Die Modellpflege im Herbst 2015 brachte dem Mercedes-Benz W 166, so seine werksinterne Bezeichnung, nicht alleine nur neue Scheinwerfer mit markantem Tagfahrleuchten und einen modifizierten Kühlergrill, sondern auch einen neuen Schriftzug am Heck. Der ehemalige ML nennt sich seitdem GLE und passt sich in der Nomenklatura so seinen SUV-Brüdern GLA und GLC an. Im Klartext heißt das: Der GLE ist ein Offroader auf Basis der Mercedes E-Klasse und tummelt sich in einem Feld von Mitbewerbern wie den Audi Q 7, den BMW X 5 und dem Porsche Cayenne – alle sind mit Sechszylinder-Dieselmotoren und Allradantrieb ausgestattet.
Karosserie und Innenraum
Beim Exterieur sind die Mercedes-Designer sehr behutsam vorgegangen. Das Facelift im vergangenen Herbst, korrigierte im wahrsten Sinne des Wortes vor allem das Gesicht des einstigen ML, der Ende 2011 sein Debüt feierte. Ein großer Kühler mit Querstreben und überarbeitete Scheinwerfer und den wie Augenbrauen aufgesetzten markanten LED-Tagfahrleuchten zeigen nur leichte kosmetische Eingriffe. In der Seitenansicht ist die zum Heck hin leicht abfallende Dachlinie der größte Unterschied zum Vorgänger. Im Heck strahlen die LED-Leuchten im jetzt Mercedes-typischen Nachtdesign und die hinteren Stoßfänger sind mit einem Unterschutz in Chromoptik versehen.
Einen auffälligeren Wandel zeigt sich im Cockpit. Dort fällt sofort das rund 18 Zentimeter große Tablet auf, das zwischen zwei Luftdüsen am Armaturenbrett aufgesetzt ist. Zu bedienen ist es unter anderem über den Command Controller, einem Drehrad und dem darüber angeordneten Touchpad.
Der Fahrer sitzt bequem in seinem Polster, genießt aus der erhöhten Position eine gute Übersicht. Um ihn herum sind alle Bedienelemente übersichtlich angeordnet und leicht handzuhaben. Auch vier Mitreisende genießen in der geräumigen Kombilimousine reichlich Bein- und Kopffreiheit. Und auf Reisen darf ruhig großes Gepäck an Bord, mit rund 1,75 Meter Laderaumlänge, über 2000 Litern Stauraum und 775 Kilogramm Zulassung gibt es keinen Grund zum Knausern.
Komfort und Fahrverhalten
Bequemes Reisen ist angesagt, nicht nur wegen den Sitzpolstern, die langstreckentauglich sind. Das kann man von einem Mercedes in dieser Klasse erwarten. Aber das Dynamic Select-Systems, über dessen Tasten in der Mittelkonsole auf Knopfdruck die Fahrprofile Comfort, Sport oder Glätte abzurufen sind, agiert harmonisch mit den adaptiven Dämpfern und bringt jenseits von bretthart bis butterweich eine der Situation angepasste Bodenhaftung. Nicht jede Welle und Querfuge muss schließlich den Insassen in Erinnerung bleiben. In Kombination mit der 2034 Euro teuren Airmatic-Paket, das alle aktuellen Fahrzustände mit Hilfe mehreres Sensoren (Lenkwinkel, Drehwinkel, ESP und Bremsen) erkennt und Dämpfer für jedes Rad individuell konfiguriert, ist sanftes Fortbewegen wirklich Programm. Das Offroad-Technik Paket (2261 Euro) zeigt vor allem jenseits der Straßen seine Stärken: Die Einstellung Offroad reicht für leichtes Gelände aus; geht es härter zur Sache, bei Offroad Plus greifen die Geländeuntersetzung, eine hundertprozentige Sperre des Mittendifferentials sowie eine Bergabfahrhilfe helfend dem Fahrer zur Seite. Notfalls lässt sich der 2,2 Tonnen schwere Wagen per Pneumatik um 90 Millimeter nach oben liften. Kurzum: Der GLE ist eine Sänfte auf Asphalt und ein Extremkraxler im Gelände.
