„Ein bequemer Cruiser für Stadt und Land, hetzen lässt er sich aber nicht“ – so steht es nach einer 1000-Kilometer-Fahrt Richtung Südfrankreich im Dauertest-Tagebuch. Und fasst unsere Eindrücke nach knapp einem Jahr ganz gut zusammen. Vor allem weil noch der Nachsatz kommt: „doch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und der Hybrid bringt sich unauffällig ein, so macht Sparen Spaß!“
Der Platz für Gepäck ist knapp
Dabei war der Anfang nicht ganz einfach: In unserem Fuhrpark musste der Niro das Erbe des BMW 2er Gran Tourer antreten – einem cleveren Familienvan mit großer Variabilität und viel Stauraum. Und genau beim Thema Stauraum hagelte es die erste Kritik: Denn obwohl es sich um ein optisch gelungenes und durchaus erwachsen wirkendes Crossover handelt: der Kofferraum kann mit dem, was die äußere Mischung aus Kombi und Kompakt-SUV verspricht, nicht mithalten. Kaum war beispielsweise ein Kinderwagen eingeladen, musste das restliche Reiseequipment wie bei Tetris sortiert und immer wieder neu geordnet werden. Das liegt einerseits an den Radkästen, die links und rechts weit in den Gepäckraum ragen. Hier fordern eben lange 2,70 Meter Radstand und nur 4,36 Meter Gesamtlänge ihren Tribut. Andererseits raubt noch die Lautsprecher-Box des JBL-Soundsystems weiteren Stauraum. Die ist zwar gut für den Klang, der in allen Situationen überzeugt, schlecht aber für das Gepäck. Weil bei uns außerdem noch der doppelte Boden verbaut war, blieben so nur etwas mickrige 382 Liter Stauraum. Die reichen zwar in der Regel im Alltag, doch eine vierköpfige Familie muss sich schon arg einschränken. Ein Familienvan wird aus dem Crossover also nicht, auch weil beispielsweise ein Gepäcknetz für den Kofferraum fehlt, das Gepäck also nicht bis unter das Dach gestapelt werden kann. Schade, hier hat Kia eine Chance vertan, denn gerade familientaugliche Autos mit Hybridantrieb gibt es bisher nur wenige.
Das klar strukturierte Cockpit macht die Bedienung einfach
Doch die Haupt-Zielgruppe für den Niro sind wohl eher nicht die jungen Familien, sondern umweltbewusste Autofahrer, die sehr viel Wert auf einen niedrigen Verbrauch, einen angemessenen Kaufpreis und eine ordentliche Ausstattung legen – das zeigt übrigens auch unsere Umfrage (siehe unten) – und das erfüllt er auch. Viele der Niro-Besitzer unter den ACE-Mitgliedern sind Kia-Neueinsteiger – und werden sich schnell zurecht finden. Denn das Cockpit ist klar gegliedert – jede Funktion hat einen eigenen Knopf: Das kam zwar nicht bei allen Testern gut an, denn insgesamt verstreuen sich so eine Vielzahl an Knöpfen und Schaltern im Innenraum. Doch so intuitiv wie im Niro lässt sich kaum ein anderes Auto bedienen. Schnell wechselt man von Telefonbuch zu Navigation, stellt die Klimaanlage ein und dreht das Radio leiser. Dabei reagiert das acht Zoll (entspricht etwa 20 Zentimeter) große und jederzeit gut ablesbare Display schnell und präzise auf Fingerdruck. Voll des Lobes waren unsere Tester auch hinsichtlich der Verarbeitungsqualität. Lenkrad, Sitze, Teppiche und Co. sind solide verarbeitet, nach 35.000 Kilometern zeigen sich nur am Fahrersitz ein paar Falten. Doch mit ein bisschen Pflege sieht das Auto wieder aus wie ein Neuwagen.
