Andrea Lindner ist zum dritten Mal vor Ort. Von April bis September arbeitet sie im Sehnsuchtsland von so vielen: Schweden. Andrea Lindner, 43, studierte Innenarchitektin ist Szenenbildnerin. Sie ist die Frau, die Farbe, Form und Authentizität in die Drehorte zaubert, die seit 2003 die Kulisse für die Lindström-Reihe im ZDF-Herzkino abgeben.
Romantik statt Action
Das Sonntagabendformat wendet sich an jene, die es weniger mit Mord und Totschlag im Tatort haben, die lieber in Herzschmerz und schönen Landschaftsbildern schwelgen.
Auch 2023 ist Andrea mit ihrem Team wieder unterwegs in der Region Södermanland, um Drehorte abzuklappern. Inzwischen ist es leichter, weil sie die Region südlich der Hauptstadt Stockholm längst besser kennt als die Einwohner – und die 100. Folge steht an!
Die einsame Insel
Eine Mammutaufgabe war etwa Lyckö, etwa 100 Kilometer südlich von Stockholm an der Küste. Versteckt in einem Waldgürtel liegt in einem See ein winziges Inselchen. Mit 3.200 Quadratmetern sogar kleiner als ein halbes Fußballfeld.
Darauf steht das Ferienhaus einer deutsch-schwedischen Familie aus Frankfurt, das an Gäste vermietet wird. Der Ort ist ideal zum Baden, Boot- oder Fahrradfahren oder um einfach nur mal abzuschalten und durch die wilde Natur an Schwedens Ostküste zu wandern.
Im Film „Rosenblüten im Sand“ von 2021 mutiert das Häuschen zu einer Forschungsstation einer Insektenforscherin. Das Schwedenhaus ist klein, winklig, schiefwandig. Das strikte Farbkonzept für den Film, in dem die Insektenforscherin Liv grün gewandet ist, hat zur Folge, dass
die Wände im Haus eben auch ergrünen mussten. Für Andrea und ihre Leute hieß das: Räume ausmessen, Rahmen bauen, diese beplanken und grün tapezieren. Hinterher wird und muss es aussehen wie vorher.
Filmwelt und Realität
Für die richtige Authentizität holt sich Andrea Lindner lokale Fachberater wie den „Trompetentommy“, mit vollem Namen Tommy Andersson. Er lieh dem Film unzählige Instrumente und richtete eine Werkstatt ein. Er war lange Jahre Dozent an der Musikhochschule in Nyköping, im Süden des Södermanlands. Er kennt sich also aus in der Gegend und wundert sich entsprechend: „Im Film radelt die Schauspielerin in Nyköping los und ist nach wenigen Minuten in Stockholm?“ Tja, Innendreh und Außendreh können viele Kilometer auseinanderliegen.
Inga Lindström ist in Schweden völlig unbekannt
Wie viele Schweden kannte er Inga Lindström vorher nicht. Er dachte, es gäbe eine schwedische Autorin dieses Namens, die irgendwo in einem Bullerbü-Häuschen schreibt. Zu Beginn aber war das das Pseudonym der deutschen Autorin Christiane Sadlo. Aktuell schreiben die Regisseure die Drehbücher teils selbst.
Die Filme sind eine rein deutsche Angelegenheit, nur die Komparsen sind Schweden. Die Filme laufen auch nicht in Schweden, Tommy hat nur einen bisher gesehen und lächelt erneut. „Alle wohnen in herrschaftlichen Wohnsitzen und in den Filmen scheint immer die Sonne.“ Dafür gibt es für Urlauber leider keine Garantie. Doch die Region rund um Nyköping und Stockholm ist immer eine Reise wert, egal bei welchem Wetter.
Meeresbuchten und rote Holzhäuschen
Seit 2003 sind 99 Inga-Lindström-Filme gelaufen, viel rund um Nyköping gedreht. Hier gibt es alles, was Schweden braucht: einsame Meeresbuchten und traumhafte Schärenlandschaften. Wie etwa das Naturreservat Stendörren. Die felsigen Inseln sind über mehrere Hängebrücken und Stege mit dem Festland verbunden. Verzweigte Rundwege auf der Halbinsel führen durch ursprüngliche Natur überwiegend am Wasser entlang und bieten herrliche Ausblicke auf
die See. Einer der Wege ist sogar für Rollstuhlfahrer geeignet.
Auf historischen Spuren durch Nyköping
Doch nicht nur die Natur ist sehenswert. Von typischen roten Holzhäuschen gesäumte Gassen laden in Nyköping zum Flanieren ein. Auch Geschichte lässt sich hier erleben, schließlich handelt es sich
um eine der ältesten Städte Schwedens. Sie ist zudem Residenzstadt mit einer mächtigen Festung.
In der gesamten Region gibt es außerdem über 400 Schlösser und Herrenhäuser. Als Filmkulisse diente davon unter anderen die Schlossanlage von Nynäs. Über 400 Jahre ist sie alt und hat nichts von ihrem Charme verloren. Ein Nebengebäude wurde renoviert und kann jetzt als Hotel gebucht werden.
Herrenhaus und Elche
Auch ins schmucke Hafenstädtchen Trosa, zum Leuchtturm von Oxelösund oder an den See von Runnviken zieht es Andrea immer wieder. Der See liegt etwa 16 Kilometer nördlich von Nyköping, an seinen Gestaden ein Herrenhaus. In einem sanierten Flügel wurde ein feines Hotel eingerichtet.
Unweit des Anwesens überblickt ein Wikingergrab den See. „Das drittgrößte in Schweden, ein Königsgrab, ein ganz spezieller Ort“, sagt Clara Grill vom Hotel. Wie wahr – 360 Grad Rundumblick, ein sachter Wind streicht durch das dürre Gras. Ein paar Schafe äugen herüber, weit draußen liegen knallgelbe Rapsfelder. Eine gewichtige Stille, Schweden rührt am Innersten.
Und eines darf bei keinem Schweden-Film fehlen: Elche. Auch die gibt es in Södermanland. Schloss Öster-Malma, der Sitz des Schwedischen Jägerverbundes, liegt nördlich des Runnviken. Im daran angeschlossenen Wildpark laufen einige Exemplare herum. Sie wurden bisher aber nur von Touristen gefilmt.
Reise-Infos Södermanland
"Inga-Lindström-Land" liegt rund um Nyköping (ingalindstrom.com/route/drehorte)
Wohnen: Runnvikens Pensionat - Urlaub im Herrenhaus am See (runnviken.se). Das Sommerhaus am See bietet Natur pur auf dem Inselchen Lyckö (sommerhausamsee.de). Reif für die Insel? Dann ab nach Harstena im Schärengarten (harstena.se).
Essen: Das Restaurant Svarosklova bietet kulinarische Genüsse in Traumlage (restaurangsvardsklova.se).
Besuchen: Rund um Schloss Nynäs (nynasslott.se) mit seinen Gärten und einem Café in der Orangerie gibt es Wanderwege und einen Badestrand. Wunderschön und einfach so, wie man sich Schweden vorstellt, ist das Stendörren Naturreservat mit Meeresbuchten, einer Schärenlandschaft und einem Naturparkzentrum.