26.08.2020

Wohnmobile – Urlaub auf Rädern

Wohnmobile haben Hochkonjunktur. Jetzt kommen die frischen Modelle der Saison 2021 – was ist wichtig, was ist neu?

Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss ich fort – der Klassiker des Liedermachers Hannes Wader passt perfekt zum Urlaubsjahr 2020. Wohnmobile sind in Pandemie-Zeiten gefragt, denn Abstand und Unabhängigkeit liegen im eigenen Ermessen. Campingplätze haben mit Hygiene-Konzepten und speziellen Regelungen Camping in Corona-Zeiten ermöglicht. Wenn jetzt im Spätsommer die Ferienurlauber zurückkehren, ist Saisonwechsel in der Branche. Startpunkt ist der Caravan-Salon in Düsseldorf ab dem 4. September. In diesem Jahr lassen viele Anbieter die Messe ausfallen, doch an Kreativität fehlt es nicht. Eine Standortbestimmung.

Kompakt-Campingbusse – Alleskönner für Alltag und Freizeit

Nicht viel größer als ein Auto der Mittelklasse, aber enorm vielseitig: Kompakte Campingbusse verbinden Alltag und Freizeit. Die Hülle bilden Transporter: vielfach VW T6.1, häufig Mercedes Viano oder V-Klasse, seltener Ford Transit Custom, Renault Trafic oder dessen baugleiche Kollegen, vielleicht ein Opel Vivaro/Zafira oder dessen Pendants von Citroën und Peugeot. Merkmale: rund fünf Meter Länge, mit geschlossenem Aufstelldach idealerweise garagentauglich unter zwei Meter Höhe.

Die Spanne ist enorm: Da wären vielseitige Vans als Freizeitfahrzeuge mit Klappsitzbank und Tisch fürs Wochenende. Wer es besonders kompakt schätzt, landet beim ausgebauten VW Caddy und damit meist beim Autohändler: VW bereitet den Nachfolger des aktuellen Caddy Beach vor, mit Klappbett im Heck und Verdunkelung.

Ein klassischer Kompakt-Campingbus kann mehr. Er bringt eine fest installierte Küchen- und Schrankzeile mit. Das genügt für Paare, mit Vorzelt auch Familien. Geschlafen wird unten auf der Klappsitzbank und oben unter dem Aufstelldach, seltener Hochdach. Bettenmaße und Bewegungsfreiheit sind begrenzt, man muss sich mögen. Die Autohersteller fahren vorneweg: VW California Coast/Ocean, Mercedes Marco Polo und Ford Nugget. Dessen längere Ausführung Nugget Plus gibt es nun auch mit Aufstelldach. Während Ford und Mercedes das Know-how von Ausbauer Westfalia nutzen, fertigt VW in Eigenregie. Typisch ist der Grundriss mit Doppelsitzbank im Heck und Schrankzeile linker Hand, der Ford weicht mit seiner Heckküche und Zweiraum-Grundriss davon ab.

Mit den Bussen vom Autohändler macht niemand etwas falsch. Mit einem Camper aus dem großen Rudel individueller Ausbauten aber vielleicht alles richtig. Sie haben in der Szene einen Namen, ob Campmobil Schwerin, Custom-Bus und Dipa, ob Fischer, Flowcamper, Köhler oder Reimo, ob Spacecamper, Terracamper oder Westfalia. Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Die Busse sind mal schlicht und mal fein, mal gediegen oder rustikal. Und dann wäre da Pössl: Die Marke mischt die Szene mit dem kompakten und günstigen Campster Vanster auf, nun gefolgt von Campstar und Vanstar auf Mercedes Vito. Manche Anbieter bauen 20 oder 200 Busse im Jahr, VW eher 20.000 – eine faszinierende Vielfalt.

Komfort-Campingbusse – ein Bad an Bord muss sein

Darf’s etwas mehr sein, ein kompaktes separates Bad mit Warmwasseranlage, Toilette und Dusche, ein fest eingebautes Bett im Heck? Dann ist ein Komfort-Campingbus die richtige Wahl. Die Gattung hat enorm zugelegt und ist für die saftigen Zuwachsraten der Branche verantwortlich. In die Garage passt so einer nicht mehr und die Alltagstauglichkeit ist eingeschränkt. Aber es gibt den Komfort eines großen Wohnmobils, geschrumpft auf meist sechs bis 6,50 Meter Länge in der Karosserie eines großen Transporters mit Hochdach. Der fällt auf Basis Fiat Ducato und Kollegen recht rustikal aus, ist aber reisegerecht ausgestattet um 40.000 Euro zu bekommen. Gehobene Varianten auf Mercedes Sprinter oder VW Crafter/MAN TGE erreichen Pkw-Niveau, aber auch ganz andere Preise.

