Wenn "Geisterfahrer" Unfälle verursachen, dann sind es meist schwere, nicht selten mit tödlichen Folgen. Ein Worst-Case-Beispiel, das den meisten noch präsent sein dürfte, ist der tödliche Unfall, den ein Falschfahrer im Dezember letzten Jahres auf der A38 auslöste: Bei einem Frontalzusammenstoß starben drei Menschen.
Auch wenn der Grund hierfür eher außergewöhnlicher Natur war, die Flucht vor der Polizei, zeigt dieses Beispiel doch das geballte Gefahrenpotenzial des Falschfahrens – dem Unfall mit all seiner Auswirkung ist der Grund egal. Entscheidend ist die Unfallgefahr, die auf einen zurollt.
Die Gründe für Geisterfahrten sind vielfältig und kaum dokumentiert
Was sind die Ursachen, die zu einem falschen Auffahren und einer Fahrt gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung führen? Krankheit, Unaufmerksamkeit, Müdigkeit? „Das Warum können wir immer noch nur begrenzt beantworten, weil in den Akten in der Regel nicht drinsteht, warum das jemand gemacht hat“, erklärt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung des Gesamtverbands der Versicherer (GDV).
Die Verkehrsführung muss an vielen Stellen klarer werden
Er verweist auf greifbare Faktoren. Etwa eine fehlerhafte Signalisierung: „Auf- und Abfahrten sind oft nicht so klar getrennt, dass man den Unterschied auf den ersten Blick sofort sieht.“
Aber auch auf Raststätten erleben Autofahrende oftmals eine kuriose Verkehrsführung, verlieren beim Verlassen des Parkplatzes die Übersicht und fahren plötzlich entgegen der Fahrtrichtung. „Dort muss man überall nachjustieren, damit das klarer wird“, betont Brockmann. „Wir haben einen nicht geringen Teil, der von der Raststätte aus falsch auffährt.“
Menschliche Faktoren und das Alter der Fahrenden als Ursache
Aber auch der Faktor Mensch selbst verhält sich manchmal unlogisch und nicht nachvollziehbar. GDV-Experte Brockmann weiß, dass das sogenannte bewusste Falschfahren einen großen Anteil der „Geisterfahrer“ ausmacht: „Alleine von ihnen wendet ein gutes Drittel auf der Fahrbahn. Im fließenden Verkehr!“ Und eine Altersgruppe scheint besonders anfällig fürs Falschfahren zu sein: „40 Prozent sind jenseits der 75“, betont Brockmann.
Technische Lösungen gegen Geisterfahrten
Die Technik muss das richten. Es existieren bereits Apps auf dem Markt, die warnen, wenn der falsche Weg eingeschlagen wurde. Unfallforscher Brockmann plädiert hier für eine weitaus standardisiertere Lösung: „So etwas müsste eigentlich in die Fahrzeuge integriert werden, das würde nicht nur den Falschfahrenden warnen, sondern alle anderen, sehr zeitnah.“
Aber diese Art der Datenvernetzung ist noch Zukunftsmusik. Wobei ein Teil des Prinzips schon Realität ist. Der aktivierte Verkehrsfunk bei Autoradios (TA-Taste) unterbricht Radiosendungen oder das Musikhören automatisch, um regelmäßig Gefahrenmeldungen zu übertragen.
Unfallforscher Siegfried Brockmann und weitere Experten im Interview: Wie kommt es zu Falschfahrten und wie können sie verhindert werden? Und wie kommen die Meldungen eigentlich in den Verkehrsfunk im Radio? Antworten auf diese spannenden Fragen liefert Folge 12 des Podcasts ACE LENKRADIO – Die Reportage mit dem Titel "Achtung Falschfahrer!":
Wie verhalte ich mich in einer akuten Gefahrensituation, wenn ich weiß, dass mir ein Fahrzeug entgegenkommt?
Tipps von Marcel Mühlich vom Kompetenzteam Verkehrssicherheit des ACE:
- Geschwindigkeit auf 80 km/h drosseln - aber nicht darunter, sonst wird es für den nachfolgenden Verkehr gefährlich
- Licht an
- Möglichst rechts fahren, aber nicht auf der Standspur –diese aber im Blick behalten als Ausweichmöglichkeit für den Notfall
Was tun, wenn ich selbst der „Geisterfahrer“ bin?
- Am nahe liegenden Fahrbahnrand anhalten
- Warnblinker und Licht an
- Mobiltelefon einschalten
- Warnweste anziehen und über die Leitplanke klettern
- Notruf absetzen
Geisterfahrten lassen sich verhindern
Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollten Autofahrerinnen und Autofahrer vorausschauend und ausgeruht fahren, auf langen Strecken genügend Pausen machen, sich bei gesundheitlichen Problemen eigenverantwortlich einem Gesundheitscheck unterziehen. Denn nur wer fit und aufmerksam fährt, kann sich und andere im Straßenverkehr am besten schützen.