Hier ein Knöpfchen, dort ein Schalterchen und woanders ein Hebelchen. Toll, was der Neue kann, selbst Einparken ist kein Problem mehr – das macht er von ganz allein. Parklücke gefunden und ausprobiert: Knöpfchen drücken, Lenkrad loslassen, Gas geben. Vorwärts und rückwärts fahren. Ergebnis: Mein Auto steht schief. Wie peinlich! Offensichtlich bringt mir das Brimborium an der Mittelkonsole nicht allzu viel, oder mache ich was falsch?
Routinierte Fahrer kehren zur Fahrschule zurück
Klarheit schafft in solchen Fällen der Blick ins Handbuch. Aber wenn die Anleitung zu komplex formuliert ist, was dann? Neuerdings wenden sich Ratsuchende vermehrt an die Fahrschulen. Bei Übungsstunden wird dem eigenen Auto auf den Zahn gefühlt: „Bisher ist es ein erster Trend, aber die Nachfrage besteht und wird ernst genommen“, sagt Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg. „Es geht über eine Fahrausbildung hinaus“, so Klima und fährt fort: „Ich habe erst kürzlich eine ältere Dame gecoacht, die sich mit dem Einparken schwertat. Sie wusste nicht, dass ihr Auto eine Einparkhilfe hatte.“ Auch Kameras mit Rundumsicht können körperliche Gebrechen ausgleichen, erläutert der Fahrlehrer. So etwas kann Chancen mit sich bringen auch für Personen mit Handicaps.
Fahrassistenten bergen Chancen, aber auch Risiken
Moderne Assistenzsysteme unterstützen, sie können aber auch das Gegenteil bewirken. Sie gehen vielen Fahrern auch auf die Nerven oder erschrecken sie im schlimmsten Fall. Etwa wenn das Notsystem plötzlich aktiviert ist, obwohl der Mensch am Steuer die Situation unter Kontrolle behält. Blinkt und piepst es urplötzlich von allen Seiten, reagiert der Fahrer dann ohne ersichtlichen Grund mit einem Tritt auf die Bremse. Folge: Die Helferlein werden abgeschaltet. Lkw-Fahrer können ein Lied davon singen – bei jedem knappen Überholmanöver bremst ihr aktiver Tempomat das tonnenschwere Fahrzeug ab, um wieder den Sicherheitsabstand herzustellen. Für die Fahrer lästig – also schalten manche Brummifahrer ihn ab, mit schweren Folgen. Der ACE fordert, dass, im Hinblick auf schwächere Verkehrsteilnehmer, wie Fußgänger und Radfahrende, Assistenzsysteme vollumfänglich genutzt werden sollen . Außerdem soll sich die Bundesregierung weiterhin dafür einsetzen, dass Notbremsassistenten von Lkw und Bussen vollständig zum Stillstand führen und nicht dauerhaft ausgeschaltet werden können. Zusätzlich sollen sie mit Abbiegeassistenten ausgestattet werden.
Viele Assistenzsyssteme sind bereits serienmäßig und bringen den Händlern Profit
Wenn Autokäufer von Assistenzsystemen wie Abstandsregler oder Einparkhilfe diese also nicht nutzen, warum kaufen sie sie überhaupt? Werden sie von den Verkäufern zu schlecht beraten? Laut Ansgar Klein, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands Freier Kfz-Händler, liegt es nicht daran, dass die Verkäufer zu wenig Zeit für ihre Kunden aufbringen: Klein sieht vielmehr das Problem bei den Kunden. „Nur bei einem Neuwagen kann ich mir meine Ausstattung selbst zusammenstellen. Und die meisten Assistenzsysteme sind serienmäßig.“ Der Käufer kann sich also gar nicht für oder gegen ein System oder eine Funktion entscheiden. Klein räumt ein, dass die Provision bei den Verkäufern eine zusätzliche Rolle spielt. Je mehr Ausstattung das neue Fahrzeugmodell hat, umso mehr verdienen die Verkäufer daran.
Der Trend geht wieder zur Übersichtlichkeit
In den letzten Jahren haben die Automobilhersteller erkannt, dass sie ihren Kunden vielleicht etwas zu viel Brimborium am Armaturenbrett zugemutet haben. Um alle Funktionen mit Selbstverständlichkeit nutzen zu können, gehört es dazu, dass man das Innere eines Autos so intuitiv wie möglich ausstattet. Keiner sucht gerne lange nach einer Funktion, man möchte sich reinsetzen und losfahren. Christoph Oemisch, Sprecher Sales und Marketing bei Volkswagen in Wolfsburg, bestätigt, dass Hersteller inzwischen wieder viel Wert darauf legen, ein Cockpit übersichtlich zu gestalten, „sodass der Fahrer sich schnell zurechtfindet. Bei unserem neuen vollelektrischen ID.3 arbeiten wir mit deutlich weniger Tasten. Touch- und Sprachbedienung stehen im Vordergrund.“ Ob kinderleicht oder technisch anspruchsvoll – am Ende steht die Lebensweisheit von Fahrlehrer Klima: „Beim Autofahren gilt es ein Leben lang zu lernen.“
Ihre Meinung ist gefragt!
Gibt es in Ihrem Auto Assistenzsysteme, die Sie gar nicht nutzen? Diese Frage haben wir unseren Lesern gestellt. Die Antworten: Albert Schäfer räumt ein, er hätte einiges an Sicherheitssystemen an Bord, kenne aber nicht alle Funktionen. Friedrich Hagemann schreibt sogar, dass ihm das „eingebaute System“ zu kompliziert sei. Anders als von den Autokonzernen angedacht, erleichtert bei Erika Stengel keine der neuen Funktionen ihren Fahreralltag. Und Karl-Heinz Jürgenpott findet seinen Spurhalteassistenten nervig und die Einparkhilfe hält er schlichtweg für unnötig. Bei unserer Facebook-Umfrage meinten 44 Personen, dass sie nicht alle Funktionen im Auto kennen und/oder benötigen. Dagegen fühlen sich 118 Personen als Profi im eigenen Auto und kennen alle Funktionen.
Haben Sie auch schon kuriose Erfahrungen mit Ihrem Auto gemacht? Schreiben Sie uns!