Am 12. Mai 2023 hat der Bundesrat der vom Verkehrsministerium erstellten Eisenbahn-Verkehrsverordnung (EVO) zugestimmt. Damit ist Deutschland der Pflicht nachgekommen, die EU-weite Reform der Fahrgastrechte in deutsches Recht umzuwandeln.
Aus Sicht des ACE, Europas Mobilitätsbegleiter, werden die Rechte von Bahnfahrenden mit der Neuregelung geschwächt statt gestärkt. Der Auto Club Europa warnt vor einem Zwei-Klassen-System beim Bahnfahren.
Deutschlandticket wird zum Fahrschein zweiter Klasse
Gemäß der neuen EVO, die am 7. Juni 2023 in Kraft tritt, wird das Deutschlandticket als Fahrausweis mit „erheblich ermäßigtem Beförderungsentgelt“ eingestuft, was eine massive Einschränkung der Fahrgastrechte und eine Schlechterstellung der Deutschlandticket-Kunden zur Folge hat. Denn diese haben bei Verspätungen ab 20 Minuten oder Zugausfällen weder das Recht höherwertige Züge zu nutzen noch Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Der ACE sieht die Rechte von Bahnfahrerinnen und Bahnfahrern mit diesem Schritt deutlich geschwächt. Das Deutschlandticket soll Menschen bundesweit von A nach B bringen und eine echte Alternative zum Pkw darstellen. Mit dieser Schlechterstellung des Tickets droht allerdings eher die Gefahr eines Zwei-Klassen-Systems beim Bahnfahren. Aus Sicht des ACE besteht hier dringender Handlungsbedarf.
Die direkten Folgen für Deutschlandticket-Kunden
Konkret bedeutet das für Inhaber und Inhaberinnen des Deutschlandtickets, dass sie nur dann auf ein anderes Beförderungsmittel zurückgreifen können
- wenn sie mit der letzten Verbindung des Tages ihr Ziel bis 24 Uhr nicht mehr erreichen
- oder zwischen 0 und 5 Uhr mit einer Verspätung von mindestens 60 Minuten ankommen.
Bis zu 120 Euro der Kosten können maximal erstattet werden.
Wer mit dem Deutschlandticket per Regionalverkehr einen IC oder ICE pünktlich erreichen möchte, sollte genügend Pufferzeit einplanen. Da es sich in diesem Fall um zwei einzeln geschlossene Beförderungsverträge handelt, besteht kein Erstattungsanspruch.
ACE-Tipp: Alternativ kann ein Ticket für die gesamte Strecke gebucht werden, damit man bei Verspätungen Anspruch auf eine Ersatzbeförderung hat.
Keine Ausweitung der Entschädigungsansprüche
Auch bei den generellen Ansprüchen auf Entschädigung werden Verbraucherinnen und Verbraucher benachteiligt.
Die Forderung, bereits nach 30-minütiger Verspätung Bahnfahrende mit einem 10-Euro-Gutschein zu entschädigen, konnte sich nicht durchsetzen. Stattdessen bleibt es bei dem Entschädigungsanspruch von 25 Prozent des Fahrpreises nach 60 bis 119 Minuten Verspätung bzw. von 50 Prozent ab 120 Minuten.
Neu ist, dass bei höherer Gewalt kein Anspruch besteht: Ist die Verspätung oder der Ausfall etwa auf einen Sturm, eine Sabotage oder das Verhalten Dritter zurückzuführen, steht Fahrgästen keine Entschädigung zu. Streiks des Bahnpersonals sind hingegen nicht als höhere Gewalt einzustufen.
Aus Sicht des ACE vereinfacht diese Handhabung analog zu den Fluggastrechten Verbraucherinnen und Verbrauchern den Überblick. Im Sinne des Verbraucherschutzes wäre eine Entschädigung bei weniger als 60 Minuten allerdings wünschenswert gewesen. Gleichzeitig wäre das ein zusätzlicher Anreiz für die Bahn, ihre Pünktlichkeitswerte deutlich zu steigern.