Die Kapelle in Lechmühlen ist recht klein und ziemlich gelb. Neben ihr ruht ein Gedenkstein im Gras. Für den „Lechhansl“, mit vollem Namen Johann Baptist Baader.
Vom armen Müllerssohn zum wiederentdeckten Künstler
Der arme Müllerssohn, geboren vermutlich 1717, gelangte von dort nach Augsburg und wurde Freskenmaler. In vielen der bayerischen Kirchen, Klöster und Kapellen zwischen Lech und Loisach hat er seine Spuren hinterlassen. So richtig wiederentdeckt wurde er erst zu seinem 300. Geburtstag 2017. Lange Zeit wurde er eher belächelt.
Der Lechhansl-Radweg – Kunst und Natur am Wegesrand
Auf seinen Spuren zu radeln erschließt Herzenswerke und eine Herzenslandschaft mit einer großzügigen Weite. Die Reise beginnt bescheiden am trägen Lech an der gelben Kapelle mit der einzigen nennenswerten Steigung hinauf nach Stadl, dessen Pfarrkirche drei Altarblätter aus dem Frühwerk Baaders von 1751 beheimatet. Dann geht es nach Vilgertshofen, wo er das Altarblatt des Stephanusaltars und Fresken im ehemaligen Gasthaus Thurner gemalt hat. 1777 stattete er Issings kleine Pfarrkirche komplett aus. Sie thront auf einem Hügel.
Vom Fahrrad zum Schaufelrad
Der Ammersee kommt in den Blick. Ab dem 9. April ist hier wieder die Schiffsflotte unterwegs. Darunter auch zwei Raddampfer, deren Schaufelräder inzwischen aber nicht mehr dampfbetrieben sind. Dießen besitzt in der Pfarrkirche im Ortsteil St. Georgen ein Altarbild vom „Lechhansl“.
Lechhansls Spuren in Weilheim
Wer nun den See hinter sich lässt und südwärts auf die Landkreismetropole Weilheim zuradelt, bekommt nach viel Natur ein schmuckes Städtchen geboten und mit ihm sein "Wohnzimmer", den Marienplatz. Und Baaders Werke: ein imposantes Deckengemälde und die Altarhintermalung in der Angerkapelle, mehrere Tafelbilder in der Stadtpfarrkirche sowie kleinere Arbeiten im Stadtmuseum.
Rokokopracht und stille Natur
Dann Polling, das Klosterdorf, wo Baaders Hauptwerk, der Bibliothekssaal, prunkt. Nach so viel Opulenz tut die anschließende stille Moorlandschaft nur gut, durchzogen von Bächen und Gräben. Bei Paterzell steht mit 2.000 Eiben einer der größten zusammenhängenden Eibenwälder in Deutschland.
Auf dem weiteren Weg liegt Wessobrunn. Von hier aus zogen früher die Künstler aus, um zu gestalten – in aller überbordenden Opulenz des Barock und Rokoko. Ganz beschaulich hingegen ruht bei Rott der kleine Engelsrieder See.
Römerstraße und Lechschleife
In der alten Kirche St. Johann Baptist zeigt das Deckengemälde eindrücklich und lebendig die Johanneslegende und stammt – natürlich – vom "Lechhansl".
An Reichlings idyllischem Dorfweiher vorbei geht es hinunter und über den Lech nach Epfach, einst „Abodiacum“, eine wichtige Stadt und Kreuzung an der Römerstraße Via Claudia Augusta. Und drum haben die Epfacher ein überaus liebenswertes kleines Museum gestaltet. Hier lohnt zudem ein Abstecher zur nahe gelegenen malerischen Lechschleife.
Baader starb am 25. August 1780 mit 63 Jahren in Schlehdorf im heutigen Landkreis Bad Tölz, wo er die neu erbaute Stiftskirche ausschmückte.
Reise-Info: Fahrradtour und Freskenkunst
Die Tour: Die Strecke ist 93 Kilometer lang, aber gut in Etappen aufzuteilen. Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel. Familienfreundlichkeit: mittel. Das ist keine Tour, um sich zu hetzen, eher eine, um zu verweilen! Wichtig: Nicht alle Kirchen und Kapellen sind jederzeit zugänglich. Weitere Infos zum Lechhansl-Radweg bietet der Tourismusverband Pfaffenwinkel.
Einkehren: Hausgemachte Kuchen und Toren, aber auch feine Küche gibt es im Café Kultur-Stadl in Vilgertshofen-Stadl. Liebevoll zubereitete Gerichte aus regionalen Zutaten genießt man beim Klosterwirt Polling. Der Gasthof Eibenwald in Wessobrun interpretiert Regionales fein. Der Gauklerhof in Rott ist ein Juwel: wertige Produkte, bayerische Spezialitäten, hausgemachte Kuchen. Das traditionsreiche Gasthaus zur Sonne in Epfach mit Wirtsgarten bietet regionale Spezialitäten.
Besichtigen: Neun ganz unterschiedliche Handwerker sind im Gewerkhaus Dießen zu sehen. Lohnenswert sind auch Besuche im Stadtmuseum Weilheim und im Museum Polling, eindrucksvoll die Klosterführungen in Wessobrunn. Eine Reise in die Römerzeit ermöglicht das Museum Abodiacum.