Die klassische Limousine ist angesichts der vielen Nischen- und Crossover-Modelle ein wohltuend schlichter Entwurf, geprägt von horizontalen Linien und klarer Aufgabenverteilung: Vorne unter der Motorhaube sitzt der Antrieb, hinten unter dem Kofferraumdeckel lagert unsichtbar das Gepäck, dazwischen bleibt Raum für vier Türen und mindestens ebenso viele Insassen. Die Firmen Audi und Jaguar sind Spezialisten auf diesem Gebiet. Stets gab es von diesen beiden Herstellern Limousinen, bis in die 70er-Jahre hinein sogar fast ausschließlich.
Preise von A4 und XE auf einem Niveau
Audi bietet das klassische Format bis hinunter in die Kompaktklasse an, der A3 spielt als Limousine jedoch nur eine krasse Außenseiterrolle. Ganz anders sieht das in der Mittelklasse mit dem A4 aus. Auch wenn hier der Kombi-Anteil sehr hoch ist, ist der Viertürer aus der Preisliste einfach nicht wegzudenken.
Diese Liste beginnt bei etwas über 30.000 Euro für einen "nackten" A4 mit 1,4-l-Benziner mit 150 PS. Soll es ein Diesel sein, sind mindestens 35.050 Euro fällig, eine Kelle mehr Leistung (190 statt 150 PS) – schon sind es 38.100 Euro. Wohlgemerkt noch ohne Griff in die prallgefüllte Wunderkiste der Sonderausstattungen.
Bei Jaguar gibt man sich auf dem Papier nicht weniger selbstbewußt: Die moderne, mit gewissem Nationalstolz vollständig neu entwickelte "kleine" Limousine startet bei nicht weniger als 36.450 Euro. Dafür gibt es einen 2-l-Vierzylinder-Benziner mit 200 PS. Oder für 350 Euro mehr den 180 PS starken Ingenium-Diesel. Alle Motoren übertragen ihre Kraft an die Hinterachse, der 180-PS-Diesel kann auch mit Allradantrieb geordert werden. Eine Achtgang-Automatik kostet 2500 Euro Aufpreis.
Verschiedene Motoren – mit oder ohne Allradantrieb
Auch bei Audi gibt es natürlich den Allradantrieb für verschiedene Motorisierungen, Preise dafür stehen beim brandneuen A4 des Jahrganges 2016 aber noch nicht fest. Die Siebengang-S tronic, ein automatisiertes Schaltgetriebe mit erweitertem Funktionsumfang, kostet 2300 Euro Aufpreis. Der rote Testwagen hat nur ein herkömmliches Schaltgetriebe, dafür aber zahlreiche andere Ex-tras, die den Preis letztendlich auf die schwindelerregende Höhe von 56540 Euro treiben. Mit an Bord: der 54-l-Tank, der kostenlos, aber optional den lächerlich kleinen 40-l-Tank ersetzt. Was diese Albernheit soll? Nun ja, das Leergewicht wird nach der Richtlinie 92/21/EWG mit Fahrer 68 Kilo, sieben Kilo Gepäck und zu 90 Prozent gefülltem Tank gemessen. 36 oder 50,5 Kilo Sprit, die zum Leergewicht zählen, unterstützen die Leichtbaubemühungen auf sehr billige Art und Weise. Solche Dinge hat Jaguar nicht nötig, obwohl auch hier das Thema Leichtbau in den Vordergrund gestellt wird. Durch die großzügige Verwendung von Aluminium im Rohbau und trotz 56 Liter Dieseltank wiegt der XE auch nur 40 Kilo mehr auf dem Papier als der Audi mit seinem winzigen Serientank.
Qualitätsunterschiede beim Interieur
Wesentlicher dürfte sein, wie sich diese beiden Autos anfühlen. Der Jaguar empfängt mit tabakbraunen Ledersitzen, die auch groß gewachsenen Menschen gut passen. Der Einstieg hinten ist ein wenig beschwerlich. Wie in der Silhouette zu erkennen, reicht der Türausschnitt bis über das Hinterrad – in einem Bereich, in dem das Dach schon Richtung Heckdeckel abfällt. Beim genauen Hinsehen gibt es ein weiteres Manko: Mangels äußerer Türdichtung verschmutzen der Schweller und der breite Einstieg bei Schmuddelwetter sehr stark – in der Folge die Kleidung.
Der Audi gibt sich in dieser Hinsicht durchdachter und verbindlicher. Ob Türgriffe, Schalter oder Hebel – jedes Klicken und Rasten lässt ein Streben nach Perfektion im Detail erkennen. Dazu gehören dann natürlich auch doppelte Türdichtungen, die den Schwellerbereich sauber halten. Der Jaguar hält mit seinem Katzenemblem und ausfahrendem Drehknopf für die Gangwahl tapfer dagegen. Doch der Kostendruck ist deutlich zu spüren, an einigen Stellen leider auch zu sehen: Einige Verkleidungsteile passen nicht richtig und so mancher Hebel hat schon im Neuzustand etwas Spiel. Schade.
Der Audi beeindruckt mit einem hochauflösenden Bildschirm
Nach dem Einschalten der Zündung stiehlt der Audi-Testwagen dem Jaguar dann die Show: Die hochauflösenden Bildschirme und eine Google-Earth-Ansicht hinter dem Lenkrad lassen die Instrumentierung im Jaguar im direkten Vergleich mächtig alt aussehen. Und so geht es auch beim Fahren munter weiter: Das Matrix-LED-Licht im Audi macht die Nacht zum Tag, das Xenon-Licht des Jaguar ist nicht schlecht, aber eben nicht mehr Stand der Technik. Das in seiner Charakteristik verstellbare Fahrwerk des Audi erlaubt ein Fahrgefühl zwischen sanft nachwippend und sportlich stramm. Das alles kostet natürlich Aufpreis.Der Jaguar gibt sich bei langsamer Fahrt mit seinen optionalen 18-Zoll-Rädern grundsätzlich sehr hölzern, bietet mit seinem Heckantrieb jedoch viel Fahrdynamik auf kurvigen Strecken.
Jaguar-Antrieb mit Achtgang-Automatik
Eher von der rustikalen Art ist das Laufgeräusch des Diesel im englischen Wagen, das so gar nichts von katzenhaftem Schnurren an sich hat. Die Achtgang-Automatik versucht die Drehzahlen niedrig zu halten und schaltet zügig und ruckfrei – aber auch viel häufiger, als es bei der Durchzugskraft von 430 Nm ab 1750 Touren eigentlich nötig wäre. Diese akustische und dynamische Unruhe passt nicht so recht zu den tradierten Erwartungen an eine Limousine von Jaguar.
Fazit
Der Audi wird dem technikverliebten Ruf der Marke gerecht, erweckt aber in Teilen den Eindruck eines nüchternen, chirurgischen Instruments. Das muss man mögen, genauso wie das weniger perfekte, aber individuelle Wesen eines Jaguar. Die gute Botschaft ist: Ob mit Katze oder vier Ringen am Grill, die Limousine lebt!