Sie sind aus dem beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken: P+R Plätze. Etwa 13,7 Millionen Menschen pendeln täglich zu ihren Arbeitsplätzen. Die Park-and-Ride-Anlagen sind dabei die idealen Umstiegspunkte für die Autofahrenden. Sie liegen meist an Verkehrsknotenpunkten, die in die Städte führen, mit Anbindung an Bus und Bahn.
Park and Ride – mehr als nur Parkplätze
Neben Auto-Parkplätzen bieten sie bestenfalls auch Fahrradparkhäuser und Möglichkeiten zum Umstieg auf das E-Bike, Car-Sharing oder andere Mobilitätsformen. Doch wie ist es um die Qualität und Ausstattung bestellt? Können Pendlerinnen und Pendler damit zufrieden sein?
652 P+R Anlagen im Test
Die 700 Ehrenamtlichen des ACE waren seit April in der ganzen Republik unterwegs, prüften Anlagen in Stadtnähe und auf dem Land. Dort nahmen sie die vier Bereiche Angebot & Ausstattung, Sicherheit, Barrierefreiheit und zusätzliche Mobilitätsangebote unter die Lupe. Insgesamt 27 Kriterien wurden abgefragt. Für jede Anlage. Unter anderem, ob barrierefrei zugängliche Parkplätze existieren, der Platz videoüberwacht wird oder ob dort schon E-Ladesäulen installiert sind.
Insgesamt wurden 652 Stunden an ehrenamtlicher Arbeit in die Checks investiert, das sind in Summe ganze 27 Arbeitstage.
Ein Viertel der Anlagen besteht den Test nicht
Das Ergebnis ist durchwachsen, aber liefert klare Fakten: Sechs Prozent der Anlagen wurden als „Exzellent“ ausgezeichnet, 68 Prozent haben „Bestanden“ – das ist zumindest schon mal sehr erfreulich. Allerdings fielen 26 Prozent der getesteten Plätze komplett durch das Raster. Das ist ein Viertel und damit eindeutig zu viel des Zumutbaren. Hier besteht immenser Handlungsbedarf.
Bester Platz mit 16 von 18 Punkten ist die P+R Anlage am Bahnhof/
Brennerstraße in Bamberg, Schlusslicht ist die P+R Anlage am Bahnhof im bayerischen Jettingen. Dieser Platz erreichte im Test nur zwei Punkte.
Die meisten Park-and-Ride-Anlagen können gratis genutzt werden
Bei den Kosten erhellt ein Lichtblick die Pendlerrepublik: 80 Prozent aller P+R Plätze sind kostenlos. Wobei die teuersten, am Hauptbahnhof Wuppertal in Nordrhein-Westfalen sowie der D&P in Magdeburg und am Hauptbahnhof Dessau-Rosslau in Sachsen-Anhalt, mit 12 Euro pro Tag ordentlich zu Buche schlagen. Wer hier keinen Arbeitgeberzuschuss bekommt, hat es deutlich schwerer als anderswo.
Viel Nachholbedarf bei Sicherheit und Barrierefreiheit
Anders beim Sicherheitsempfinden, hier gab es große Gefälle. Während hier, bis auf Hamburg mit 88 und Bremen mit 80 Prozent, die östlichen Bundesländer besser abschnitten, fielen die alten Bundesländer ab, Rheinland-Pfalz deutlich.
In Sachen Barrierefreiheit waren die Unterschiede noch gravierender. Auch hier gibt es in Rheinland-Pfalz noch am meisten zu tun – die Ergebnisse mit den besten und schlechtesten P+R Plätzen und der QR-Code zu den Detailergebnissen sind auf der Infografik einzusehen.
Eine ACE-Umfrage bestätigt die Ergebnisse der P+R Checks
Die Ergebnisse des Checks entsprechen interessanterweise in etwa dem Ergebnis der bundesweiten ACE-Pendler-Umfrage zum Pendelverhalten, die der ACE parallel zur Clubinitiative durchgeführt hat. Dort empfanden im Bundesdurchschnitt zwölf Prozent der Pendlerinnen und Pendler die Plätze als exzellent, 62 Prozent als zufriedenstellend und 26 Prozent als schlecht. Insgesamt pendelten 32 Prozent der Befragten fünfmal die Woche, 29 Prozent gelegentlich.
