28.09.2018

Teures Bayern

Wie viel die Autoversicherung kostet, hängt von den Typ- und Regionalklassen ab, die einmal im Jahr neu festgelegt werden. ACE LENKRAD hat sich die Zahlen genau angeschaut.

Autofahrer in Bayern und im Ruhrgebiet müssen bei der Autoversicherung mehr bezahlen als andere Autofahrer. Der Grund: Hier passieren deutlich mehr Unfälle als im Bundesdurchschnitt. Das geht aus der neuen Regionalstatistik hervor, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) als Grundlage für die neuen Haftpflicht- und Kaskoklassen heranzieht. Von den 28 Zulassungsbezirken, die in der Autohaftpflicht in die höchsten Klassen eingestuft sind, entfallen allein zwölf auf Bayern und acht auf Nordrhein-Westfalen. Hier vor allem auf Städte aus dem Ruhrgebiet.

Berliner zahlen 55 Prozent mehr

Berlin ist sogar in der Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung in der höchsten und damit teuersten Klasse eingestuft. Daher zahlen Berliner, die ihr Auto umfassend versichern, allein aufgrund der hohen Regionaleinstufung nach einer Musterrechnung rund 55 Prozent mehr Prämie als im günstigsten Zulassungsbezirk Nordhausen in Thüringen. Verglichen mit einem Durchschnittszulassungsbezirk, wie ihn Germersheim in Rheinland-Pfalz darstellt, müssen die Berliner immer noch einen 35 Prozent höheren Beitrag leisten.

Regionalstatistik der Autoversicherer ist umstritten

Die Regionalstatistik der Autoversicherer ist nicht unumstritten. So werden auch Unfälle, die Autobesitzer in einer anderen Region machen, immer dem heimischen Zulassungsbezirk zugeschlagen. „Das ist der Unterschied der Versicherungsstatistik zur polizeilichen Statistik“, erläutert Kathrin Jarosch vom GDV.

Die Experten haben festgestellt, dass die meisten Autofahrer sich überwiegend in ihrem Zulassungsbezirk bewegen. Sie wären daher meist dem dort herrschenden Unfallrisiko ausgesetzt. Die Versicherungsprämie wäre somit gerecht. Hohe Unfallraten entstehen aber meist dort, wo die Straßen stark belastet sind – auch durch Tourismus, wie in Bayern. Die Autofahrer zahlen somit über die Autoversicherung auch die Zeche für eine schlechte Infrastruktur. Auf dem Land, wo es wenig Verkehr gibt, ist die Unfallgefahr automatisch geringer und die Autoversicherung günstiger.

Einmal im Jahr werden die Typ- und Regionalklassen angepasst

Jährlich analysiert der GDV die Veränderungen der Schäden. Fallen sie sehr stark aus, gibt es eine Umstufung in eine höhere oder niedrigere Risikoklasse. Die Veränderungen fallen in diesem Jahr aber moderat aus. Nur in einem Fall, dem Zulassungsbezirk Berchtesgadener Land, „springt“ die neue Klasse über zwei Stufen. Die bayerische Region wird in der Autohaftpflichtversicherung um zwei Klassen günstiger. Viel günstiger werden zudem die Zulassungsbezirke Starnberg, Rosenheim, Dresden, Freising, Tuttlingen, Waldeck-Frankenberg und Bitburg-Prüm. Das liegt daran, dass sie sich in der Autohaftpflicht- und der Vollkaskoversicherung jeweils um eine Stufe verbessern. Demgegenüber müssen die Autofahrer in Hannover, Wetzlar und Lübeck deutlich tiefer in die Tasche greifen. Hier werden beide Versicherungssparten um eine Klasse teurer.

Doch es kann noch dicker kommen. Auch viele Fahrzeugmodelle werden vom GDV neu eingestuft. Entscheidend für die Typklasse in der Kfz-Haftpflichtversicherung sind in erster Linie die Fahrzeugart und die Fahrweise der Nutzer. Wer ein „Rowdy-Auto“ fährt, muss – auch wenn er selbst unfallfrei und ohne Knöllchen unterwegs ist – mit für andere blechen. In der Kaskoversicherung werden neben Verkehrsunfällen auch Autodiebstähle, Fahrzeugbrände oder Glasschäden bei der Einstufung in die Typklasse berücksichtigt. Autofahrer, bei denen Regional- und Typklasse steigen, sind echte Pechvögel.