Motor und Technik
Die schwere Karosse benötigt einen kraftvollen Antrieb, das versteht sich von selbst. Obwohl der V 6-Zylinder Dieselmotor mit 258 Pferdestärken und einem satten Drehmoment von 620 Newtonmetern schon bei 1600 Motorumdrehungen genug Mumm unter der Haube verspricht, ist der GLE kein Freund des schnellen Galopps. Beim Beschleunigen aus dem Stand muss er seine Trägheit einen Moment lang überwinden, ehe er in Fahrt gerät, daran kann auch Neungang-Automatik nichts ändern. Auch bei Kurvenfahrten folgt die schwere Karosserie etwas behäbig dem eingeschlagenen Lenkwinkel und beim kraftvollen Bremsen spürt der Fahrer ein gewichtiges Schieben. Dafür arbeitet der drei Liter große Selbstzünder angenehm leise und nahezu vibrationsfrei. Die Klientel für einen GLE giert ohnehin nicht nach schnellen Runden auf Rennstrecken, vielmehr sind sie auf der Suche nach einer perfekten Zugmaschine auf vielleicht nicht immer ebenen Terrain. Darin liegen seine Stärken. Und natürlich in den zahlreichen Assistenzsystemen mit denen der Mercedes schon ab Serienausstattung bestückt ist. Die umfangreiche Ausstattung kann übrigens um einen optionalen Seitenwind-Assistenten erweitert werden – interessant gerade für Nutzer von Anhängern.
Ausstattung und Preis
GLE fahren – das hat seinen Preis. In Verbindung mit dem V 6-Zylinder Diesel im 350 d müssen schon 121 Fünfhunderter und etwas Kleingeld auf den Tresen des Händlers geblättert werden. In Zahlen ausgedrückt: 61.047 Euro sind für das Basismodell zu investieren. Dafür gibt es eine umfangreiche Serien- und Sicherheitsausstattung. Wer, wie bereits erwähnt, zusätzliche Pakete ordert, für den gibt es kaum Grenzen nach oben. Das Park Paket (1654 Euro) mag bei den Dimensionen des Wagens und den zumeist engen Parkplätzen in den Städten noch gut angelegtes Geld sein, denn es bietet dank 360 Grad-Kamera und aktivem Park-Assistenten mit beste Übersicht und problemlose Ein- und Ausparkmanöver. Bessere Sichtbedingungen bei Nacht gewährt das für alle Modelle lieferbare LED Intelligent Light System (1725 Euro), widrige Witterungsbedingungen mit Sichtbeeinträchtigungen entschärft. Das optionale Spiegelpaket für 678 Euro beinhaltet neben den Komfortfunktionen wie elektrisch anklappbare Außenspiegel auch erstmals die in die Umfeldbeleuchtung integrierte Bodenprojektion des Mercedes-Benz Markensterns, die beim Öffnen und Schließen des Fahrzeugs aktiviert wird. Und wem das nicht reicht: Wem es 476 Euro wert ist, kann als Option den beleuchteten Mercedes Stern bekommen. Beim Öffnen und Verriegeln der Türen und Heckklappe leuchtet der Stern auf der Kühlermaske.
Fazit
Wer ein Zugfahrzeug sucht, das alle Situationen auf widrigem Gelände meistert, kann hier sein passendes Auto finden. Auch als geräumige und komfortable Begleiter für einen Vielreisenden mag der hohe Grundpreis gut investiert sein. Doch eine breite Garage sollte vorhanden sein, denn schon enge Tiefgaragenplätze sind eine Herausforderung für den Wagenlenker. Und als Stadtfahrzeug, um das Kind in die Kita zu fahren und anschließend vor dem Eiscafé zu posieren, ist das Auto eine Nummer zu groß.