Die Zeiten, als im Kofferraum noch eine Kurbel lag, um bei einem Versagen des Anlassers den Motor anwerfen zu können, sind lange vorbei. Die Zeiten, in denen Hufnägel zu regelmäßigen Reifenschäden führten, ebenfalls. Nach Schätzungen von Experten werden Autofahrer etwa alle 150.000 Kilometer mit einer Reifenpanne konfrontiert. Gemessen an der vom Kraftfahrt-Bundesamt ermittelten durchschnittlichen Jahresfahrleistung von 14.259 Kilometern läge ein außerplanmäßiger Radwechsel somit etwa alle zehn Jahre an. Zwar bleibt die genaue Zahl von Reifenschäden im Dunkeln, doch zumindest sind die Beanstandungen im Bereich Räder, Reifen, Achsen und Aufhängungen bei Hauptuntersuchungen zwischen 2008 und 2014 um ein Drittel zurückgegangen. Rückläufig ist auch der Absatz von Neureifen – noch 2010 wurden 21 Prozent mehr Pneus verkauft als 2015. Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkanisiergewerbe führt dies auf eine geringere Pkw-Fahrleistung bei gleichzeitiger Erhöhung der Laufleistung der Reifen zurück.
Fahrweise beeinflusst Laufleistung
Laut Reifenhandel beträgt die Laufleistung eines Pkw-Pneus etwa zehn Jahre oder 70.000 Kilometer, hängt aber auch von der Fahrweise ab. Forciertes Kurventempo kann durch den verstärkten Abrieb für eine Verringerung der Lebenserwartung auf ein Drittel dieses Wertes sorgen – vor allem auf der Antriebsachse. Zu geringer Luftdruck sorgt für ein verstärktes Walken des Reifens auf der Felge, was die Haltbarkeit senkt und schlimmstenfalls für Reifenplatzer sorgt.
Luftdruck sollte regelmäßig kontrolliert werden
Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang, dass 21 Prozent aller Pkw mit falschem Luftdruck unterwegs sind. Bei jedem zweiten Tankstopp sollten deshalb die Pneus kontrolliert werden. Gift sind auch über- und angefahrene Bordsteine, da hierbei die Karkasse beschädigt werden kann. Beim jahreszeitlich bedingten Radwechsel sollte darauf geachtet werden, dass alle Räder gut ausgewuchtet sind. Nicht benötigte Reifen ohne Felgen sollten aufrecht, Kompakträder liegend in einem dunklen, kühlen und trockenen Raum gelagert werden.
Reifendruckkontrollsysteme warnen rechtzeitig
Wer mit einem Platten liegen bleibt und weder Reserverad noch Pannenkit parat hat, riskiert kein Knöllchen. Auch die Unfallgefahr ist gering: 603 Mal kam es im Jahr 2014 zu einem Pkw-Unfall wegen eines Reifenschadens – knapp 0,2 Prozent aller schweren Unfälle. Für die Zukunft darf man davon ausgehen, dass die Gefahr einer Reifenpanne weiter abnehmen wird. Die seit 1. November 2014 für alle Neuwagen verpflichtenden Reifendruck-Kontrollsysteme (RDKS) warnen rechtzeitig vor schleichendem Plattfuß. Dafür wird beim direkten RDKS der Radwechsel erschwert, chemische Pannensprays dürfen hier nicht verwendet werden.
Reserverad ist ein Auslaufmodell
Fast folgerichtig erscheint, dass immer weniger Neuwagen mit vollwertigen Reserverädern ausgeliefert werden. Stattdessen finden sich Notrad oder Pannenset im Kofferraum. Diese Lösungen sparen zwar Raum und Sprit, dem Sicherheitsbedürfnis vieler Autofahrer werden sie allerdings nicht gerecht. Die Umfrage von ACE LENKRAD im Mai ergab, dass 60 Prozent der Leser nicht auf das fünfte Rad im Wagen verzichten mögen. Bemängelt wurde zudem, dass mit Pannensets ausgestattete Fahrzeuge oft nicht einmal mehr einen Wagenheber umfassen. Wer den Ersatzpneu dabeihat, fühlt sich auf der sicheren Seite – sollte aber auch einen Radwechsel bewerkstelligen können.
Faktisch gesehen ist das Risiko einer Reifenpanne ungleich geringer als ein Versagen der Batterie. Absehbar ist, dass das Reserverad, auf lange Sicht gesehen, das gleiche Schicksal erleiden wird wie die Kurbel. Aber bei einer Panne reicht ja auch ein Anruf beim ACE, um schnell sachkundige Hilfe zu bekommen.