Autonahe Dienstleistungen boomen. Immer öfter gelingt es den Autoverkäufern, zum Liebling auf vier Rädern auch eine Kfz-, Garantie- oder Reparaturversicherung zu verkaufen. Fast drei Millionen zusätzliche Verträge wurden 2017 abgesetzt. Ein Plus von 15 Prozent. „Die Kunden wissen es zu schätzen, wenn sie alle Leistungen rund ums Auto unkompliziert unter einem Dach und aus einer Hand bekommen“, sagt Christian Ruben vom Verband der Banken der Automobilwirtschaft. Die meisten Autohersteller, wie etwa BMW oder der gesamte Volkswagenkonzern, kooperieren mit der Allianz Versicherung. Das gilt ebenso für Opel und auch hinter der sogenannten „Schwedenversicherung“ steckt in Wahrheit die deutsche Allianz aus München. Demgegenüber kooperiert Mazda mit der Alte Leipziger und Mercedes mit dem HDI.
Hersteller werben mit günstiger Versicherung
Risikoträger der Toyota-Autoversicherung ist die japanische Aioi. Da ist es schon recht peinlich, dass ein Berliner Toyota-Händler dem ACE-Mitglied Wilfried Schmook auf seine Frage, warum der Auris Hybrid in der Versicherung plötzlich deutlich teurer wurde, antwortet: „Wir verkaufen Autos und keine Versicherungen.“ Das ist fast schon frech. Denn Versicherungskompetenz dürfte bei Toyota deutlich vorhanden sein. So wirbt der Hersteller gerade bei der Finanzierung eines Aygo mit der „Null-Euro-Versicherung“ für Fahrer über 23 Jahre. Wer jünger ist, muss monatlich 29,90 Euro zahlen. Auch Opel hat für die Modelle Adam und Corsa eine Versicherungs-Flatrate von 24,90 Euro pro Monat im Angebot.
Günstige Versicherung mit Haken
Doch Vorsicht! Hier wird nichts verschenkt. Die Rabattierung der Versicherung wird oft durch eine höhere Abzahlungsrate gegenfinanziert. Kunden sollten daher fragen, was das Auto ohne Versicherung kostet. Bei Toyota und Opel sieht man übrigens schon auf den ersten Blick einen Haken: Die Selbstbeteiligung in der Vollkasko beträgt nicht wie meist üblich 300, sondern 500 Euro.
Wer sich von seinem Händler bei einem angeblichen Versicherungsschnäppchen alle Leistungen und Konditionen – übersichtlich – nennen lässt, kann das Angebot gegenchecken. Das ist über Vergleichsrechner im Internet ziemlich gut möglich. So können die Tarife leistungsmäßig „nachgebaut“ werden. Das haben wir beispielhaft für einen Volkswagen Tiguan (zur Übersichtstabelle/pdf) und einen Mercedes B 160 (zur Übersichtstabelle/pdf) gemacht.
Günstigere Versicherungen am freien Markt
Die Ergebnisse sind überraschend. In beiden Fällen kann man günstigere Versicherungen finden. Vor allem der Tarif der VW-Versicherung ist extrem teuer. Am Markt gibt es tatsächlich für die Hälfte der Jahresprämie eine deutlich bessere Versicherungsleistung. „Das Beispiel spiegelt die großen Preisunterschiede am Kfz-Versicherungsmarkt wider“, stellt Ivana Höltring von der Nafi-Unternehmensberatung aus Höxter fest. Versicherungsangebote von anderen Kfz-Herstellern müssen aber nicht schlecht sein, auch wenn ebenfalls die Allianz dahintersteckt. Die Assekuranz bietet sehr unterschiedliche Tarife an. Vollkommen ungeeignet für Neufahrzeuge ist im Musterbeispiel etwa die Kaufwertentschädigung, die nur sechs Monate lang leistet.
