Die Szene schien bereits tot, doch jetzt ist sie lebendiger denn je: Mit dem hauseigenen Campingbus California hatte VW einst zahlreiche Ausbauer verdrängt. In diesem Jahr wird VW mehr als 10.000 Exemplare des Bestsellers bauen, es ist mit Abstand das meistverkaufte Reisemobil. Doch links und rechts davon ist plötzlich wieder Platz für fantasievolle Alternativen zum erfolgreichen Bus von der Stange.
Spacecamper und Terracamper bieten viel Funktion
Beispiel Spacecamper: Wenn Geschäftsführer Ben Wawra im neuen Modell "Light open" fein gearbeitete Möbelplatten klappt, dabei einen Tisch entfaltet, Getränkehalter auftauchen lässt und sogar einen kleinen Kocher, wenn die verschiebbare Kühlbox vom Platz zwischen den Vordersitzen in den Wohnraum gleitet, dann hat das Klasse. Wawra lebt Campingbus. Und häufig auch im Campingbus. Ein Spacecamper ist Funktion pur, an 365 Tagen im Jahr.
Das gilt auch für Terracamper, aber ganz anders. Martin Hemp pflegt ein Faible für Expeditionsmobile, also hat er Aluminium-Möbelmodule entwickelt, leicht und hochstabil zugleich. Auf Basis eines Schienensystems am Boden summieren sich Technik-, Küchen- und Stauraummodule zur Komplettausrüstung, alles herausnehmbar und durchdacht. Und wem das zu viel und zu teuer ist, der transportiert mit dem einfachen Flowcamper aus gleichem Hause die sechziger Jahre in die Gegenwart.
Custom Bus setzt auf anspruchsvolles Design
Den Gegensatz dazu markiert Custom Bus. Edle Designermöbel, schicke Böden und sogar eine Holzdecke verwandeln einen schlichten Kastenwagen auf Wunsch in ein fein rollendes Urlaubsdomizil namens "Holzklasse". Der Begriff "Camping" mag dazu nicht mehr recht passen. Erinnert der Flowcamper an eine Studentenbude, so ist ein Custom Bus ein kleines feines Architektenhaus voller raffinierter Details, wohnlich und gediegen.
Auch Traditionsbetriebe haben frische Ideen, das beweist der Fischer Octobus. Hier gleiten Einzelsitze auf Schienen durch den Bus, wird der Fußboden beheizt und das große Bett ist rollbar. Das kostet im Heck etwas Platz, führt jedoch sowohl zu gutem Sitz- als auch Schlafkomfort.
Köhler, ebenfalls aus der Riege schwäbischer Bus-Tüftler, erreicht dies durch einen ausziehbaren Lattenrost. Und dann gäb’s da noch Klassiker wie Dipa mit gediegenen Naturholzausbauten oder Campmobil Schwerin mit seinem ausgefallenen Grundriss mit Heckküche.
Campocito und Westfalia widmen sich dem Thema Sanitär
Die neue Marke Campocito verwandelt den VW sogar in einen Bus mit Bad. Der kompakte Waschraum links im Hochdach-VW wird auf Schienen verschoben. Nachts macht er hinten Platz fürs Bett, tagsüber vorne für die Sitzgruppe.
Dem Thema Sanitärraum widmet sich auch Westfalia. Die Campingbus-Erfinder haben beim Modell "Kepler" eine Ur-Idee des früheren California Exclusive aufgenommen: Im Heck steckt ein kleines Bad mit Dusche, Warmwasseranlage und Cassettentoilette. Weiter vorn gibt es eine L-Sitzgruppe sowie eine Einrichtung mit einem Kontrast aus hellen und dunklen Möbeln. Ein ähnliches Konzept verfolgt Westfalia auch mit dem Club Joker.
Zwei Schiebetüren und ausschwenkbare Küchenmodule gibt es bei Reimo
Wer von VW-Ausbauten spricht, hat ebenfalls Reimo im Blick. Gründer und Geschäftsführer Günter Holona nennt aktuell verdoppelte Absatzzahlen für Einrichtungen und Dächer.
Neueste Idee der Hessen ist der Weekender, ein Modell mit zwei Schiebetüren und einem ausschwenkbaren Küchenmodul. Auch der Reimo Trio Style ist mehr als nur einen Blick wert, er kombiniert eine dreisitzige Schlafsitzbank mit einer umfangreichen Ausstattung. Ansonsten ist die Reimo-Auswahl riesig, sie reicht von schlicht bis opulent.
Diese Spannweite trifft auf die gesamte VW-Szene zu, durch die frischer Wind pustet. Er weht auch aus Stuttgart: Viele Ausbauer haben parallel zum VW T6 inzwischen den Mercedes Vito ins Programm genommen. Womit sich die Auswahl gleich verdoppelt. Die Campingbus-Szene ist eben lebendiger denn je.