01.09.2017

Pedelec-Neuheiten – Der Akku wird unsichtbar

Die E-Bike-Szene strotzt vor Innovationskraft, wie die Neuheiten-Flut zum Modelljahr 2018 zeigt. Die kommende Saison beschert uns vor allem neue Pedelecs, bei denen die Energiequelle verdeckt wird.

Seit Jahren beschert der E-Bike-Boom der Zweirad-Branche große Absatz- und Umsatzzuwächse. Im mittlerweile heiß umkämpften Markt übertreffen sich Fahrradhersteller und ihre Zulieferer mit immer neuen Ideen und Modellen. Eindrucksvoller Beleg ist der Neuheiten-Reigen 2018, der neben vielen Detailverbesserungen auch manch kleinen Paradigmenwechsel mit sich bringt.

Gleich einen Innovations-Blumenstrauß beschert Bosch. Seit einigen Jahren treibt der in Europa besonders erfolgreiche Komponentenhersteller für Pedelec-Technik den Wettbewerb vor sich her. Das wird auch 2018 der Fall sein. So läutet eine neue Akku-Generation namens Powertube ein Paradigmenwechsel beim Design ein. Dank der länglichen und schlanken Form erlaubt der Stromspeicher eine Integration in die Rahmenstruktur. Ganz neu ist die Idee nicht, doch mit dem Vorstoß von Bosch dürften schwarze Batteriepacks am Gepäckträger oder Rahmen bald zur Ausnahme werden.

Parallel hat Bosch den Mittelmotor der Active-Line erneuert, der künftig spritziger und nahezu geräuschlos antreibt und zudem noch kompakter als zuvor ist. Kombinierbar ist das Aggregat künftig auch mit eShift-Getrieben. Neben den Shimano-Kettenschaltungen XTR Di2 und XT Di2 wird zum Modelljahr 2018 auch die Rohloff-Nabenschaltung E-14 Speedhub elektronische Gangwechsel per Tastendruck erlauben. Zusätzlich werden die Shimano-Nabenschaltungen Nexus und Alfine in den Automatik-Varianten Di2 mit Bosch-Motoren kombinierbar sein.

Pedelec-ABS von Bosch

Die spektakulärste Bosch-Innovation ist allerdings das Pedelec-ABS. Vor allem in Notbremssituationen ist diese Technik ein echter Sicherheitsgewinn, da man in jeder Situation maximale Bremsleistung an der Vorderradbremse anfordern kann, ohne einen Überschlag zu riskieren. Im Herbst werden Flottenbetreiber erste ABS-Pedelecs im Realbetrieb einsetzen, um zunächst die Kundenreaktion zu testen. Erst zum Modelljahr 2019 soll eine breite Markteinführung für Pedelec- und S-Pedelec-Modelle erfolgen. Diese werden um 500 Euro teurer als Pedelecs mit konventionellen Bremsen.

Continental stellt einen Mittelmotor vor

Eine weitere spannende Innovation markiert zugleich den Einstieg des Autozulieferers Continental ins E-Bike-Business. Wie Bosch bietet der vor allem als Reifenhersteller bekannte Zulieferer künftig einen Mittelmotor an, der als Besonderheit mit einer Bordsystemspannung von 48 statt der sonst üblichen 36 Volt vorgefahren kommt. Die 250-Watt-Maschine sorgt mit 72 Newtonmeter Drehmoment für kräftigen Vortrieb. Zudem erlaubt die 600-Wh-Batterie ähnlich wie die Powertube-Akkus von Bosch ein formschlüssiges Verschmelzen mit dem Rahmen. Ein besonderes Schmankerl bietet Continental mit der Antriebsvariante „48 Revolution“, bei der gleich noch eine stufenlose Planetengetriebe-Automatik im Antrieb integriert wurde. Der Fahrer braucht sich hier nicht mehr um Gangwechsel zu kümmern. Außerdem entfällt die sonst übliche Schaltung am Hinterrad, was unter anderem Vorteile bei der Gewichtsverteilung mit sich bringt.

Unter anderem die in Oldenburg beheimatete E-Bikemanufaktur wird im ersten Quartal 2018 ein entsprechendes Pedelec mit dem 48er-Revolution-Antrieb in den Markt bringen. Das Tiefeinsteiger-Modell namens 8CHT mit schick im Rahmen integriertem Akku rangiert mit 4.300 Euro allerdings im hochpreisigen Segment.

