24.05.2022

Park my Bike! – Parkmöglichkeiten für Fahrräder

Wenn Fahrräder so teuer wie Kleinwagen sind und immer mehr Menschen sperrige Lastenbikes nutzen, stellt sich die Frage: Wo ist das Rad sicher und konfliktfrei abgestellt? Wir zeigen neue Parkkonzepte für Fahrräder.

Diebstahlsicher soll er sein, zielnah gelegen und niemanden stören – so sieht er aus, der ideale Fahrradparkplatz. Doch die neue Lust am Radeln, die aufgrund historisch hoher Spritpreise zumindest keinen Abbruch erlitten haben dürfte, verschärft in den Städten das Platzproblem. Der Knackpunkt: Dort, wo Fahrradabstellanlagen errichtet werden, müssen Autofahrer oft auf Parkraum verzichten. Zugleich ist der Bestand an Pkw mit bundesweit knapp 50 Millionen so hoch wie nie.

Neue Ideen sind gefragt

Immer mehr Städte planen Fahrradparkhäuser, aber auch dezentrale Lösungen für Wohngebiete. Und diese neuen Lösungen scheinen dringend geboten. Autofahrende und Fahrradfahrende beschimpfen sich im Streit um den Parkraum öffentlich – zum Beispiel, wenn ein Radler sein Cargobike legal auf einem Parkplatz am Straßenrand abgestellt hat. Und zu Fahrradstellplätzen umgewidmete Kfz-Stellplätze, wie beispielsweise in Berlin, Bremen, Frankfurt, München, Dresden und Leipzig, sind ein Politikum. Es scheint, der Verteilungskampf sei entbrannt.

Sachliche Debatte statt Verteilungskampf

Angela Francke, Professorin für Radverkehr an der Hochschule Karlsruhe, plädiert jedoch dafür, die Diskussion zu versachlichen. Im Grunde gehe es in Städten, in denen der Platz begrenzt sei, nicht um einen Verteilungskampf, sondern „um ein besseres Miteinander“. Das Verständnis füreinander müsse doch vorhanden sein, denn oft seien Autofahrende zugleich Fahrradfahrende, und umgekehrt.

Durch Umverteilung zu höherer Lebensqualität

Wichtig sei, betont die Wissenschaftlerin, „dass nicht etwas einer der Parteien weggenommen  wird, sondern dass wir durch Umverteilung zu ganz neuer Lebensqualität für alle kommen“. Denn dass umverteilt
werden muss, das findet sie schon: „Öffentliche Fläche gehört allen gleichermaßen, wenn Parkplätze für Kfz angeboten werden, dann sollten auch Parkplätze für Fahrräder in ausreichendem Maße angeboten werden können.“

Fahrräder als Chance für die Verkehrswende

Fahrräder sind wahre Platzsparer. Pro Kfz-Stellplatz finden bis
zu acht Fahrräder oder bis zu drei Lastenräder Platz. Und der Bedarf sei da, meint Francke: „Mehr Menschen steigen für einen Teil der Wege
auf das Fahrrad um. Damit sind sichere und einfach zu nutzende Radabstellanlagen am Start- und Zielort notwendig.“

Sichere Stellplätze für teure Lastenräder

Wassilis von Rauch, Geschäftsführer beim Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF), sieht vor allem im Lastenrad ein großes Potenzial für die Verkehrswende in Städten – das ohne vertrauenswürdige Abstellmöglichkeiten ausgebremst würde. Cargobikes sind schwer und können kaum über einen Treppenabsatz zum Beispiel in einen Innenhof oder den Hausflur gewuchtet werden. Und sie sind auch extrateuer, nicht selten 4.000 oder 5.000 Euro. Professorin Francke geht davon aus, dass viele Menschen, die bislang mit dem Auto pendeln, davon abgehalten würden, aufs Fahrrad umzusteigen, wenn sie neue  Parkmöglichkeiten für Fahrräder nicht als sicher und praktisch empfänden.

