffteile an der Motorhaube befestigt, wird die Haube wieder zugeklappt, halten die Finnen. Wir waren kurz davor,

Wetten abzuschließen, wann sich die federleichten Teile verabschieden. Zum Glück haben wir das nicht getan, wir hätten verloren! Auch mehrere Runden bei über 200 km/h haben sie überstanden. Trotzdem empfehlen wir natürlich, sie vor längeren oder schnelleren Autobahnfahrten zu entfernen.

Fazit: Etwas kniffelig zu montieren, aber wenn sie mal sitzen, dann halten sie auch. Abzüge gibt es, weil die Finnen relativ teuer sind und wegen der Klebestreifen auch nur einmal verwendet werden können.

Antenne mit Fähnchen

11,90 Euro, Warnhinweis vor hohen Geschwindigkeiten: Unser Corsa-Testwagen hat noch eine klassische Antenne, dank mitgeliefertem Adapter passt die Fähnchenantenne. Auch bei Höchstgeschwindigkeit ist der Radioempfang noch top, das Fähnchen hält und franst dank guter Verarbeitung auch nicht aus.

Fazit: Die Radioantenne kann während der ganzen EM dranbleiben, auch der gute Empfang der Fußballübertragung im Radio ist damit gesichert.

Info: Das ist im Autokorso erlaubt

Autokorsos sind streng genommen sogar verboten, denn §30 der Straßenverkehrsordnung untersagt „unnützes Hin- und Herfahren innerhalb geschlossener Ortschaften“. Und auch das andauernde Betätigen der Hupe ist eine Ordnungswidrigkeit. Allerdings drückt die Polizei bei einer Fußballgroßveranstaltung im Anschluss an das Spiel beide Augen zu. Einige Regeln sollten aber eingehalten werden. So ist das Mitfahren auf dem Autodach oder der Motorhaube strikt verboten, Beifahrer sollten sich auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Auch beim Schwenken großer Fahnen ist Vorsicht geboten – Fußgänger, Motorrad- oder Fahrradfahrer könnten damit verletzt werden. Es versteht sich von selbst, dass der Fahrer auch bei aller Feierfreude im Autokorso nüchtern ist und das Hupen auf die Fahrt im Korso direkt nach Spielschluss beschränkt wird – die anschließende Fahrt nach Hause ins Wohngebiet sollte dann geräuschlos vonstatten gehen.

Und noch ein Tipp: Werden die Autos abgestellt, sollten sicherheitshalber alle Fähnchen, die in den Fenstern festgeklemmt sind, entfernt werden. Denn wenn die Fenster nicht richtig geschlossen sind, macht man Dieben die Arbeit leichter und riskiert damit seinen Versicherungsschutz.