Ein Topmodell - Das Vitality Eco 14

Wie die e-Bikemanufaktur gehört auch die Marke Kreidler zur Cycle Union, die ebenfalls zum Herbst mit neuen Modellen in hochpreisige Regionen vorstößt, die im Gegenzug mit neuen Bosch-Komponenten auftrumpfen. Gut 3.700 Euro kostet das neue Topmodell der Onroad-Division namens Vitality Eco 14 mit ebenfalls vollintegriertem Stromspeicher im Rahmen-Unterrohr. Der Antrieb kombiniert Bosch-Performance-Motor, Karbon-Riemenantrieb und achtstufige Nexus-Nabenschaltung. Das 22 Kilogramm schwere E-Bike gibt es mit Wave- oder Diamantrahmen. Auch beim E-Mountain-Bike Las Vegas 8.0 setzt Kreidler auf einen 500-Wh-Tube-Akku von Bosch. Das wuchtige Unterrohr trifft am unteren Ende auf einen 75 Newtonmeter starken Performance-CX-Motor ebenfalls von Bosch. Als Neuheit bietet der Antrieb einen eMTB-Modus, der abhängig vom Pedaldruck mit bis zu 300 Prozent der Eigenleistung des Fahrers progressiv unterstützt. Kostenpunkt: 4.5000 Euro.

Viel neues bei den Mountain-Bikes

Die Modellflut ist in diesem Jahr gewaltig. Kaum ein namhafter Hersteller, der nicht ein oder mehrere Modelle mit eingebautem Seilzug anbietet. Scott, Rocky Mountain, Rotwild, KTM – elektrisch getriebene Mountain-Bikes sind derzeit ein großer Trend. Und die Bikes werden technisch immer raffinierter und teurer. Exemplarisch sei das Xduro Dwnhll 10.0 von Haibike genannt. Diese Highend-Enduro bietet Technik vom Feinsten, hat mit 8.000 Euro allerdings auch einen entsprechend stolzen Preis. Für die im Rahmen integrierte Powertube-Batterie hat Haibike einen speziellen Steinschlagschutz entwickelt, der vor Farbabplatzern gewappnet ist. Vorne hilft die Downhillgabel Fox 40 mit 20 Zentimertn Federweg dabei, selbst Extremsprünge gut zu verdauen. Auch die Bremsen und die Kettenschaltung aus der Shimano Saint-Gruppe erlauben knallharte Abfahrt-Action. Wer die gleiche Strecke noch einmal runterbrettern will, muss sich nicht vor der erneuten Auffahrt graulen, denn dank Bosch-Motor geht auch das ziemlich lässig.

Focus nimmt ein E-Trailbike für Kinder ins Programm

Wer künftig auf Mountainbike-Touren seinen Nachwuchs mitnehmen will, kann ab November bei Focus ein E-Trailbike für Kinder bekommen. Für ein Kinderrad ist diese Bergziege mit rund 3.000 Euro zwar sehr hochpreisig, im Gegenzug gibt es aber auch eine durchaus stattliche Ausstattung mit Scheibenbremsen und einer Rock-Shox-Gabel mit 10 Zentimeter Federweg. Angetrieben wird das Bold² Junior von einem Shimano-Steps-E8000-Antrieb mit 250 Watt und 70 Newtonmeter in Kombination mit einem 378-Wh-Akku. Anders als oftmals die Kinder verweigert dieser nicht nach nur wenigen Höhemetern die Weiterfahrt.

E-Lastenräder

Ebenfalls den Nachwuchs im Fokus hat der Klappradspezialist Tern mit dem neuen Lastenrad GSD. Das kompakte Longtail-Bike empfiehlt sich als Alternative für automüde Großstädter, die auch anspruchsvollere Transportaufgaben mit dem Zweirad meistern wollen. Das auf lediglich 20-Zoll kleinen Rädern gestellte Transporttalent hat serienmäßig riesige Transporttaschen und bietet außerdem auf Euro-Boxen zugeschnittene Halterungen vorne und hinten. Alternativ lassen sich auf dem Gepäckträger des auf gut 150 Kilogramm Last ausgelegten E-Bikes zwei Kindersitze befestigen. Damit man trotz des hohen Gewichts flott und weit kommt, gibt es einen Boschantrieb, optional auch mit 1.000-Wh-Batterie. Mit rund 4.000 Euro gehört das GSD zu den höherpreisigen Vertretern seiner Zunft.

Gleiches gilt für das Packster 40 von Riese & Müller. Das E-Lastenrad, das kaum länger als ein normales Pedelec ist, aber zusätzlich eine vielseitig nutzbare, modulare Ladefläche von 40 x 30 Zentimeter bietet. Das am kleinen Vorderrad gefederte Transporttalent mit Bosch-Mittelmotor ist ab rund 4.000 Euro mit 500-Wh-Akku zu haben. Eine zweite Batterie kostet Aufpreis.

