Die ersten Schritte kosten große Überwindung. Jedes Steinchen bohrt sich in die Fußsohlen. Doch eine Viertelstunde später ist der Tritt schon fest und sicher. Der Wald- und Wiesenboden federt weich jeden Schritt ab. Nach rund einer Stunde Barfußwandern beginnt die Fußsohle zu prickeln. „Das ist Wellness für Körper und Seele“, gerät Markus Dutschke ins Schwärmen. Der Gästeführer im Naturpark Schwarzwald ist konsequenter Schuhverweigerer. Selbst wenn er mit der Familie ins nahe Freiburg zum Shoppen geht, läuft er barfuß. Sehr zum Leidwesen von Ehefrau und Tochter.
Barfußwanderer lernen wieder richtig zu gehen
Sportwissenschaftler Nicolaus Prinz erklärt der wandernden Journalistengruppe, worin der Reiz des Barfußwanderns liegt. „Wir lernen wieder richtig zu gehen, nämlich erst mit dem Ballen auftreten und über die Ferse abrollen.“ Der Schuhabsatz zwinge indessen eine andere Schrittweise auf. Und im Übrigen nimmt die nackte Fußsohle ätherische Öle der Wiesenkräuter und Waldpflanzen auf. „Diese sind schon 15 Minuten später im Blut nachweisbar“, erklärt Prinz.
Shinrin-yoku nennen es die Japaner – Waldbaden. Sie tauchen in den Wald ein, suchen die Nähe zu Bäumen, spazieren dort oder wählen einen stillen Platz zur Meditation. Im Land der aufgehenden Sonne gilt das als Therapie und Professor Qing Li von der Nippon Medical School in Tokyo gelang es, in einer Studie nachzuweisen, dass in bewaldeten Gegenden weniger Menschen an Krebs sterben. Die Heilkraft schreiben die Forscher den sogenannten Phytonziden zu – Pflanzen bilden diese Substanzen, um sich vor Schädlingen zu schützen. Spaziergänger im Wald atmen diese ein und profitieren von dem stärkenden Effekt auf das Immunsystem.
Staubfreie Luft in den Höhenlagen des Schwarzwaldes
Durchatmen, herunterfahren, zur Ruhe kommen – ein Spaziergang unter Bäumen entspannt Körper und Seele. Die Wälder des Hochschwarzwaldes, auf Höhen von 800 bis 1500 Meter gelegen, sind daher ganz natürliche Wellnessoasen. In den sechs heilklimatischen Kurorten Hinterzarten, Lenzkirch, Saig, Schluchsee, St. Blasien und Titisee ist ein Wegenetz von 18 Wanderwegen eingerichtet. Beim Wandern in Höhenlagen über 1000 Metern kurbelt der Körper Atmung und Kreislauf an. Luftreinheit, Kühle, Wind und Sonne haben eine vitalisierende Wirkung. Die UV-Strahlung verstärkt die Vitamin-D-Produktion in der Haut. Das beugt Krankheiten wie Osteoporose, Depressionen, Hauterkrankungen und Krebs vor.
Auf Tour mit dem Kräuterwieble
Und wer die Kraft von Kräutern auch bei innerlichen Anwendungen erfahren will, der sollte sich mit Getrud Kaltenbach vom Krummenholzhof in St. Märgen aufmachen. Bevor die Tour mit dem „Kräuterwieble“ startet, kredenzt sie zunächst hausgemachte Bowle mit Rosenkräutersirup. Der anschließende Fußmarsch durch die Natur ist wenig schweißtreibend, denn oft stoppt die Schwarzwälderin, zupft hie und da ein Pflänzlein aus dem Boden und lässt probieren oder warnt vor dessen giftigen Substanzen. Für jedes Wehweh gibt es passende Heilmittel aus der Natur und Kräuterwieble Gertrud kennt alle Gewächse.
Auf die Pirsch mit dem Revierförster
Ein weiteres probates Mittel, seinen Stresslevel zu senken und wieder etwas Bodenhaftung zu bekommen, ist es, einen Förster bei seiner Arbeit zu begleiten. Mit Benedikt Schwär aus Schluchsee geht es auf die Pirsch. Etwa 400 Hirsche und Hirschkühe leben im Rotwildgebiet Südschwarzwald. „Telefone ausschalten, Gespräche höchstens im Flüsterton und mir auf leisen Sohlen folgen“, bittet der Forstmann. Der sanfte Aufstieg zum Aussichtspunkt ist Stummfilm pur, das stundenlange Warten im Jagdstand aber nicht jedermanns Sache. Womit bitte soll sich ein Städter beschäftigen, wenn er nicht einmal zum Smartphone greifen darf? Am Ende fehlt sogar die Belohnung, denn die einzige Rotwildkuh äst in großer Ferne und ist nur mit einem Feldstecher zu erkennen. „Habt ihr es genießen können?“ – fragt der Förster grinsend. Er scheint seine Pappenheimer zu kennen, die sonst allzeit online sein müssen!
