20.05.2019

Lada Vesta SW Cross - Der Preiskracher aus Russland?

Wie wäre es mal mit einem nahezu unbekannten Auto einer in Deutschland nahezu unbekannten Marke? Dem Lada Vesta SW Cross zum Beispiel? Der bietet überraschend viel Design für einen – ebenfalls überraschend – gar nicht so günstigen Preis. Fahrbericht des knall-orangene Kompakt-Kombi aus Russland.

Bei der Marke steht zuallererst der Preis, denn danach fragt jeder: 12.490 Euro kostet der günstigste Lada Vesta, dann ist es allerdings eine Limousine und immer „Gletscherweiß“. Die Kombivariante SW kostet schon mindestens 13.490 Euro. Mit 16.590 Euro deutlich teurer ist die höher gelegte Variante SW Cross. Und wer dann bei der Ausstattungsvariante „Luxus“ den Haken macht, der lässt 17.990 Euro beim Händler.

Günstigere Konkurrenz gibt es selbst im eigenen Konzern

Ganz so günstig ist der Vesta SW dann nicht mehr. Selbst im eigenen Konzern, Lada gehört mittlerweile zu Renault, gibt es deutlich günstigere Konkurrenz. Den Dacia Logan MCV beispielsweise, im Offroad-Look als „Stepway“ kostet er ab 12.450 Euro. Warum also ein Lada? Vielleicht weil der Besitzer auffallen möchte – das jedenfalls gelingt mit dem Vesta SW Cross perfekt. Bereits das große Logo im Kühlergrill kann kaum ein Passant richtig deuten, überraschte Gesichter verursacht dann aber das Heck. Groß und prägnant steht dort „Lada“, auf der Heckscheibe noch „Made in Russia“. Verstecken wollen sich die Russen mit ihrem kompakten Kombi also nicht mehr. Das müssen sie auch nicht. Zumindest nicht, was die Optik angeht.

Designer kommt von Mercedes

Steve Mattin, Ex-Mercedes und -Volvo-Designer, ist seit 2012 bei Lada und soll dort den Staub wegfeudeln. Und der hat sich in den vergangenen dreißig Jahren dick auf die Marke gelegt. Kaum jemand kennt ein Modell der Russen. Den Niva mal ausgenommen. 1976 vorgestellt heißt er auch seit ein paar Jahren nur noch „4x4“ und ist eine echte Offroad-Legende. Kantig, karg und nicht kaputt zu kriegen. Allerdings auch kerzengerade nur für eine Zielgruppe entwickelt: Jäger, Förster und sonstige Arbeiter, die vor allem eine nutzwertorientierte Arbeitsmaschine brauchen. Deren Zahl nimmt aber selbst in Russland ab. Der Priora aus der zweiradgetriebenen Kompaktklasse und Vorgänger des Vesta, hatte dagegen in Deutschland nie eine Chance. Zu beliebig war er designt, zu angestaubt Fahrwerk und Motor. Was das Design angeht muss sich der Nachfolger Vesta vor allem in der Version SW Cross nichts mehr vorwerfen lassen. Optisch ist der Russe auf jeden Fall Up-to-Date.

Lada-Design im „Zeichen des Z“

Dazu trägt auch ein Design-Element bei, das Mattin mitgebracht hat: Überall am Vesta finden sich x-förmige Gestaltungsdetails. Vorne trägt der Vesta eine x-förmige Chromspange rund um den Kühlergrill. Ein angedeutetes X findet sich auch in der Seitenlinie sowie auf den robusten Kunstleder-Polstern im Innenraum. Doch noch mal zum Äußeren. Lada wendet einen optischen Kniff an, den viele Hersteller mittlerweile für sich entdeckt haben. Der Cross soll ganz auf Offroad machen. Lada hat ihm dafür eine Plastik-Beplankung angedeihen lassen und ihn um drei Zentimeter nach oben verlegt. Damit wächst die Bodenfreiheit auf knapp 20 Zentimeter. Die seitliche Beplankung soll, wie der Unterfahrschutz vorne und hinten, kleinere Abenteuer links und rechts der Straße verzeihen. Wir haben es nicht wirklich getestet, aber viel mehr wird vermutlich mit dem Vorderrad-Antrieb nicht drin sein, muss es aber auch nicht. Verbrauchern geht es da eher um die Optik und eine guter Ausstattung.