Typisch ist ein Zuschnitt wie bei den Großen mit Doppelbett oder Einzelbetten im Heck, mit Küchenzeile und Sanitärraum in der Mitte sowie einer Sitzgruppe vorn. Feinheiten sind wichtig: Sitzkomfort und Platz rund um den Tisch, Kühlschrank unten oder in Griffhöhe, Kleiderschrank als Turm oder unter den Betten versteckt, Bewegungsfreiheit im Bad, Stauraum, Isolierung. Im Trend liegen große Glasdächer – „Skyview“ – oder zusätzliche Aufstelldächer für Kinder, Enkel und Getrenntschläfer.

Platzhirsch ist Pössl mit den Tochtermarken Globecar, Roadcar und Clever. Die großen Wohnmobilhersteller haben das Segment längst ebenfalls entdeckt. Angeführt von Knaus und Adria tummeln sich hier Bürstner, Hobby, Hymer, Karmann, Malibu und diverse italienische und französische Fabrikate, etwa Rapido und Dreamer. Und dann wären da gediegene Spezialisten wie CS, HRZ, La Strada und Westfalia. Die Autohersteller dagegen spielen keine dominierende Rolle, trotz Ford Big Nugget und VW Grand California: Zu klein sind die Stückzahlen, zu individuell ist die Modellvielfalt.

Umso reger sind die Ausbauer. Mit Skyview über den Vordersitzen ziehen jetzt Bürstner Eliseo, Hobby, Knaus und Weinsberg nach. Auch rücken flächendeckend Aufstelldächer mit zusätzlichem Dachbett in die Programme, siehe Karmann, Knaus, Malibu und Westfalia. Dach ist nicht gleich Dach: Malibu hat eines in Sandwich-Bauweise mit Isolierung entwickelt. Westfalia legt beim Columbus ein elektrisch betätigtes Dach mit integriertem Solarmodul auf. Es lohnt sich, die Bettenmaße zu vergleichen, auch im Erdgeschoss. Stichwort Platz: Der Karmann Davis 630 verfügt über ein quadratisches, elektrisch höhenverstellbares Doppelbett – drunter ist Raum für Sperriges. Diese Idee setzen auch Chausson und Adria aus dem gleichen Konzern um. Adria hat seine Baureihe Twin rundum überarbeitet. Der neue Pössl Trenta 600/640 trumpft mit eleganten Möbeln und ausgetüftelter Beleuchtung auf. Ähnlich der Globecar Elegance mit schickem Interieur. Kompliziert klingt der neue Malibu „First class – two rooms“, aber er verfügt über ein überraschend geräumiges Innenleben.

Alkovenmobile – die Häuser auf Rädern

Hier beginnt die Szenerie der aufgebauten Wohnmobile, mit isolierten wintertauglichen Wänden und Böden auf der Basis eines Transporter-Fahrgestells. Immer geräumig, nicht immer elegant. Es gibt keine besseren Familienmobile, denn Kinder lieben das Obergeschoss. Alkovenmobile mit dem wuchtigen Schlaferker über dem Original-Fahrerhaus waren einst Bestseller. Jetzt sind sie vorwiegend als Mietmobile anzutreffen, gehen später in Privatbesitz über. Daher gehören sie meist ins Günstigsegment. Traditionsreiche Marken wie Dethleffs und Eura Mobil pflegen das Segment, ebenso schlichtere Fabrikate wie Carado, Forster, Sun Living, Sunlight oder Weinsberg.

Hier setzt die neue Baureihe Forster Livin’Up an. Neue helle Möbel, Preise runter, fünf familiengerechte Grundrisse – so geht’s. Oder wie bei den Zwillingsmarken Carado und Sunlight mit neuen, nur knapp sechs Meter langen Alkovenmobilen. Preislich etwas höher angesiedelt, aber umfassend ausgestattet, ist der erneuerte Hobby Optima Ontour.

