Fiat ist es nie wirklich gelungen aus der Kleinwagenecke heraus zu kommen. Die etwas größeren Autos hat man immer den schönen und edlen Konzernschwestern Alfa Romeo und Lancia überlassen. Chroma. Tempra, Regatta, Ritmo und auch Tipo waren nie die Kassenschlager wie 127, Uno oder Punto. Seit dem Zusammenschluss von Fiat mit Chrysler nimmt Fiat einen neuen Anlauf. Unter dem Namen FCA ticken die Uhren anders. Lancia ist tot, Alfa wird wieder Alfa und Fiat baut endlich wieder massenkompatible Autos zum günstigen Preis.
Die drei Karosserievarianten liegen jeweils 1000 Euro auseinander
Der neue Tipo ist in drei Karosserievarianten erhältlich: Als Limousine, wie sie gerne in südlichen Ländern benutzt wird, als Fünftürer im VW Golf-Format und auch als Kombi. Schon ab 14.450 Euro ist die Limousine mit einem 95 PS-Benziner erhältlich, auch ein 1,6 er mit 110 PS und Automatik und zwei Diesel mit 95 oder 120 PS stehen zur Wahl. Bei Fünftürer und Kombi gibt es auch einen 120 PS 1,4 Liter mit Start-Stopp-Automatik. Die Preise sind nicht nur überschaubar, sondern auch extrem übersichtlich: Für jeweils 1000 Euro rutscht der Käufer in die nächste Ausstattungsstufe. Von „Pop“ nach“Easy“ und zum Schluss in die „Lounge“. Überall noch mal einen 1000er drauf und man bekommt den Fünftürer. Noch mal 1000 mehr und man fährt im Kombi vom Hof. So einfach kann eine Preisliste sein!
Auch die drei Ausstattungen trennen jeweils 1000 Euro
Der Testwagen, ein Fünftürer mit 120 PS in Lounge-Ausführung kostet 18.190 Euro Grundpreis. Darüber hinaus verfügt spendierte Fiat noch das Lounge Tech Paket für 990 Euro mit Parksensoren hinten und Tom Tom-Navigation samt Rückfahrkamera und DAB-Empfang. Dazu noch das Lounge Komfort-Paket für 300 Euro mit elektrischer Lordosenstütze und Mittelarmlehnen vorn und hinten und das Lounge Style Paket mit etwas Chrom, getönten Scheiben hinten und 17-Zoll-Rädern. Unter dem Strich stehen 20.930 Euro und ein sehr erwachsen wirkendes Auto.
Richtig viel Auto für das Geld
Schon der Schlüssel ist ein ordentliches Trum, fast schon zu mächtig für die Hosentasche. Richtig groß ist mit 440 Liter auch der Kofferraum. Nun gut, die Ladekante ist vielleicht ein wenig hoch, doch das ist sie bei vielen anderen, weitaus teureren Autos auch. Trotz der enormen Tiefe des Gepäckabteils ist auf der Rückbank noch mehr als genug Platz. Die Aussicht ist nicht berauschend, auch beim Tipo sind die hinteren Fenster ziemlich klein geraten. Vorne sitzt es sich gemütlich, auch wenn die Fingernagelprobe am Kunststoff etwas ernüchternd ausfällt. Aber irgendwoher muss der günstige Preis ja kommen.
Temperamentvoller Antrieb mit 120 PS auf dem Papier
Die Sitzprobe vorne links fällt positiv aus. Das Lenkrad lässt sich weit verstellen, der Sitz geht tief genug nach unten. Das Sechsgang-Getriebe lässt sich leicht und exakt schalten. Zeit den Motor anzulassen. Der läuft auf im Leerlauf leise und kultiviert. Auch das Anfahren gelingt leicht und ruckfrei. Das ist bei der Konkurrenz mit 1,0 Liter-Dreizylindern nicht immerganz so einfach. So ein bisschen Hubraum und eine gerade Zylinderzahl schadet dann eben doch nicht. Zudem hängt der Motor lebendig am Gas und drehfreudig. Da blitzt das alte italienische Temperament durch. Trotzdem gibt sich der Antrieb ausreichend durchzugstark, so dass auch schaltfaul gefahren werden kann. Das geringe Gewicht von unter 1,4 Tonnen trägt sicher seinen Teil zum agilen Eindruck bei. Im Grunde ist es kaum zu glauben das unter der Haube nur 120 PS am Werk sein sollen. So schnell wie die Tachonadel fahrt aufnimmt, scheint zumindest der Testwagen in der Leistung deutlich nach oben zu streuen. Ein Verbrauchswunder ist auch dieser Motor nicht. Doch der Testverbrauch von 7,7 Liter Super lässt sich bei ganz entspannter Fahrweise ohne viel Stadtverkehr auch leicht noch unterbieten.
Das nicht allzu hart abgestimmte Fahrwerk bietet einen schönen Kompromiss aus Geradeausfahrkomfort und Kurventauglichkeit. Wobei sich der Bug beim vollen Beschleunigen schon deutlich hebt und bei sehr strammer Fahrweise auch die ein oder andere Korrektur am Lenkrad nötig macht. Grundsätzlich angenehm ist auch die „City“-Einstellung der Lenkung, die damit auf Knopfdruck im unteren Geschwindigkeitsbereich noch einmal deutlich leichtgängiger wird.
Auch der Komfort kommt nicht zu kurz
Mehr als genug Platz, komplette Ausstattung, guter Komfort – nach langen Strecken, Stadtverkehr und Überlandfahrten wird klar, das selbst wesentlich teurere Autos das alles eigentlich gar nicht besser können. Selbst optisch kann der Fiat Tipo mithalten. Es gibt zweifellos Autos die hässlicher sind. Bleibt noch die Frage nach dem Image. Da haben beispielsweise deutsche Autos der Kompaktklasse einen Vorteil. Aber dafür 10.000 Euro mehr bezahlen? Warum eigentlich? Sollte sich der Tipo in Zukunft als haltbar und zuverlässig erweisen, ist Fiat endlich wieder auf dem richtigen Weg.
Technische Daten:
Fiat Tipo Fünftürer 1.4 T-Jet: Länge: 4,37 Meter, Breite: 1,79 Meter, Höhe: 1,50 Meter, Radstand: 2,64 Meter
1,4-l-Reihen-Vierzylinder-Otto-Turbomotor, 88kW/120PS, maximales Drehmoment: 215 Nm bei 2.000 U/min, manuelles Sechsgang-Getriebe, Vmax: 200 km/h, 0–100 km/h: 9,6 s, Durchschnittsverbrauch: 6,0 l/100 km, CO2-Ausstoß: 200 g/km, Grundpreis ab 17.650 Euro