Fast alle Extras serienmäßig

Und die Ausstattung kann sich in der Tat auch sehen lassen, das fängt bei beheizbaren Außenspiegeln an, geht über Colorverglasung, Licht- und Regensensoren, Tempomat sowie Sitzheizung vorne bis hin zur Klimaautomatik. Bei der Luxus-Ausstattung kommt unter anderem noch eine Rückfahrkamera, das Navigationssystem, die beheizbare Frontscheibe und ein paar optische Spielereien dazu. Volle Hütte also. Doch mehr Ausstattung heißt nicht immer mehr Spaß. Bei vielen Ausstattungsdetails muss man mit Kompromissen leben. Beispiel gefällig: Die Rückfahrkamera liefert zwar ein gutes Bild, doch schnell rangieren lässt sich mit ihr nicht, denn dazu schaltet sie sich zu langsam ein. Die Frontscheibenheizung ist in unseren Breitengraden sicherlich auch nicht ganz so wichtig, was an ihr stört: Die Heizspiralen sind deutlich sichtbar, in der Dunkelheit bricht sich das Licht an den dünnen Drähten. Auch wenn man sich ein bisschen dran gewöhnt: Das stört und sieht einfach nicht gut aus. „Unsichtbare“ Folien-Lösungen gibt es schon seit mehr als 30 Jahren. Doch Lada ist da nicht allein, auch Mitsubishi verbaut sie im nagelneuen Eclipse Cross weiter. Schick sind dagegen die 17-Zoll-Leichtmetallfelgen (Aufpreis) und der Doppelrohrauspuff.

Motor und Getriebe sind russische Eigenentwicklung

Das alles sieht ansprechend aus - fehlt eigentlich nur der dazu passende Motor. Der ist, genau wie das Getriebe, eine russische Eigenentwicklungen. Beides entspricht nicht mehr ganz dem Stand der Technik. Schon beim rückwärts Ausparken harkt das Getriebe: der Rückwärtsgang lässt sich nur mit Kraft und ein bisschen Schwung einlegen. Beim Beschleunigen fällt der etwas müde Motor dann direkt negativ auf. Der 1,6-Liter Benziner ohne Turbo braucht Drehzahl. Erst bei 3.000 Umdrehungen wacht er auf, wer ihn allerdings so hoch dreht, bekommt auch deutliche Störgeräusche. Zum günstigen Preis passt auch das Fahrverhalten: Die Lenkung verrichtet ihren Dienst, mehr aber auch nicht, fast fühlt es sich an, als würde man den Lada mit Handschuhen oder eingeschlafenen Fingern fahren. Unebenheiten gleicht das Fahrwerk aus, zwar nicht perfekt ausgereift aber immerhin tauglich. Hier hat Lada leider noch keinen so großen Schritt gemacht wie beim Design.

In Deutschland wird der Vesta kein Verkaufsschlager

Vielleicht gerade deswegen verkauft der Händler in Deutschland die Fahrzeuge nur in homöopathischen Dosen. Knapp 500 Vesta (Limousine, Kombi, Cross) sind seit Marktstart verkauft worden. Offiziell hat der Hersteller angekündigt, ab 2020 keine Fahrzeuge mehr nach Deutschland zu liefern. Am Design wird es kaum liegen, das kam bei vielen Passanten und Begegnungen an der Tankstelle sehr gut an. Doch trotz umfangreicher Garantie sind deutsche Autokäufer wohl wenig experimentierfreudig. Wenn schon, dann vielleicht noch bei Dacia, ansonsten wildern Renault Clio, Skoda Fabia oder Opel Astra im Vesta-Metier.