Teilintegrierte Wohnmobile – die Coupés unter den rollenden Appartements

Man nehme ein Alkovenmobil und ersetze den Alkoven durch eine mehr oder weniger schnittige Haube zwischen Original-Fahrerhaus und Aufbau – fertig ist das teilintegrierte Wohnmobil. Einst typisch für reisende Paare, sind in den vergangenen Jahren Varianten mit Hubbett über der Sitzgruppe hinzugestoßen. Sie bieten Platz für drei bis vier Reisende. Viele T-Modelle sind im unteren bis mittleren Preissegment angesiedelt. Beispiele sind Adria, Bürstner, Carado, Dethleffs, Forster, Sun Living, Sunlight, Weinsberg, zusammen mit Importen aus Frankreich und Italien. Zusammen mit dem Vordringen des Mercedes Sprinter als Fahrgestell kommen zunehmend gehobene Teilintegrierte hinzu. Ein Fall für Carthago, Eura Mobil und Hymer, um eine Auswahl zu nennen.

Auftrieb haben Vans, schlanke Teilintegrierte mit maximal 2,20 Meter Aufbaubreite. Beispiele sind der neu aufgelegte Bürstner Travel Van, der komplett neu entwickelte Knaus Van TI, die Baureihe Rapido C oder neue Modelle von Carado und Sunlight – drahtige Modelle mit Konjunktur.

Darf es eine klassische Größe sein? Dann vielleicht der neue Dethleffs „Just 90“ zum Markengeburtstag. Hier locken gleich sechs Modelle mit Komplettausstattung zu appetitlichen Preisen. Bei den Grundrissen bewegt sich etwas in dieser Liga: Carado und Sunlight haben sich gegenüberliegende Sitzbänke einfallen lassen, das wirkt großzügig. Hobby setzt auf geräumige Bäder quer im Heck. Und das französische Bett im Heck ist wieder da, längs angeordnet neben dem Bad.

Die italienische Marke Laika hat den Klassiker Ecovip mit durchgehendem Doppelboden aufgewertet. Bei Malibu war der Doppelboden schon zuvor selbstverständlich. Jetzt gibt es ein völlig neues Mobiliar in den neuen T-Modellen. Optisch schließt Malibu zur Muttermarke Carthago auf. Sie führt beim teilintegrierten C-Tourer Modelle auf Mercedes Sprinter ein. Diesen Schritt geht nun auch der Hymer Masterline T 780 – eine Ableitung der gleichnamigen integrierten Wohnmobile – und der Eura Mobil Contura. Zu teuer? Dann passt der neue Forster Livin’Up als T-Modell. Oder die französischen Schwestermarken Challenger und Chausson sowie die Italiener Roller Team Kronos und Mobilvetta Kea und die Spanier von Benimar. Sie alle stammen aus dem gleichen Konzern – die Wohnmobilbranche ist ebenso vielfältig wie verwirrend.

Integrierte Wohnmobile – die Architektenvillen auf Rädern

Ein eigenständiges Gesicht, eine vollständige Karosserie ähnlich einem Omnibus – integrierte Wohnmobile galten einst als Königsklasse der Branche und tragen ihre Bezeichnung nicht zufällig. Ihre Besitzer – meist Paare – wünschen draußen eine gewisse Extravaganz und drinnen Platz. Das Fahren bedarf aufgrund der Sitzposition einer gewissen Gewöhnung. Preislich sind nach oben keine Grenzen gesetzt, in der sogenannten Liner-Klasse haben Wohnmobile den Gegenwert von Einfamilienhäusern. Aber in den vergangenen Jahren sind vergleichsweise günstige Baureihen an den Start gegangen, deutlich unter 60.000 Euro geht es inzwischen los. Die einschlägigen Marken waren bereits bei den teilintegrierten Wohnmobilen aufgeführt.

Wer auf Neuheiten Wert legt, wird in diesem Jahr eine Klasse darüber fündig. Beim Bürstner-Flaggschiff Elegance, bei Carthago C-Compactline und C-Tourer, Dethleffs Esprit, Knaus Sun I und Malibu.

Mit all diesen vielfältigen Wohnmobilangeboten klappt's im Urlaub: Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss ich fort...

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