Geld und Zeit sparen durch Park and Ride
Die Umfrage zeigte auch deutlich, dass 58 Prozent der Befragten die Kostenersparnis sowie 49 Prozent die Zeitersparnis motivierte, einen P+R Platz anzusteuern und dort umzusteigen – hier waren Mehrfachnennungen möglich.
Von den Pendelzeiten her gibt es eine weitere kleine Überraschung: 43 Prozent der Befragten pendeln zwischen 30 und 60 Minuten für eine einfache Strecke, 24 Prozent sogar mehr als eine Stunde. Das ist viel Zeit, die für Freizeit und Familie verloren geht und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer täglich im Straßenverkehr verbringen müssen.
Lange Wege zur Arbeit gefährden die Gesundheit
Zu lange Pendelzeiten machen krank. Es gibt Studien, wie die Metastudie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) im Auftrag der Techniker Krankenkasse, die das bestätigen: Schon ab 45 Minuten einfache Strecke erhöht sich die psychische Belastung drastisch. Besonders betroffen sind demnach familienorientierte und sozial stark vernetzte Menschen, hier insbesondere Autofahrende.
„Pendlerzeit ist Lebenszeit“, betont der ACE-Vorsitzende Stefan Heimlich im Rahmen des Abschlusssymposiums der Clubinitiative in Frankfurt. Heimlich unterstreicht damit die Relevanz von P+R Anlagen als mobile Drehscheiben der Zukunft für Pendelnde – die Expertendiskussion ist auch zu hören im ACE-Podcast.
Auch marode Infrastruktur und schlechte Anschlüsse sorgen für Stress
Nicht nur weite Strecken erhöhen die Pendelzeit, oft sind es auch marode Verkehrsinfrastrukturen und schlechte Anschlussverbindungen, die Staus provozieren oder Wartezeiten erzwingen.
Darüber genauestens Bescheid weiß man beim Bundesverband Betriebliche Mobilität (BBM). Der Verein berät Unternehmen in der Mitarbeitermobilität und ist, wie der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Allianz pro Schiene, Partner der ACE-Clubinitiative 2023.
Vor allem junge Menschen erwarten gute Mobilitätsangebote der Arbeitgeber
Dieter Grün, stellvertretender BBM-Vorsitzender, erklärt: „Eine gute Mitarbeitermobilität ist wichtig, um den Verkehr in den Innenstädten zu entlasten und die Fahrzeiten für Pendlerinnen und Pendler zu verkürzen. Viele, vor allem junge Menschen, erwarten das inzwischen auch von Arbeitgebern, das erhöht die Attraktivität von Jobs.“
Unter Mitarbeitermobilität versteht man mit dem Auto kombinierte oder alternative Mobilitätsangebote, die Menschen schnell, komfortabel und sicher an ihren Arbeitsplatz bringen und die sie für ihren Job brauchen. Vom ÖPNV-Ticket, Dienstbike bis hin zum Management von Arbeitsstrecken und den Fahrzeugen, die dafür benötigt werden.
Mobilität muss sicher der modernen Arbeitswelt anpassen
P+R Anlagen werden im Mobilitätsmix immer wichtiger. Und der Handlungsbedarf wächst rasant, die Anlagen zu vergrößern, zu verbessern und neue zu schaffen. Denn das Pendeln verändert sich: Neue Berufe, flexiblere Arbeitszeiten, Homeoffice und für viele Menschen wird das meist günstigere ländliche Umland zum Wohnen wieder attraktiver.
Fazit: Viele positive Beispiele, aber auch noch viel Verbesserungspotenzial
Doch die Mankos sind da, resümiert Stefan Heimlich: „Auch wenn der Großteil der P+R Plätze unseren Check bestanden hat, ist das kein Grund zur Freude. Insbesondere bei der Sicherheit und der Barrierefreiheit dürfen wir nicht weniger als 100 Prozent akzeptieren. P+R Anlagen sind als Schnittstelle zwischen Städten und angrenzenden Landkreisen die richtige Lösung, müssen aber auch attraktiv und alltagstauglich sein, damit sie genutzt werden.“
Der ACE als Mobilitätsbegleiter wird die Lage genau beobachten.