Günstige Preisentwicklung bei der Kfz-Versicherung

Insgesamt können sich aber die meisten Autofahrer entspannt zurücklehnen. Denn der Wettbewerb zwischen den Autoversicherern nimmt wieder Fahrt auf. Im Frühjahr hatte bereits die HUK-Coburg ihre Prämien gesenkt. Im Oktober könnte der Marktführer nochmals „nach unten“ nachlegen. Viele Versicherer dürften folgen. An der günstigeren Preisentwicklung im Neugeschäft können die Kunden aber in der Regel nur teilhaben, wenn sie den Tarif und den Versicherer wechseln. Derzeit gibt es ein großes Preisgefälle zwischen den Anbietern. Regulär – auch ohne Beitragserhöhung – können Kfz-Besitzer noch bis zum 30. November aus ihrer Autoversicherung aussteigen und sich einen günstigeren Anbieter suchen.

Möglich ist es zudem, die Versicherung sinnvoll abzuspecken. Für Fahrzeuge, die mehr als vier Jahre auf dem Buckel haben, kann die Vollkaskoversicherung in einen deutlich günstigeren Teilkaskoschutz umgewandelt werden. Sehr viel können Autofahrer dabei sparen, wenn sie noch nicht in einer hohen Schadenfreiheitsrabattklasse angekommen sind. Denn während die Prämie bei der Vollkasko durch schadenfreies Fahren immer stärker rabattiert wird, gilt das bei der Teilkaskoprämie nicht. Wer von Vollkasko auf Teilkasko umsteigt, genießt weiterhin Schutz gegen Diebstahl, Brand, Hagel, Sturm oder Überschwemmung sowie gegen Tierkollisionen und Glasbruch.

Beitragsnachlass bei Telematik-Tarifen

Telematik-Tarife sind derzeit in Mode. Wer seinen Fahrstil kontrollieren lässt, genießt Vorteile. Wer „gut“ fährt, kann einen ordentlichen Beitragsnachlass erhalten. Der Höchstrabatt, der je nach Anbieter zwischen 15 und 37 Prozent schwankt, ist aber meist nicht drin. Grund: Nachtfahrten werden in der Regel negativ bewertet. Und leider kann man sich ja oft nicht aussuchen, wann man unterwegs ist. Neu sind sogenannte Kilometertarife. Im Gegensatz zu herkömmlichen Tarifen erfolgt hier die Abrechnung exakt nach der Fahrleistung. Wer wenig fährt, kann sparen.

Typ- und Regionalklassen: Alle Infos per Mausklick abrufbar

In der Kfz-Haftpflichtversicherung gibt es 16 Typklassen (10–25), in der Vollkaskoversicherung 25 (10–34), in der Teilkasko 24 (10–33). Je höher die Typklasse, desto teurer die Kfz-Versicherung. Das gilt auch für die Regionalklassen. Für die Haftpflicht gibt es 12, die Teilkasko 16 und die Vollkasko 9 Regional-Klassen. Eine Übersicht über alle Umstufungen in den Flächenstaaten – mit Ausnahme von Bremen (unverändert), Berlin (unverändert) und Hamburg (Vollkasko eine Klasse teurer) – finden Sie hier.

Regionalklassen Baden-Württemberg

Regionalklassen Bayern

Regionalklassen Brandenburg

Regionalklassen Hessen

Regionalklassen Mecklenburg-Vorpommern

Regionalklassen Niedersachsen

Regionalklassen Nordrhein-Westfalen

Regionalklassen Rheinland-Pfalz

Regionalklassen Saarland

Regionalklassen Sachsen

Regionalklassen Sachsen-Anhalt

Regionalklassen Schleswig-Holstein

Regionalklassen Thüringen