Fahrradparkhäuser – Rundum-Service fürs Bike

Ein Ansatz sind Fahrradparkhäuser an zentral und verkehrsgünstig gelegenen Orten. Pionier in Deutschland war Nordrhein-Westfalen, wo man sich nach niederländischem Vorbild schon früh Gedanken machte. 1997 eröffnete die erste von 100 geplanten „Fahrradstationen“ in Mülheim an der Ruhr.

Und 1999 wurde am Hauptbahnhof in der Fahrradstadt Münster  Deutschlands größtes Fahrradparkhaus mit 3.000 Stellplätzen, Fahrradwaschanlage, Miet- und Reparaturservice eröffnet.

Vom reinen Auto-Parkhaus zum Mobilitätshotspot

Doch weil Baulücken in der Stadt rar sind, gilt auch hier das Prinzip der Umverteilung. Francke sagt: „Erdgeschossteile von günstig gelegenen Parkhäusern könnten zu Fahrradgaragen umgebaut werden.“

So geschehen in München, wo 2021 die neue „Hofbräuhaus Parkgarage“ eröffnete – mit Stellplätzen für 520 Autos und einem Geschoss als „Mobilitätshotspot“, Fahrradboxen inklusive; auch können dort E-Bikes per App geliehen werden. In Bamberg können E-Biker sogar in Schließfächern ihre Akkus laden.

Clevere Lösungen in der Nachbarschaft

Um das Fahrrad als Alternative zu fördern, seien auch Fahrradabstellanlagen in unmittelbarer Wohnortnähe notwendig, schreibt das Umweltbundesamt: „Die Bundesländer können in ihren Landesbauordnungen Vorgaben zur Bereitstellung von Fahrradabstellanlagen machen.“ Diese Möglichkeit werde nur in wenigen Fällen wahrgenommen. BVZF-Chef von Rauch kennt eine der wenigen Ausnahmen: „In Köln gibt es Abstellanlagen für Mehrfamilienhäuser – auch für Lastenräder.“

Hamburger Fahrradhäuschen

Dort, wo nicht mehr gebaut werden kann, zum Beispiel in Altbaugebieten, ist Flexibilität gefragt. So gibt es in Hamburg seit Jahren schon sogenannte Fahrradhäuschen, die laut Wegerecht im öffentlichen Raum aufgestellt werden dürfen, wenn sie niemanden unverhältnismäßig stören. In der Hansestadt soll es schon 400 Fahrradhäuschen geben.

Ähnliche Lösung in Dortmund

Auch von Dortmund kennt von Rauch solche „nachbarschaftlichen Lösungen“. Privatpersonen können sich zusammenschließen und bei der örtlichen Behörde beantragen, ein Häuschen, meist ausgelegt für zwölf Fahrräder, aufstellen zu dürfen.

Frankfurter "FahrRadGaragen"

In Frankfurt am Main wurden 2019 im Rahmen des Pilotprojekts „Wohnungsnahe FahrRadGaragen“ im Stadtteil Höchst Fahrradgaragen am Straßenrand errichtet, die Anwohnern zur Verfügung stehen. „Aktuell liegen weitere Wünsche zu Fahrradgaragen vor, die sich derzeit in der Prüfung befinden“, heißt es seitens der Stadtverwaltung.

Berliner Boxen für neun Euro im Monat

Ähnliche Mietboxen wurden im Mai 2021 auch im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf aufgestellt – neun Euro kostet ein Dauerstellplatz im Monat.

Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel erleichtern

„Am Ende geht es nicht darum, jeden Verkehr auf das Fahrrad zu verlagern“, sagt Radprofessorin Francke, „sondern den motorisierten Individualverkehr auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel.“ Wichtig sei, dass auch intermodale Schnittstellen geschaffen würden, dazu zähle die Fahrradmitnahme in Bussen. Und dazu zählen attraktive Fahrradparkplätze.