Kompaktvan ist ein weitläufige Bezeichnung. Die B-Klasse zählt dazu. Wir hatten die dritte Version (W247), die seit 2019 gebaut wird, als B 200 Sports Tourer mit 120 kW (163 PS) und 7-Gang-Automatikgetriebe für knapp eineinhalb Jahre als Dauertestwagen im Redaktions-Fuhrpark. Länger als üblich – Corona hatte leider etwas dazwischengefunkt.
In Patagonienrot durch Europa
Dennoch stehen nun bei Redaktionsschluss stattliche 44.786 km auf dem Tacho. Begleitet hat uns die B-Klasse mit nahezu Vollausstattung bei Langstreckenfahrten quer durch Deutschland und bei Fahrten in viele europäische Länder.
Zugegeben, das Patagonienrot metallic des Dauertestwagens wirkt vielleicht optisch etwas bieder. Das Fahrzeug ist es aber nicht.
Auf der Langstrecke – Unterwegs nach Texas, Brasilien und Rom
Langstrecke kann die B-Klasse ganz gut. Die Routen im Lande führten meist über Autobahnen, aber auch via Landstraße in Großstädte wie München, Frankfurt, Hamburg, nach Berlin und in den Ruhrpott, auf die Schwäbische Alb sowie zu Gemeinden mit kuriosen Namen wie Texas, Brasilien und Rom – in der Stadt mit den sieben Hügeln war sie tatsächlich auch. Neben Mittel- und Norditalien ging es auch nach Frankreich, Dänemark, Schweden und Polen.
Fahrwerk und Getriebe sorgen für komfortables Fahren
Alles lief reibungslos, was insgesamt auffiel: Das Fahrwerk ist recht gutmütig ausgelegt und federt komfortabel ab, vor allem bei moderater Fahrweise und entsprechend gleichbleibendem Tempo. Hier spielt auch das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (7G-DCT) seine Stärken aus und wechselt kaum spürbar die Gänge.
Kein Sportler, dafür im Eco-Modus angenehm zu fahren
So richtig sportlich mag es die B-Klasse hingegen nicht – da helfen auch das AMG-Line-Paket und der Fahrmodus Sport nicht wirklich weiter. Zwar schnellt die Drehzahl etwas nach oben, aber das Fahren fühlt sich leicht disharmonisch an. Harmonischer gibt sich das Fahren im Comfort-Modus, allerdings macht sich bei Gaswegnahme in Kurven der Lastwechsel mit spürbaren Verzögerungen bemerkbar. Der Eco-Modus wirkt am besten abgestimmt.
Bequeme Sitze für alle Insassen
Die ergonomischen Sitze im vorderen Bereich unterstützen das Langstreckenfahren mit sicherem Halt. Auch die Fondpassagiere sitzen über einen längeren Zeitraum gut und können Luftstrom und
Klimatisierung über eigens bedienbare Düsen für sich optimal einstellen.
Immer prima Klima
Die Leistung der Klimaanlage ist in jedem Fall erwähnenswert: In Italien bei 35 Grad im Schatten – innen viel heißer – benötigte diese in der Einstellung „low“ nur etwa sieben Minuten, bis das mit vier Personen besetzte Auto auf angenehme 21 Grad temperiert war.
Familienauto mit genügend Platz
Was die Familientauglichkeit betrifft: Für eine vierköpfige Familie auf Reisen ist ausreichend Platz. Allerdings kann es hinten etwas eng werden, wenn zwei größere Kindersitze installiert und die Kinder darauf nicht mehr so klein sind. Der Kofferraum reicht für zwei durchschnittlich große Koffer, ein paar Sporttaschen und Kleinzeug, für mehr muss die Dachbox her.
Alle wichtigen Infos zum Fahrzeug haben wir auch hier zusammengefasst: Technische Daten Mercedes-Benz B 200 (pdf)
Auf der Kurzstrecke – Durch die Stadt und über Land
Auch auf der Kurzstrecke entpuppt sich die B-Klasse dauerhaft als solider Begleiter. Mit der Start-Stopp-Automatik in Kombination mit dem 7G-DSG wird die Stop-and-go-Fahrt durch die städtischen Rushhours ein Leichtes.
Ein "Beifahrer", der an eine Pause erinnert
Was bei Fahrten im ermüdenden Stadtverkehr und auch bei langen Überlandstrecken immer einwandfrei funktionierte, ist der Müdigkeitsassistent, der je nach Einstellung via Ton und virtueller Kaffeetasse auf dem Fahrerdisplay rechtzeitig zu einer Pause ermahnte.
Luft und Musik als Erfrischung
Geschmackssache ist hingegen das Energizing Paket Plus (1910 Euro), das den Fahrenden durch ein Zusammenspiel verschiedener Komponenten wie einer intensiven Luftströmung, einer Sitzbelüftung oder Wärme und aktivierender Musik „erfrischen“ soll.
Sinnvolle Assistenzsysteme an Bord
"Hey Mercedes!" – Das Navi als zuverlässiger Lotse
„Hallo Mercedes! … Navigiere mich nach Portofino!“ – gefallen hat uns vor allem die stressfreie Routenplanung per Sprachbefehl. Das Infotainment-System MBUX macht es möglich. Über „Hallo Mercedes“ oder „Hey Mercedes“ lassen sich auch das Wetter am Zielort ansagen oder die nächste Raststation auswählen.
