Der letzte Mercedes, der Kante zeigte, ist ausgemustert. Auf den GLK folgte im Herbst des vergangenen Jahres der GLC. Der neue Name signalisiert jetzt deutlich: Es ist ein Offroader mit C-Klasse Genen. Und obwohl die Designer dem Neuen alle Knicks und Falten seines Vorgängers wegbügelten und die Karosserie mit dynamischen Rundungen bedachten, ist er doch ein waschechter Geländegänger. Jedenfalls könnte er, wenn der Fahrer dies wollte, auf schwierigem Terrain zeigen, was in ihm steckt. Freilich, meistens ist der GLC auf ebenem Asphalt unterwegs. Und da passt der neue Maßanzug wie angegossen. Wir waren mit dem GLC 250d auf der Piste, der immerhin serienmäßig mit Allrad (4Matic) an den Kunden geht und der sich mit gestandenen Konkurrenten wie den Audi Q3, BMW X3, dem Landrover Discovery Sport und dem Porsche Macan messen lassen muss.
Karosserie und Innenraum
In Gummistiefeln zur Jagdhütte oder im kleinen Schwarzen in die Oper? Das edle Ambiente im Innenraum lässt mehr auf die zweite Variante schließen. Armaturenbrett und Türverkleidungen sind in Lederoptik mit Ziernähten gehalten, feine Sitzpolster und großzügige Holzvertäfelungen erinnern eher an das behagliche Interieur einer Limousine oder Edelkombis. Die Qualität der Verarbeitung kommt dem Werbeslogan der Stuttgarter ("Das Beste oder nichts") ziemlich nahe. Seine stattlichen Abmessungen lassen sich mühelos durch enge Altstadtgassen bewegen, dem Fahrer bietet sich dank der erhöhten Sitzposition eine gute Rundumsicht. Insassen freuen sich in der ersten und zweiten Sitzreihe über mehr als ausreichende Kopf- und vor allem Kniefreiheit. Der GLC ist im Vergleich zu seinem Vorgänger in Länge und Radstand um zwölf Zentimeter gewachsen. Und das kommt auch dem Gepäckabteil zugute, es gestattet einer Familie, beim Großeinkauf oder bei der Urlaubstour, etwas über die Stränge zu schlagen. Denn hoch bis zum Dach beladen, fasst der Kofferraum immerhin 550 Liter. Allerdings: Das Trennnetz, das den Innenraum vor umherfliegende Ladeteile schützt, ist nur optional für 130 Euro erhältlich. Mit umgeklapptem Rücksitz, die Lehnen lassen sich vom Fond und vom Kofferraum entriegeln, entsteht ein ebener Boden, das Ladevolumen wächst auf 1600 Liter.
Komfort und Fahrverhalten
In seinem Fahrverhalten steht der kleine Mercedes SUV einer Limousine in nichts nach. Vier Fahrmodis stehen dem Piloten zur Wahl, doch auch in Sport plus Konfiguration verwandet sich der Kletterkünstler nicht in einen Supersportler. Die elektrische Servolenkung reagiert präzise, von Anschlag zu Anschlag sind es etwas mehr als zwei Lenkradumdrehungen. Auch bei höherem Tempo ist der Kraftaufwand kaum merklich. In Verbindung mit den neun Fahrstufen des Automatikgetriebes entsteht ein harmonisches Vorwärtskommen – die Gänge wechseln sanft und dank der engen Abstufung häufig. Die Folge: Auch bei höheren Geschwindigkeiten sorgt die Übersetzung für niedrige Drehzahlen und damit verbunden mit einem geringen Fahrgeräuschen. Nachteilig wirkt sich das jedoch beim langsamen ausrollen an Ampeln und Kreuzungen aus: Dann führt Herunterschalten der Automatik zu unsanftem Ruckeln. Der Diesel ist hierbei kaum wahrnehmbar, er läuft leise und vibrationsfrei.
Motor und Technik
Aber das Drehmoment von 500 Newtonmeter und die Motorleistung von 204 PS bieten Reserven; beim Anfahren und Überholen geht es mit Wucht nach vorne. Selbst bei engen und schnellen Kurvenfahrten wirkt sich der höhere Schwerpunkt des SUVs kaum aus, Wankbewegungen gleicht der Allradantrieb mit seiner variabler Kraftverteilung lässig aus.
Der GLC bietet daher beste Voraussetzungen als Zugfahrzeug für Caravans oder Pferdehänger. Die maximale Anhängelast von 2500 Kilogramm bei einem gebremsten Anhänger ist großzügig ausgelegt und auch die Stützlast von 100 Kilogramm erlaubt den Transport von zwei schweren Pedelecs und einem Fahrradheckträger.
Ausstattung und Preis
An Sicherheitsfeatures mangelt es dem GLC nicht. Eine Vielzahl von Fahrassistenten sind im Serienmodell vorhanden: Das elektrischen Stabilitätsprogramm ergänzt ein adaptiver Bremsassistent, der frühzeitig mittels Sensoren vor einen drohenden Auffahrunfall warnt und wenn der Fahrer nicht reagiert, selbstständig abbremst und die Aufprallgeschwindigkeit verringert. Bis zu einem Tempo von 50 km/h bringt das Assistenzsystem City Safety den Wagen im Falle eines drohenden Crashs selbstständig zum Stillstand. Diese Technik erkennt inzwischen auch Fußgänger. Der Spurhalte-Assistent warnt durch Vibrationen am Lenkrad beim Überfahren von Linien und der Totwinkel-Assistent warnt bei einem Spurwechsel, wenn sich ein Fahrzeug außerhalb des Sichtbereichs des Außenspiegels befindet. Distronic Plus ist ein adaptiver Tempomat, der den Wagen mit leichten Lenkkorrekturen, wenn nötig, in der Fahrbahnmitte hält. Attention Assist heißt der Helfer, der das Lenk- und Bremsverhalten analysiert und den Fahrer bei entsprechenden Aussetzern auf Müdigkeit hinweist. So viel Sicherheit hat ihren Preis: Unser Testwagen kommt in der Basisversion 46.410 Euro.
Fazit
Der Preis erscheint nicht nur auf den ersten Blick sehr hoch für den Mercedes-Kletterkünstler. Immerhin bekommt der Käufer jedoch ein erstklassig verarbeitetes Fahrzeug mit einem umfangreichen Sicherheitspaket schon ab der Basisversion. Obwohl der Modell in Länge und Breite gegenüber dem Vorgänger zugelegt hat, ist er um bis zu 80 Kilogramm leicht und soll bis zu 20 Prozent weniger verbrauchen. Unser Verbrauch lag jedoch um 50 Prozent über der Herstellerangabe. Und was uns noch ziemlich störte: Geknausert wird bei diesem Modell an Kleinigkeiten: Warum muss der Kunde für eine Laderaum-Abdeckung im Kofferraum (71,40 Euro), ein Reifen-Reparaturset (59,50 Euro) oder einen größeren Kraftstofftank mit 66 Liter Volumen (59,50 Euro) nochmals zusätzlich in die Tasche greifen?