Kinder sind im Straßenverkehr ungeübt und müssen erst lernen, sich zurecht zu finden. Deshalb haften sie nicht grundsätzlich für einen Schaden, was zu gefühlt ungerechten Situationen führen kann.
Erst ab zehn Jahren können Kinder Verkehrssituationen realistisch einschätzen
Generell haften Kinder unter sieben Jahren nach § 828 Abs. 1 BGB für von ihnen verursachte Schäden nicht. Man geht davon aus, dass sie die für eine Haftung erforderliche Einsichtsfähigkeit nicht besitzen. Im Straßenverkehr gilt das bis zum Alter von zehn Jahren (Abs. 2), sofern keine Absicht vorliegt. Denn Kinder können Entfernung oder Geschwindigkeit eines Autos in der Regel nicht realistisch einschätzen. Grundsätzlich richtet sich die Haftung bei einem Kind, das sieben Jahre und älter ist, nach seiner Einsichtsfähigkeit.
Ein Kratzer im Lack ist schnell passiert
So haftete beispielsweise ein Siebenjähriger nach einer Entscheidung des Amtsgerichts München (AZ: 345 C 13556/17) nicht, als er beim Überqueren einer Straße mit dem Lenker seines Kickboards den Lack eines parkenden Autos verkratzte. Nach Ansicht des Richters war das Kind mit der Verkehrssituation überfordert. Der Siebenjährige war einem vorbeifahrenden PKW ausgewichen, dabei war der Lenker seitlich gegen ein parkendes Fahrzeug gestoßen.
Die Aufsichtspflicht der Eltern richtet sich nach dem Entwicklungsstand des Kindes und der Situation
Eltern haften für den Schaden, den ihr Sprössling angerichtet hat, nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben (§ 832 BGB). Wann das der Fall ist, hängt zum Beispiel vom Alter des Kindes, seiner Reife und der Situation ab. Im Fall eines geübten sechsjährigen Radlers, der auf einer Spielstraße mit einem langsam fahrenden Auto kollidierte, entschied das Amtsgericht Mönchengladbach beispielsweise, dass die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen waren, auch wenn sie ihr Kind nicht ständig überwachten (Az.: 11 C 106/11).
Ein erweiterter Versicherungsschutz kann Ärger vermeiden
Der Geschädigte bleibt also auf seinen Kosten sitzen, wenn kleinere Kinder einen Unfall verursachen und ihre Eltern dabei die Aufsichtspflicht nicht verletzt haben. Das kann zu gefühlt ungerechten oder für Eltern auch unangenehmen Situationen führen, wenn etwa dem Nachbarn erklärt werden muss, warum man nicht für den Lackschaden an dessen Auto aufkommt. Denn eine normale Haftpflichtversicherung würde in diesem Fall üblicherweise nicht eintreten. Allerdings kann man den Versicherungsschutz der Familienhaftpflicht erweitern, so dass Schäden auch dann übernommen werden, wenn weder Kind noch Eltern haften.