Eher Gleiter denn Sportler
Der hohe Qualitätseindruck spiegelt sich auch bei den Fahreindrücken wider: Insbesondere im Stadtverkehr und bei Geschwindigkeiten bis 120 Kilometern pro Stunde kann der Niro überzeugen. Dann unterstützt der Elektromotor mit sattem Drehmoment (170 Nm), die Sechsgang-Automatik mit Doppelkupplungsgetriebe schaltet präzise und der Verbrauch pendelt sich unter fünf Liter Super pro 100 Kilometer ein. Gullydeckel und Kopfsteinpflaster schluckt das Fahrwerk allerdings nicht perfekt, dann poltert es an der Vorderachse. Aber das ist einerseits Jammern auf hohem Niveau, andererseits auch den 18 Zoll großen Leichtmetallfelgen geschuldet. Die serienmäßigen 16-Zöller sehen zwar nicht ganz so beeindruckend aus. Dafür rollen sie komfortabler ab und der Verbrauch sinkt deutlich. Dass ihm mehr das Cruisen als das sportliche Fahren liegt, merkt man auch auf hügeligen Landstraßen. Dafür ist der 1,6-Liter-Direkteinspritzer schlicht nicht ausgelegt, denn er soll sparen, nicht spurten. Auch die Automatik ist bei der Gangwahl im Sport-Modus dann manchmal etwas überfordert. Zum Überholen auf der Landstraße hat er aber jederzeit genügend Reserven, verbraucht selbst bei zügiger Fahrweise nicht mehr als 8,7 Liter Super.
Hohe Spritersparnis durch den Elektromotor und sanfte Fahrweise
Wer den Niro jedoch wie einen x-beliebigen Benziner oder Diesel fährt, hat ihn auch nicht verstanden. Das kann man zwar machen, doch dann ist der Niro eben nicht sonderlich sparsam und der Verbrauch pendelt sich um die sechs Liter ein. Wer dagegen die Rekuperation nutzt, früh ausrollen lässt, sanft beschleunigt und den Elektromotor bewusst einsetzt, der kommt auch mit deutlich unter fünf Litern auf hundert Kilometern aus. Der Ehrgeiz ist schnell geweckt und der Fahrer darf sich jedes Mal freuen, wenn auf der Landstraße der E-Motor anspringt und der Niro für einige Kilometer komplett emissionsfrei sanft dahin gleitet. Schön wäre es, wenn es, eine Möglichkeit gäbe, den Niro per Knopfdruck im Elektro-Modus zu fahren. Denn beim konventionellen Hybrid springt der Benzin-Motor noch zu häufig an – oft schon direkt beim Anrollen, vor allem auch dann, wenn Heizung oder Klimaanlage benötigt werden. Aber eins ist klar: Am besten gefällt ihm das Reisetempo zwischen 80 und 120 km/h, dann kommt die Besatzung komfortabel und entspannt an. Denn, dem langen Radstand sei Dank, im Niro reist es sich bequem: Vier ausgewachsene Mitfahrer passen problemlos rein – auch hinten ist die Beinfreiheit üppig, die Sitzposition gut. Leider sind die Sitze hinten nicht sonderlich bequem und rundum fehlt der Seitenhalt – da wären wir wieder beim Gleiter statt Sportler.
Die Investition in höhere Ausstattungsvarianten lohnt sich
Ausgewählt hatten wir die Ausstattungsvariante Spirit (ab 31.290 Euro). Also nahezu „volle Hütte“. Für den Testalltag ist das wichtig, denn nur so können wir einen Eindruck davon gewinnen, welche Extras notwendig sind und ob diese im Alltag funktionieren. Eine ganz klare Empfehlung können wir beispielsweise für die Rückfahrkamera aussprechen: Das Bild ist scharf und klar auf dem Display zu sehen. Ab Ausstattungsvariante Vision (ab 28.590 Euro) ist sie Serie. Daumen hoch auch für das acht Zoll große Display. Dazu war das Advanced-Driving-Assistance-Paket verbaut, unter anderem mit Notbremsassistent und Spurwechselassistent (Aufpreis: 1290 Euro). Gerade der Spurwechselassistent war uns allerdings häufig zu sensibel. Egal ob in der Stadt oder auf dem Land, wer den Blinker setzt, wird zu oft durch hektisches Piepsen gewarnt. Gerade im Stadtverkehr zur Rushhour stört das und führt entweder dazu, dass wir den Spurwechselassistenten deaktiviert oder ignoriert haben – sicher nicht das, wofür man sein Geld ausgeben möchte. Android Auto und Apple CarPlay zählen heute zum guten Ton – und sind natürlich an Bord. Praktisch: die Spracheingabe funktioniert per Knopfdruck am Lenkrad. Genau so sollte es bei allen Herstellern funktionieren. Beim Navi wirkten die Verkehrsinformationen zwar manchmal etwas veraltet, doch insgesamt gefällt das Infotainment-Angebot.