Schwarzwald ist ein Urlaubsgebiet für Familien
Ist der Schwarzwald nur etwas für Gesundheitsapostel, kommen Kinder und deren Familien zu kurz? Hier entgegnet Feldberg-Ranger Achim Laber ein klares Nein und öffnet uns die Türen im Haus der Natur. Das Naturschutzzentrum steht auf der höchsten Erhebung des Schwarzwaldes (Feldberg, 1493 Meter ü. d. M.) und gibt Groß und Klein spannende Einblicke in die Kulturlandschaft. Die Waldgeschichte dieser Region sei ein absolut spannendes Thema, erklärt der Naturschutzwart. „Man kann sich heute nicht mehr vorstellen, dass noch vor 200 Jahren der Schwarzwald so kahl geschlagen war, dass das Holz nicht mal mehr dazu reichte, die Freiburger Bäcker für ihre Öfen damit zu versorgen“, erzählt Laber. Diese wechselvolle Geschichte ist im Haus der Natur anschaulich dargestellt – mit genügend Spielelementen für die kleinen Gäste.
Auf dem Wichtelpfad verwandeln sich Stubenhocker zu Waldläufern
Als Waldläufer in Bewegung kommen Dreikäsehochs bei einem Ausflug zum Wichtelpfad im Auerhahnwald am Feldberg. In diesem verwunschenen Wäldchen erleben sie auf einer kleinen Etappe von 1,8 Kilometern die Geschichte der Feldbergwichtel in zahlreichen Stationen dargestellt. Für größere Mädchen und Jungs ist eine Tour mit dem Naturforscherrucksack eher die altersgerechte Alternative. Der Rucksack enthält alles, was ein junger Forscher braucht, und kann gegen eine geringe Gebühr in allen Tourist-Informationen ausgeliehen werden. Das Kucky-Team vom Hochschwarzwald-Tourismus bastelt an spannenden Urlaubsprogrammen für junge Gäste, die das Thema Gesundheit noch nicht so in den Bann zieht. Jeden Tag Action – über die Sommermonate hinweg. Und wenn die Eltern mal wieder (wie langweilig!) „waldbaden“, können die Kids mit ihren Betreuern den wahren Abenteuern des Lebens nachgehen.
Reiseinformationen
Gesundheit: Schon zwei Stunden im Wald sind ausreichend, um einen positiven Effekt auf die Gesundheit zu bewirken. Dabei sollten Sie eine Wegstrecke von etwa 2,5 km zurücklegen. Wer müde ist, darf eine Pause machen. Tee und Wasser im Rucksack mitnehmen. Suchen Sie sich einen Platz zum Entspannen. Dort können Sie lesen, meditieren oder einfach die Natur genießen. Jeden Monat drei Tage mit Waldspaziergängen zu verbringen verbessert das Immunsystem des Körpers nachweisbar.
Heilklima: In den Kurorten Hinterzarten, Lenzkirch, Saig, Schluchsee, St. Blasien und Titisee ist ein Wegenetz von 18 Wanderwegen eingerichtet. Beim Wandern in Höhenlagen über 1000 Metern aktiviert der Körper Schutzmechanismen gegen Sauerstoffmangel und kurbelt Atmung und Kreislauf an.
Erleben: Im Haus der Natur auf dem Feldberg erfahren Besucher an interaktiven Stationen viel über Flora und Fauna und erhalten spannende Einblicke in die Region und ihre Geschichte.
Unterwegs mit dem Kräuterwieble: Führungen und das gemeinsame Zubereiten von Kräutern offeriert auf Anfrage Gertrud Kaltenbach, Telefon 0 76 69/7 60.
Wanderungen mit dem Förster sind an verschiedenen Orten möglich. Informationen unter www.hochschwarzwald.de/wandern und dem Suchbegriff „Försterwanderung“.
Schlemmen und Schlafen: Das Gasthaus zum Kreuz in St. Märgen verwöhnt seine Gäste mit typisch regionalen Spezialitäten. Das Naturparkhotel „der Waldfrieden“ in Todtnau-Herrenschwand bietet einen Spabereich und feine Küche, Zimmer ab 55 Euro pro Person.
Tipp: Mit der HochschwarzwaldCard sind über 100 Attraktionen inklusive. Über 300 Gastgeber geben diese Karte aus – ab zwei Übernachtungen. Infos: Hochschwarzwald-Tourismus.