Bei der zweiten Musterversicherung beim Mercedes-Autohaus können umfassende Versicherungsleistungen abgerufen werden. Vielleicht ist hier das Leistungsangebot sogar schon etwas zu hoch – das macht den Tarif natürlich teuer. Das gilt etwa für eine Wertminderung von fünf Prozent nach einem Kaskoschaden. Diese Leistung, die nur dann fällig wird, wenn die Reparatur 1500 Euro übersteigt, kann keiner der ausgewählten Vergleichstarife ausweisen. Andere Mehrleistungen der von Mercedes angebotenen Versicherung sind hingegen eher „Kinkerlitzchen“, also eigentlich unnötig. Das gilt beispielsweise für die Mehrkosten bei Glasbruch. Hier bekommen Mercedes-Besitzer, die sich über ihren Hersteller versichern, die Reinigung und die Lampen ersetzt.
Viele Leistungen sind unnötig
Weitere Leistungen sind für bestimmte Kunden einfach nur unnötig. Das gilt etwa für die Eigenschadenversicherung. Sie ist nur dann sinnvoll, wenn es mehrere Fahrzeuge im Haushalt gibt, mit denen man sich gegenseitig schädigen kann. Die Gefahr von Lawinen ist gering und gegen Dachlawinen kann man sich selbst schützen, indem man das Auto im Winter möglichst nicht direkt unter Häusern parkt.
Wichtigen Mindestschutz bieten aber im Vergleich zur Versicherung vom Mercedes- Autohaus alle Tarife vom freien Markt. So ist die unerlässliche Kfz-Haftpflichtversicherung mit 15 bis 16 Millionen Euro pro geschädigtem Verkehrsteilnehmer und 100 Millionen pauschal für Sach- und Vermögensschäden absolut ausreichend dimensioniert. Zudem enthalten alle Angebote die sogenannte Mallorca-Police. Damit ist der Autofahrer abgesichert, wenn er im Ausland einen Mietwagen mit geringen Versicherungssummen fährt. Im Kaskobereich gilt die weitgehende Mitversicherung der groben Fahrlässigkeit als notwendiger Standard und wichtigste Leistung. Wer beispielsweise einen schweren Fehler macht und bei Rot über eine Ampel fährt und einen schweren Unfall verursacht, erhält seinen Vollkaskoschaden in vollem Umfang ersetzt. Allein wer betrunken oder unter Drogen einen Schaden verursacht oder Diebe an der Tankstelle mit laufendem Motor einlädt, muss immer – auch bei der Mercedes-Versicherung – mit Abzügen rechnen. Zentrale Leistung im Kaskobereich ist zudem die umfassende Absicherung einer Tierkollision und eine lange Kaufpreisentschädigungsfrist. Hier ist der Tarif der HUK24, Classic Kasko plus, dem Autohausangebot deutlich überlegen. Demgegenüber ist der Fahrerschutz – der die gefährliche Lücke eines Personenschadens des Lenkers schließt – der DA direkt mit 200.000 Euro wenig geeignet.
Restschuldversicherungen sind unnötig
Wer also die Versicherung vom Autohaus nicht überprüft, kann kräftig draufzahlen. Grundsätzlich die Finger lassen sollten Autofahrer übrigens von Restschuldversicherungen, die die Ratenzahlung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Tod übernehmen. Diese Policen sind in der Regel einfach nur teuer. Restschuldversicherungen dürfen auch nicht an die Vergabe von Krediten geknüpft werden. Besser ist es grundsätzlich, ein etwas kleineres Fahrzeugmodell zu finanzieren, um bei Engpässen im Haushaltsbudget nicht mit den Ratenzahlungen in die Bredouille zu geraten. Ehepartner oder Familien sollten sowieso immer separat vom Autokauf eine Risikolebensversicherung abschließen, um im Ernstfall den überlebenden Partner abzusichern. Dann wird das Notwendige deutlich günstiger.