Ab Modelljahr 2019 mit Partikelfilter und Euro 6d-TEMP
Fazit: Mit zunehmender Dauer in unserem Fuhrpark hat der Niro uns immer besser gefallen und immer mehr Tester für sich gewinnen können. Auch unter den ACE LENKRAD-Lesern und im Internet hat er eine große Fangemeinde, denn er bietet viel Auto und moderne, einfach zu nutzende Technik für einen günstigen Einstiegspreis.
Kaufinteressenten sollten darauf achten, dass sie ein Fahrzeug aus dem Modelljahr 2019 ergattern, denn erst dann hat er einen Partikelfilter und die strenge Abgasnorm Euro 6d-TEMP.
Technische Daten Kia Niro 1.6 GDI (pdf)
Der Kia Niro 1.6 GDI im Leserurteil
Diese Schulnoten gaben die Leser
Ausstattung 1,4 | Fahrverhalten 1,6 | Geräusch 1,8 | Komfort 1,5 | Kundendienst 1,7 |
MOTOR 1,9 | UNTERHALT 1,6 | VERARBEITUNG 1,6 | VERBRAUCH 1,4 | ZUVERLÄSSIGKEIT 1,2 |
Leserurteil: „Das beste Auto, das ich je hatte!“
Kia Niro-Fahrer unter den ACE LENKRAD-Lesern sind sehr umweltbewusst und auf den Verbrauch bedacht. Nicht nur beim Benzinbedarf (4,8l/100km beim Hybrid, 3,0l/100km beim Plug-In) ist uns das aufgefallen, auch bei der Wahl der Motorisierung: Immerhin ein Drittel der Leser hat sich trotz Aufpreis für den Plug-In-Hybrid entschieden. Ein Drittel könnte sich sogar vorstellen, den Niro als reines Elektroauto (voraussichtlich Ende des Jahres erhältlich) zu kaufen. Fast alle (über 90 Prozent) haben den Niro neu gekauft und ein Großteil war vorher weder Kia- noch Hybrid-Fahrer. Kia hat bei dieser Zielgruppe offensichtlich voll ins Schwarze getroffen und kann viele Umsteiger für sich gewinnen. Im Schnitt haben die Teilnehmer unserer Umfrage 30.280 Euro für den Kompakt-SUV aus Südkorea gezahlt und bestätigen dem Niro ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ein „beeindruckendes Gesamtpaket zum kleinen Preis“. Die meisten haben dann auch direkt die höchste Ausstattungslinie „Spirit“ gewählt, zwei Drittel sich außerdem je das Komfort- oder auch das Lederpaket gegönnt. Auch das Technik-Paket kam gut an, 70 Prozent haben den Haken dort gesetzt. Mit dieser Konfiguration sind die meisten sehr zufrieden, selten zuvor haben wir ein so positives Feedback erhalten: In allen zur Wahl stehenden Kategorien steht die Eins vor dem Komma – insbesondere von der Zuverlässigkeit, dem Verbrauch und der Ausstattung sind unsere privaten Tester begeistert, teilweise gar euphorisch. Große Mängel gab es dagegen keine, nur kleinere Defekte wurden uns gemeldet. Beispielsweise war bei Harald Kampfi aus Breisach das Abgassystem verstopft. Ursache war wohl, dass er mit seinem Plug-In vor allem rein elektrisch gefahren war. Auch Andreas Schader aus Bördel kann bei seinem Plug-In von kleineren Mängeln berichten: Probleme an der Ladeklappe führten dazu, dass das Auto nicht mehr lud. Bei Erik Müller war die Kühlung der Abgasrückführung defekt, Fehlersuche und Wechsel dauerten zwei Wochen. Ansonsten gab es dagegen nur Lob, insbesondere für das entspannte Gleiten. Für Klaus Machowiak „fehlt nur noch der Partikelfilter zum Umweltstar“. Auch die sieben Jahre Garantie wurden mehrfach positiv erwähnt, Achim Holler spricht von einer „beruhigend langen Garantiezeit“.