Head-up-Display mit klarem Bild
Apropos Assistenten: Gut gefallen hat auch das Head-up-Display, das die wichtigsten Informationen, wie aktuelle Geschwindigkeit in km/h, Tempolimit, Routenführung inklusive Abbiegepfeil, fast bei jedem Wetter ziemlich scharf sichtbar darstellen kann.
Der Bremsassistent ist gewöhnungsbedürftig
Sehr sensibel, für Ungeübte auch etwas irritierend, reagiert der Bremsassistent. Er greift bei nahender Gefahr energisch ein, bremst und strafft den Gurt. So weit, so gut.
Was uns mehrmals passierte: Näherte sich die B-Klasse einer Schlange stehender Autos und wurde der Abstand enger, griff der Bremsassistent massiv ein. Ob das an dieser Stelle tatsächlich gut war – da ist die Redaktion geteilter Meinung.
Alle Assistenten zusammen sind ein gutes Team
Im Zusammenspiel mit dem aktiven Spurhalteassistenten, dem Abstands-Assistenten und dem Totwinkel-Assistenten ist der Bremsassistent auf der Autobahn jedenfalls eine vernünftige Sache.
Pannen und Mankos
Braucht keiner. Gab es auch in diesem Test, wenngleich nur marginal – sonst war alles okay.
- Die Verkehrszeichenerkennung hatte zeitweise Probleme, auf neue Geschwindigkeitsanzeigen umzustellen.
- Bei knapp 6.000 km ging die Warnung Motordiagnose an und nicht mehr aus. Ohne tatsächlichen Befund – wie bei einem Kurzbesuch die zuständige Mercedes-Benz-Werkstatt versicherte. Die Meldung tauchte noch ein paarmal bis knapp 17.000 km auf, danach nicht mehr. Auch beim Service-Intervall (32.101 km) wurde nichts Gravierendes festgestellt.
- Einige Male öffnete und schloss sich die Heckklappe nicht vollständig.
- Die Fernlichtautomatik arbeitete zwar zuverlässig, irritierte aber öfters vor allem erhöht fahrenden Gegenverkehr, der offensichtlich nicht richtig ausgespart wurde.
- Einmal gab es eine Reifenpanne in Italien – die Anzeige warnte rechtzeitig vor Druckverlust.
Unser Fazit: B wie better
Hatte die erste Version der B-Klasse noch den Ruf eines rein seniorenfreundlichen Upgrades der A-Klasse – nicht zuletzt durch erhöhte Sitze, guten Rundumblick und einfachen Ein- und Ausstieg –, ist die zweite schon ein zuverlässiger Komfortvan. Dank eines verlängerten Radstands kann und bietet die dritte Generation noch wesentlich mehr: Sie ist ein eleganter Komfort-Tourer mit Familienqualitäten und Hightech-Features, die einst der Oberklasse vorbehalten waren, vor allem in Sachen erkehrssicherheitstechnologien. Das hat Tradition bei Mercedes. Ebenso verhält es sich mit dem Fahrkomfort. Die Mercedes-Benz B-Klasse ist hier schon eine Klasse für sich, ein souveräner Routinier wie zu Beginn des Tests in unserem Artikel "Mercedes-Benz B 200 Sports Tourer – Routinier mit Anspruch" beschrieben. Auch der durchschnittliche Gesamtverbrauch von 7,64 l auf 100 Kilometern ist ein noch akzeptabler Wert. Nur preislich bewegt man sich schon deutlich im Bereich der C-Klasse.
Die B-Klasse im Leserurteil
„Prima!“ So die kurze, auf den Punkt gebrachte Bewertung eines Lesers. Und die kann getrost pauschal für die meisten eingegangenen Bewertungen stehen bleiben. Denn die B-Klasse fahrenden ACE-Leser vergaben durchschnittlich durchweg gute Noten:
- Ausstattung: 1,68
- Fahrverhalten: 1,61
- Geräusch: 2,09
- Komfort: 1,75
- Kundendienst: 1,77
- Motor: 1,61
- Unterhalt: 2,45
- Verarbeitung: 1.64
- Verbrauch: 2,11
- Zuverlässigkeit: 1,59
Dabei reichte die Palette der gefahrenen Autos vom B 200 d mit 110 kW (150 PS), B 220 d mit 140 kW (190 PS) über die Benziner B 180 mit 100 kW (136 PS), den B 200 mit 120 kW (163 PS) bis hin zum B 250 4matic mit 165 kW (224 PS) und einem B 250e Plug-in-Hybrid mit 160 kW (218 PS).
Das gefiel unseren Lesern:
- Fahreigenschaften
- gute Qualität
- Wohlfühlambiente
- Totwinkelassistent
- Sitzhöhe für ältere Insassen
Diese Probleme gab es:
- Störung in der ASR
- defekte Fahrersitzheizung
- zu sensible Einstellung der Assistenzsysteme, z. B. ASR, Kollisionsschutz
- schlechte Platzierung der Heckscheibenwischer-Bedienung
- ingesamt komplexe Bedienung, viel Einlesezeit notwendig
Weitere Informationen:
- Reifentest des ACE: Eine Übersicht aller Reifentests und Videos des ACE
- Sommerreifen Test: Unsere getesteten Sommerreifen im Überblick