Ebenfalls optional mit Batterie-Doppelpack aufrüsten lässt sich auch das Supercharger von Riese & Müller. Das mindestens 4.500 Euro teure gibt es in verschiedenen Varianten. Als Antrieb kommt modellabhängig der Bosch-Mittelmotor Performance CX oder Performance Speed zum Einsatz. Die Version Mountain zum Beispiel verfügt über eine 11-Gang-Kettenschaltung (Shimano XT Deore) und eine Fox-Luftfedergabel. Darüber hinaus stehen alternativ noch ein Automatikgetriebe von Nuvinci oder eine Rohloff-Nabenschaltung mit 14 Gängen jeweils in Kombination mit Gates-Riemenantrieb und hochgezogener Kettenstrebe zur Wahl. Letzteres vereinfacht den Ein- und Ausbau des Riemenantriebs. Als weitere Besonderheit bietet es neben den im Rahmen versteckten Akkus noch ein im Gepäckträger integriertes Faltschloss.

Stadt- und Tourenräder

Einen optischen Höhepunkt im neuen Modelljahr markiert das rund 3.000 Euro teure Winora Sinux iX11. Das Stadt- und Tourenrad präsentiert sich herrlich schnörkellos, fast wie aus dem Vollen gefräst. Mitverantwortlich dafür ist wiederum die im Rahmen untergebrachte Powertube-Batterie, die einen 75 Newtonmeter starken Bosch-Performance-Motor mit Strom versorgt. Zu den Besonderheiten gehören eine Federgabel vorne, ein Packtaschenträger mit integriertem LED-Rücklicht sowie Scheibenbremsen.

Ebenfalls ein feines und mindestens 3.200 Euro teures City-Bike bietet KTM mit dem Macina Gran. Auch hier wurden Powertube-Akku und Performance-Motor verbaut. Letzterer bringt seine Kraft über eine Alfine-Nabenschaltung mit acht Stufen ans Hinterrad. Zur Ausstattung gehören Scheibenbremsen, eine Federgabel, Schutzbleche und eine LED-Lichtanlage. Schick: Der schmale Satteltaschenträger ist mit Schutzblech und Rückleuchte in einem Bauteil zusammengefasst.

Kalkoff kommt mit drei neuen Pedelec-Typen

Gleich drei neue Pedelec-Typen namens Entice, Image und Berleen bringt Kalkhoff auf den Markt. Während bei den Stadt- und Tourenrad-Modellen Entice und Image ebenfalls die neue Bosch-Technik für aufgeräumte Optik sorgt, setzt das City-Bike Berleen dank spartanischer Antriebstechnik auf ein besonders klares Design. Hier wurde ein nur 252-Wattstunden-Akku unsichtbar im Unterrohr untergebracht, der einen kompakten Groove-Go-Hinterradmotor antreibt. 45 Kilometer klingen nach wenig Reichweite, doch das reicht im Alltag, denn das mindestens 2.500 Euro teure Berleen, wie der Name andeutet, ist für den urbanen Nahverkehrseinsatz gedacht.

Ebenfalls mit Powertube-Integration kommen 2018 die Centurion-Pedelecs Lhasa E, E-Fire und E-Fire-Tour vorgefahren. Bei den mindestens 3.150 Euro teuren E-Fire-Varianten handelt es sich um Tourenräder mit Federgabel und Vollausstattung. Das Lhasa (ab 3.950 Euro) ist ein Mountainbike mit Vollfederung und schickem Viergelenk-Hinterbau.

Wer hingegen ein Langstrecken-E-Bike sucht, dem bietet HP Velotechnik mit der Streetmachine Gte ein besonders bequemes und auf Wunsch auch mit hochwertigen Komponenten bestücktes Liegerad. Dieses lässt sich zum Modelljahr 2018 nämlich mit Pinion-Getriebe und einem akustisch kaum wahrnehmbaren Hinterrad-Nabenmotor von Go Swiss Drive kombinieren. Der Kunde kann zudem zwischen einem Netzsitz oder einem Carbon-Schalensitz wählen. Kostenpunkt für die Highend-Version: 6.800 Euro.

In den Kinderschuhen steckt noch die Rennrad-Szene

In fast jedes Fahrrad-Segment ist das E-Bike mittlerweile vorgedrungen. In der Rennrad-Szene macht sich die E-Unterstützung hingegen noch rar. Doch auch das könnte sich ändern, denn Focus hat kürzlich unter dem Namen Project Y die Zukunft des Rennrads präsentiert. Dabei soll das E-Bike die Eigenschaften eines Rennrades weiterhin bieten, jedoch in entscheidenden Situationen mit einem E-Antrieb dem Fahrer auf die Sprünge helfen. Die Rennmaschine mit Carbon-Rahmen soll trotz eines 250-Watt-Mittelmotors und dem im Rahmen 250-Wh-Akku unter 12 Kilogramm wiegen. Ob und wann daraus allerdings Focus entsprechend marktreife Produkte präsentiert, bleibt abzuwarten.