Die Reisemobilbranche fährt in Deutschland von Rekord zu Rekord. Die Ursachen liegen auf der Hand: Wer auf dem Konto keine Guthabenzinsen sieht, gibt sein Geld eher aus. Und wenn aus Sicherheitsgründen Regionen wie Nordafrika oder die Türkei misstrauisch beäugt werden, gewinnt der Urlaub in Deutschland und Europa. Hier punkten Reisemobile: Mit keiner Urlaubsform lässt sich der Kontinent zwischen Nordkap und Sizilien besser erkunden als mit einem Reisemobil. Nur: Woher nehmen? Und worauf müssen Mieter achten?
Mieten direkt vom Hersteller
Reisemobilhersteller haben ein natürliches Interesse an der Verbreitung ihrer Produkte. Also stampften große Anbieter eigene Vermietorganisationen aus dem Boden. Vermieter sind dann Handelspartner, gebucht wird entweder dort oder im Internet über die Zentrale. Die Nummer eins ist McRent, bestückt mit mehr als 1000 Reisemobilen von Dethleffs und deren Tochtermarke Sunlight. Unter der gleichen Postadresse firmiert Rent Easy. Bei dieser Nachfolgeorganisation von Hymer Rent gibt es Reisemobile von Hymer und Carado. Trotz identischer Anschrift unterscheiden sich die Angebote bis ins Detail der Preise für Extras.
Prototyp der Bindung zwischen Hersteller und Vermieter war einst DRM, die Deutsche Reisemobil-Vermietung. Hier flossen und fließen die Reisemobile von Eura Mobil ab. Inzwischen ist die Schwestermarke Karmann längst mit Campingbussen hinzugekommen. Und weil Hersteller von Reisemobilen nicht alle Segmente abdecken, führen DRM und McRent auch den kompakten VW California im Programm.
Händler oder Internet als Alternative
Reisemobilhändler sind auch Vermieter, vielfach auf eigene Faust. Einst hat man Ladenhüter in die Vermietung genommen. Das funktioniert auch noch heute, doch inzwischen wird das Geschäft deutlich professioneller an-gegangen. Auswahl und Markenmix stimmen. Solche Reisemobile von Profis finden sich vor Ort oder in Internet-Mietportalen wie Campanda, Cararent oder Erento.
Zusätzlich schaffen sich Händler einen lukrativen Absatzmarkt: Nach einer Saison oder spätestens nach der zweiten werden Mietmobile zu jungen Gebrauchten. Beispiel RC in Mannheim: Die 150 Mietmobile zum Frühjahrsstart verwandeln sich im Herbst in sogenannte Halbjahres-Fahrzeuge mit 25 Prozent Nachlass. Vielfach wird daraus ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Interessenten mieten im Frühjahr zur Probe, lassen das Reisemobil über die Sommersaison beim Händler in der Vermietung und übernehmen es im Herbst mit Abschlag.
Privates Teilen ist im Kommen
Eine neue Variante hat sich Knaus-Tabbert einfallen lassen: Bei der jungen hauseigenen Organisation Rent and Travel buchen Interessenten ihren Urlaub über Reisebüros. Die Fahrzeuge werden dann von knapp 80 Stationen (Händlern) in Deutschland zur Verfügung gestellt. Ein weiteres Modell besteht in professionellen Vermietfirmen, regionalen wie Schafhäutle am Neckar oder internationalen wie dem finnischen Franchise-Unternehmen Touringcars. Es hat Partner in Skandinavien, Großbritannien, Italien, Spanien und Island. Die Anreise erfolgt per Flugzeug oder mit dem eigenen Auto, im Urlaubsland wird das Reisemobil übernommen. Im Einsatz sind mehrere hundert Reisemobile, hier zugesteuert von Hobby.
In den Zeiten von Uber-Taxis und Airbnb-Privatübernachtungen rückt die Vermietung privater Reisemobile wieder in den Mittelpunkt. In den achtziger Jahren vom schwäbischen Unternehmen Mi-Mobile in die Welt gesetzt, feiert die Idee nach längerer Flaute eine Renaissance. Wenn à la Carsharing Nutzen statt Besitz im Mittelpunkt steht, kann dies auch für Reisemobile gelten.
Prompt finden sich beim Vermietportal Erento oder bei spezialisierten Neugründungen wie Paulcamper und Share a Camper private Reisemobile. Auch wenn dabei viel von „teilen“ und freundlichen Menschen die Rede ist: Es geht nicht um Nachbarschaftshilfe, sondern ums Geschäft.
Neukäufer wollen ihr Reisemobil auf diese Weise finanzieren, Altbesitzer einige Euro verdienen. Das ist legitim, hat aber auch Schattenseiten. Zum Beispiel finden sich hier zehn oder 20 Jahre alte Schätzchen mit sechsstelliger Kilometerleistung. Nicht überall wird auf die Plakette für die Einfahrt in Umweltzonen hingewiesen, der Sicherheits- und Wohnstandard entspricht dem Baujahr. Die Preise allerdings sind häufig optimistisch auf Neufahrzeugniveau angesetzt. Kein Wunder, denn neben den Besitzern wollen die Vermietportale auch verdienen. Bei Share a Camper etwa müssen Vermieter ein Viertel des Mietpreises abliefern.
Worauf man achten muss
Worauf müssen Mieter generell achten? Eine wichtige Rolle spielt der Führerschein, die Klasse B ab 1999 reicht nur bis 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht. Bei vielen Angeboten sind Grundrisse nicht definiert, sie aber sind entscheidend für die Wohnqualität. Gleiches gilt für Bettenmaße, da in den meisten Reisemobilen knapp bemessen. Vermieter schreiben Mindestalter und Führerscheinerfahrung vor. Bei der Übernahme ist eine deftige Kaution fällig, sie entspricht dem Selbstbehalt der Kaskoversicherung. Er lässt sich mit Zusatzversicherungen senken. Vielfahrer im Kurzurlaub müssen auf ihre Freikilometer aufpassen. Service- und Reinigungspauschalen erhöhen den Preis. Auch Zubehör wie Campingmöbel kostet extra, je nach Reisemobil auch ein Fahrradträger.Wichtig sind Saisonzeiten. Sie orientieren sich an Ferienterminen und differieren bei Vermietern selbst innerhalb der Bundesländer. Bei benachbarten Bundesländern mit anderen Ferienterminen lohnt sich ein Blick über Ländergrenzen, hier können Mieter Geld sparen.Generell ist der Urlaub mit dem Reisemobil kein Billigurlaub, schließlich addieren sich zu den Mietpreisen Gebühren für Stell- und Campingplätze sowie Kraftstoffkosten, im Ausland auch Maut. Aber schön ist diese ungezwungene Art des Urlaubs – am besten mal ausprobieren. Vielleicht einfach mal eine Woche lang außerhalb der Saison, wenn die Sonne noch wärmt und die Plätze sich leeren.